Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 09.03.2009 | Arbeitsrecht

    Kostenfalle Langzeit-Erkrankte: Urlaub muss in bestimmten Fällen ausgezahlt werden

    von Rechtsanwalt René T. Steinhäuser, Hamburg,Rechtsanwälte Wigge, www.ra-wigge.de

    Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 20. Januar 2009 zugunsten eines Arbeitnehmers entschieden, dass dessen Urlaubsanspruch aus dem Vorjahr entgegen dem Bundesurlaubsgesetz über den 31. März des Folgejahres hinaus besteht und nicht verfällt (Az: C-350/06). Konkret ging es um den Urlaubsanspruch eines dauerhaft und bis zum Ende seiner Beschäftigung erkrankten Arbeitnehmers, der aufgrund der Erkrankung und anschließenden Verrentung keinen Urlaub nehmen konnte. Für den Physiotherapeuten als Arbeitgeber birgt diese Rechtsprechung ein erhebliches Kostenrisiko.  

    Sachverhalt

    Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hatte über den Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers zu entscheiden, der über zwei Jahre durchgehend erkrankt war und krankheitsbedingt keinen Urlaub nehmen konnte (Urteil vom 2.2.2009, Az: 12 Sa 486/06). Anschließend wurde er verrentet, sodass ihm der Urlaub nicht mehr gewährt werden konnte. Die Abgeltung des Urlaubsanspruchs hatte der Arbeitgeber unter Hinweis auf die Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes abgelehnt. Der Arbeitnehmer hingegen verlangte 14.000 Euro Abgeltung für den nicht genommenen Urlaub.  

    Entscheidungsgründe

    Rechtlicher Hintergrund des Streits ist folgender: Nach den deutschen Rechtsvorschriften erlischt der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub grundsätzlich am Ende des betreffenden Kalenderjahrs, spätestens jedoch am 31. März des Folgejahres (es sei denn tarifvertragliche oder einzelvertragliche Vereinbarungen regeln davon Abweichendes). War der Arbeitnehmer bis zum Ende dieses Zeitraums arbeitsunfähig, muss der nicht genommene bezahlte Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses nicht finanziell abgegolten (ausbezahlt) werden. Europarechtliche Bestimmungen sehen hier eine andere Regelung vor.  

     

    Das LAG Düsseldorf legte deshalb dem EuGH die Rechtsfrage vor, ob die deutsche Urlaubsregelung und Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes mit der EG-Arbeitszeitrichtlinie in Einklang steht. Der EuGH hat nun entschieden, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugszeitraums und/oder eines festgelegten Übertragungszeitraums (in Deutschland bis 31. März des Folgejahres) nicht erlöschen darf, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat, weshalb er seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte.