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  • 01.04.2006 | Arbeitsrecht

    Beendigung von Arbeitsverhältnissen langjährig beschäftigter Mitarbeiter

    von Rechtsanwalt Martin Hassel, Kanzlei Dr. Schmidt und Partner, Koblenz/Dresden/Oberhausen/Weimar

    Mitunter ergibt sich die Notwendigkeit, sich auch von älteren langjährig in der Praxis beschäftigten Arbeitnehmern trennen zu müssen. Eine Kündigung solcher Mitarbeiter birgt dabei oft das Risiko einer sozialwidrigen Kündigung. Ebenso droht die Zahlung hoher Abfindungen, da sich die Abfindungshöhe nach der Betriebszugehörigkeit bemisst. (Mehr zu den Kosten einer Kündigung lesen Sie in der Mai-Ausgabe.) Bei Arbeitnehmern, die nur noch wenige Jahre bis zum Rentenbeginn zu überbrücken haben, bieten sich deshalb Alternativen zu einer Kündigung an. Je nach Einzelfall können ein Altersteilzeitmodell oder eine Vorruhestandsregelung eine attraktive und kostengünstige Lösung sein.  

    Kündigung älterer Arbeitnehmer

    Grundsätzlich ist im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) auch bei älteren Arbeitnehmern nur eine Kündigung aus verhaltens-, personen- oder betriebsbedingten Gründen möglich.  

     

    Hinweis: Bei kleineren Praxen (unter fünf Mitarbeiter) findet das KSchG keine Anwendung (siehe hierzu „Praxisführung professionell“ Ausgabe. 2/2004, S. 12). Sie können kündigen, ohne die Anforderungen des KSchG einhalten zu müssen. Die Kündigung muss nur sozialen Grundsätzen genügen und darf nicht willkürlich sein.  

     

    Verhaltensbedingte Kündigung

    Eine „altersbedingte“ Kündigung kann im Rahmen einer verhaltensbedingten Kündigung erfolgen, wenn der betroffene ältere Arbeitnehmer einen deutlich merkbaren Leistungsabfall im Vergleich zu jüngeren Mitarbeitern zeigt. Allerdings hat der Arbeitgeber einen normalen altersbedingten Abfall der Leistungsfähigkeit hinzunehmen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.11.1987, Az: 4 AZR 116/75). Auch höhere Fehlzeiten von älteren Arbeitnehmern sind in Kauf zu nehmen, ohne dass eine Kündigung gerechtfertigt wäre.  

     

    Personenbedingte Kündigung

    Eine personenbedingte Kündigung auf Grund des Alters des Arbeitnehmers ist nicht möglich.  

     

    Betriebsbedingte Kündigung

    Bei einer Kündigung aus betriebsbedingten Gründen müssen für eine Sozialauswahl alle in einem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer hinsichtlich Lebensalter, Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten berücksichtigt werden: Nur dem sozialstärksten Arbeitnehmer kann gekündigt werden. Ältere Arbeitnehmer haben durch Lebensalter und lange Betriebszugehörigkeit einen hohen sozialen Besitzstand, so dass grundsätzlich zuerst jungen und kürzer beschäftigten Mitarbeitern zu kündigen wäre.  

     

    Bei einer zeitlichen Nähe zum Renteneintritt kann aber auch einem älteren Arbeitnehmer gekündigt werden, wenn er für den Zeitraum zwischen Kündigung und Rentenbeginn durch Altersteilzeit oder den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. die Inanspruchnahme von Leistungen aus der gesetzlichen Renten- oder Arbeitslosenversicherung nahtlos versorgt ist. Kann also der Arbeitgeber eine solche nahtlose Versorgung nachweisen, ist der ältere Arbeitnehmer auch nach einer Sozialauswahl kündbar.  

     

    Hinweis: Problematisch ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn der ältere Arbeitnehmer weiter arbeiten möchte, obwohl er bereits Anspruch auf eine ungekürzte Altersrente hat (zum Beispiel weil er 65 Jahre alt ist). Das Arbeitsverhältnis endet nämlich nur dann automatisch mit Erreichen des Rentenalters, wenn eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag getroffen worden ist.  

    Alternative Beendigungsmöglichkeiten

    In der Praxis ist es also mitunter schwierig, das Arbeitsverhältnis mit einem älteren Mitarbeiter arbeitgeberseitig zu kündigen. Daher kann es sich lohnen, Alternativen zu einer Kündigung in Betracht zu ziehen. Diese haben zudem den Vorteil, Mitarbeiter mit langjährigen Verdiensten für die Praxis möglichst fair aus dem aktiven Dienst zu nehmen.  

     

    Altersteilzeitmodelle

    Um den Eintritt älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand zu erleichtern und Arbeitsplätze zu schaffen, fördert die Agentur für Arbeit zurzeit zwei Altersteilzeitmodelle für Arbeitnehmer ab dem 55. Lebensjahr:  

     

    Bei einem Blockmodell von längstens drei Jahren werden die zwei Blockabschnitte „Arbeitsphase“ (eineinhalb Jahre) und „Freizeitphase“ (eineinhalb Jahre) gebildet. Der Arbeitnehmer wird zunächst in der Arbeitsphase im Umfang seiner bisherigen Arbeitszeit weiter beschäftigt, um das notwendige Zeitguthaben für die Freizeitphase aufzubauen. In der Freizeitphase braucht er dann nicht mehr zu arbeiten. In beiden Blockabschnitten erhält er 50 Prozent seines bisherigen Vollzeitbruttogehalts. Das Nettogehalt wird um einen Aufstockungsbeitrag von 20 Prozent erhöht. Zur Insolvenzsicherung für das Zeitguthaben in der Freizeitphase muss der Arbeitgeber eine entsprechende Insolvenzversicherung abschließen.  

     

    Bei einem Teilzeitmodell wird die bisherige wöchentliche Arbeitszeit für die Dauer der Altersteilzeit halbiert. Gleichzeitig erhält der Arbeitnehmer auch nur die Hälfte seines bisherigen Bruttogehalts, wobei das Nettogehalt um 20 Prozent aufgestockt wird. Dieser Aufstockungsbetrag ist steuer- und sozialversicherungsfrei, unterliegt aber dem steuerlichen Progressionsvorbehalt. Neben der Aufstockung des Arbeitsentgelts entrichtet der Arbeitgeber zusätzlich aufgestockte Rentenversicherungsbeiträge bis zur Höhe von 80 Prozent des Entgelts aus der bisherigen Beschäftigung des Arbeitnehmers.  

     

    Die Agentur für Arbeit fördert beide Modelle, wenn der Arbeitgeber für den freiwerdenden Arbeitsplatz des Altersteilzeitlers einen arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer oder einen Auszubildenden einstellt oder einen Auszubildenden nach Ausbildungsabschluss übernimmt. Dem Arbeitgeber werden längstens für sechs Jahre der Aufstockungs- sowie der Unterschiedsbetrag erstattet, der sich auf Grund der Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge auf 80 Prozent ergibt.  

     

    Vorruhestandsregelungen

    Vorruhestandsregelungen setzen voraus, dass der Arbeitnehmer eine vorzeitige Altersrente in Anspruch nimmt und daneben weiter beschäftigt wird. Zwar muss er durch die vorzeitige Altersrente Abzüge bis maximal 18 Prozent in Kauf nehmen. Er hat aber den Vorteil, dass ihm die Altersrente zeitlich früher zur Verfügung steht.  

     

    Außerdem kann er die finanziellen Verluste durch die Weiterbeschäftigung bei seinem Arbeitgeber ausgleichen (bis zum 65. Lebensjahr ist ein steuer- und sozialversicherungsfreier Hinzuverdienst von maximal 345 Euro monatlich und danach ein unbegrenzter Hinzuverdienst möglich). Nach einer aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 22. November 2005 (Az: C 144/04) sind – was das Teilzeit- und Befristungsgesetz bisher erlaubte – unbegrenzt viele Arbeitsverträge hintereinander ohne Sachgrund für Arbeitnehmer nach Vollendung des 52. Lebensjahres nicht mehr möglich.  

     

    Aufhebungsverträge

    Auch ein Aufhebungsvertrag mit dem älteren Arbeitnehmer ist denkbar. Wenn dieser allerdings vor dem Rentenbezug Arbeitslosengeld beziehen möchte, muss er für einen Aufhebungsvertrag einen wichtigen Grund haben. Ansonsten droht eine Sperre durch das Arbeitsamt. Ein wichtiger Grund ist zum Beispiel ein schlechter Gesundheitszustand oder die Pflege naher Angehöriger.  

    Fazit

    Bei allen Alternativen zur Kündigung ist zu beachten, dass der Arbeitnehmer sich zunächst über sein genaues Renteneintrittsalter informieren muss. Durch einen Rentenberater oder durch eine BfA- bzw. LVA-Beratungsstelle sollte ausgerechnet werden, wie viel Rente bezogen wird und welche Abschläge bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente zu erwarten sind. Erst wenn diese Zahlen bekannt sind, kann ein Modell entwickelt werden, von dem sowohl der Therapeut als auch der Mitarbeiter profitiert.  

    Quelle: Ausgabe 04 / 2006 | Seite 8 | ID 89871