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  • · Fachbeitrag · Zahntechnische Laborkosten

    Kann die Offenlegung der Kalkulationsgrundlage verlangt werden?

    von Rechtsanwältin Doris Mücke, Bad Homburg

    | Gemäß § 9 GOZ können als Auslagen die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen berechnet werden. Der Wortlaut dieser Vorschrift stellt klar, dass es sich um Kosten handelt, die individuell anfallen, kalkuliert und als solche berechnet werden. Eine verbindliche Preisliste für die Berechnung zahntechnischer Laborkosten gibt es nicht. Auch die Anwendung der Bundeseinheitlichen Benennungsliste (BEB), die zudem keine Preisliste darstellt, sondern lediglich eine unverbindliche Kalkulationshilfe, ist nicht vorgeschrieben. |

    Die „übliche“ Vergütung ist als vereinbart anzusehen

    Die Angemessenheit von Laborkosten ist laut Rechtsprechung in Ermangelung einer Preisliste in Anlehnung an die Vergütungsregelungen des Dienst- bzw. Werkvertrages nach §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB zu beurteilen. Danach ist in Ermangelung einer Preisliste die „übliche“ Vergütung als vereinbart anzusehen. Dies ist die Vergütung, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nach Art, Güte und Umfang gleiche Leistungen nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Vertragsleistung gewährt wird.

     

    Angesichts der unterschiedlichen Versorgungsarten und Qualitätsanforderungen ist auf die konkreten Arbeiten und darauf abzustellen, welcher Zeitaufwand und welche Schwierigkeit unter Berücksichtigung individueller Ansprüche des Patienten und Anforderungen an den Zahntechniker angemessen ist (siehe LG Köln in ständiger Rechtsprechung seit dem Urteil vom 8. Januar 2003, Az. 23 O 13/00). Dabei kann nicht ein „einziger“ Preis als angemessen gelten, vielmehr muss er sich „im Rahmen des Angemessenen“ bewegen.

    Wann ist die Grenze des Angemessenen überschritten?

    Die Grenze des Angemessenen dürfte überschritten sein, wenn der Preis der Gesamtleistung in einem „auffälligen Missverhältnis“ zur erbrachten Leistung steht (OLG Frankfurt, 22. September 2010, Az: 3 U 15/10; Abruf-Nr. 103710). Bei einer 100-%igen Überschreitung des „üblichen Preises“ für vergleichbare Leistungen bedarf es einer besonderen Rechtfertigung der Abweichung.

    Offenlegung der Kalkulation wird von Versicherern verlangt

    Private Krankenversicherer, soweit sie nicht auf der Grundlage vertraglich vereinbarter Preis- und Leistungsverzeichnisse abrechnen, behaupten häufig,die berechneten zahntechnischen Preise seien erheblich überhöht bzw. unangemessen, und nennen zum Teil erheblich geringere Beträge, die für vergleichbare Arbeiten angeblich angemessen bzw. üblich sein sollen. Einzelne Versicherer führen an, sie hätten unter Zugrundelegung der BEB, den dortigen Planzeiten und angeblich üblichen bzw. angemessenen Kostenminutensätzen Preise ermittelt, die erheblich unterhalb der berechneten Laborpreise lägen. Da aus diesem Grund die berechneten Laborpreise nicht nachvollziehbar seien, wird die Offenlegung der Kalkulation des zahntechnischen Labors verlangt. Anderenfalls könne keine „höhere“ Erstattung erfolgen.

    Kein Anspruch der Versicherung auf eine Offenlegung

    Abgesehen von der Tatsache, dass auch die BEB keine verbindliche Grundlage für die Abrechnung zahntechnischer Laborkosten im Rahmen des § 9 GOZ darstellt (siehe oben), ist zu fragen, ob ein Versicherer von der zahnärztlichen Praxis überhaupt die Offenlegung innerbetrieblicher Kostenkalkulationen des Fremd- oder Praxislabors verlangen kann. Ein solcher „Anspruch“ des Versicherers besteht eindeutig nicht, denn:

     

    • Zum einen bestehen zwischen Versicherer und Zahnarztpraxis bzw. Labor keine direkten vertraglichen Beziehungen. Auch der behandelte Patient hat gegenüber dem Labor keinen durchsetzbaren Anspruch auf Offenlegung der innerbetrieblichen Kostenkalkulation.
    • Zum anderen wird selbst vor Gericht, wenn Patient oder Versicherer die Unangemessenheit der zahntechnischen Laborkosten behaupten, der Streitfall dadurch geklärt, dass ein Sachverständigengutachten über die Üblichkeit bzw. Angemessenheit der Laborkosten unter Berücksichtigung von Art und Qualität der Leistung eingeholt wird.

     

    Allenfalls wenn die Erhebungen des Gutachters dazu führen, dass die berechneten Preise im Vergleich mit ortsüblichen Preisen für Leistungen gleichen Standards unangemessen hoch erscheinen, kann zur weiteren Abklärung ein Rückgriff auf die Kalkulationsgrundlagen des Zahntechnikers erforderlich sein (siehe dazu zum Beispiel OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. März 2002; Az. 8 U 118/01, oder AG Wuppertal, Urteil vom 5. April 2007, Az. 39 C 325/05).

     

    • Textbaustein zum Verlangen, die Kalkulationsgrundlagen offenzulegen

    Die von uns als Auslagen gemäß § 9 GOZ berechneten zahntechnischen Laborkosten sind für die in Ihrem Fall zur Ausführung gelangten zahntechnischen Leistungen unter Berücksichtigung von Qualität und Zeitaufwand der Arbeiten angemessen und für Leistungen gleichen Standards üblich. Nach herrschender Rechtsprechung ist weder die Bundeseinheitliche Benennungsliste (BEB) noch das Bundeseinheitliche Leistungsverzeichnis (BEL) maßgebliche Abrechnungsgrundlage für die gemäß § 9 GOZ zu berechnenden angemessenen Kosten. Angesichts der sehr unterschiedlichen Versorgungsarten und der unterschiedlichen Qualität ihrer Ausführungen ist bei der Beurteilung der Angemessenheit der Kosten auf die konkreten Arbeiten abzustellen und eine Beurteilung nach Durchschnittspreisen daher nicht sachgerecht. Die Angemessenheit bzw. Üblichkeit der berechneten Aufwendungen ist im Streitfall unter Berücksichtigung von Art und Güte der Leistungen und den damit verbundenen Arbeitsaufwand durch einengerichtlich bestellen Sachverständigen zu überprüfen, der Offenlegung der betriebswirtschaftlichen Kalkulation des zahntechnischen Labors bedarf es hierzu nicht. Auch Kostenerstatter haben auf eine solche Offenlegung keinen Anspruch (vergleiche zum Beispiel OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. März 2002; Az. 8 U 118/01, und AG Wuppertal, Urteil vom 5. April 2007, Az. 39 C 325/05).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Diesen Textbaustein können Sie im Download-Bereich von PA (pa.iww.de) unter der Rubrik „Musterschreiben“ aufrufen und in Ihrer Praxis verwenden.
    Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 4 | ID 42842215