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  • · Nachricht · Steuerrecht

    FG Schleswig-Holstein: Bleaching kann umsatzsteuerfrei sein

    | Das Bleaching zählt in der Zahnarztpraxis zum Standardrepertoire. Aus Sicht der Finanzverwaltung galt bisher, dass es den ästhetischen Leistungen zuzuordnen ist und der Umsatzsteuer unterliegt. Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht hingegen hat vor einigen Monaten entschieden, dass es auf den Einzelfall ankommt ( 9. Oktober 2014, Az. 4 K 179/10, Abruf-Nr. 143797). |

    Medizinische Indikation ästhetischer Leistungen erforderlich

    Einem Patienten war der Zahnnerv infolge eines Unfalls bzw. einer Wurzelentzündung abgestorben und die betroffenen Zähne verfärbten sich daraufhin dunkel. Der Zahnarzt behandelte die geschädigten Zähne einige Monate bzw. zwei Jahre nach der Hauptbehandlung mittels Bleaching auf bzw. im Zahn. Das Finanzamt behandelte dies als ästhetische Leistung und forderte die Umsatzsteuer nach. Hiergegen klagte der Zahnarzt. Das Finanzamt argumentierte, dass die medizinische Indikation fehle.

     

    In der Praxis wurde von den Zahnärzten teils umfangreich dokumentiert, weshalb ihre ästhetische Zahnmedizin bei den Patienten ihrer Ansicht nach medizinisch (psychisch) indiziert sei. Dass das vor Gericht landet, versteht sich von selbst, und so ergänzten die Finanzrichter aus Rheinland-Pfalz: Es reiche nicht aus, dass der Patient die Behandlung „nach seinen Vorstellungen für sein vollkommenes körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden benötige“. Der Bundesfinanzhof wird hierüber noch entscheiden müssen (Az. V R 16/12). Der Europäische Gerichtshof stützt diese Linie jedoch schon und fordert eine Feststellung psychischer Indikationen durch Fachpersonal.

    Finanzgericht: Krankheit war ursächlich

    Das Finanzamt sah vorliegend keine medizinische Indikation, weil der jeweilige Zahn aus Sicht des Prüfers schon deutlich vor dem Bleaching versorgt, also „geheilt“ war. Da zwischen der Hauptbehandlung und dem Bleaching so viel Zeit vergangen war, sollte das Bleaching auch nicht mehr Teil der ursprünglichen Hauptbehandlung sein können.

     

    Das Finanzgericht entschied aber nun anders. Die Richter meinten, dass das Bleaching in den vorliegenden Fällen eine Heilbehandlung darstellt. Sie zogen die Parallele zu anderen durch eine Krankheit oder einen Unfall verursachte ästhetische Behandlungen, die ebenfalls umsatzsteuerfrei sind, wenn sie aufgrund der Versehrtheit erforderlich sind. Wesentlich ist demnach, dass wenigstens die Beseitigung - optischer - Folgen einer Gesundheitsstörung Ziel der Behandlung ist. Eine eigene Heilwirkung ist nicht erforderlich. Das Bleaching ist hier Teil einer zeitlich gestreckten Gesamtbehandlung, die das geschädigte Körperteil wieder in den ursprünglichen Zustand versetzen soll.

     

    FAZIT | Das Verfahren liegt nun beim Bundesfinanzhof (Az. V R 60/14), sodass bald Klarheit darüber herrscht, ob eine umsatzsteuerfreie Behandlung nur durch eine Krankheit veranlasst sein oder selbst Heilwirkung haben muss.

    Quelle: ID 43257902