01.07.2003 | Das Heilpraktikergesetz
Selbstständige Heilbehandlung ist für Physiotherapeuten noch immer tabu
von Christiane Köber, Wettbewerbszentrale, Bad Homburg
Entsprechend dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) sollen Ärzte künftig sparsamer verordnen. Das kann auch auf die wirtschaftliche Situation physiotherapeutischer Praxen Auswirkungen haben. Andererseits können Sie von einem wachsenden Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung profitieren und alternative Behandlungsmöglichkeiten anbieten, die von den Patienten selbst bezahlt werden. Doch nicht alle lukrativ erscheinenden Betätigungsfelder sind für Sie als Physiotherapeut zulässig. "Praxisführung professionell" gibt Ihnen daher einen Einblick in die aus dem Jahre 1939 stammenden - und noch immer gültigen - Rechtsvorschriften.
Das "Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung" - kurz Heilpraktikergesetz - schränkt die Handlungsspielräume für Physiotherapeuten erheblich ein. Nach dem Heilpraktikergesetz darf außer dem Arzt nur der Heilpraktiker mit der entsprechenden Erlaubnis die Heilkunde ausüben. Zwar wird das Gesetz vielfach kritisiert, aber es hat nach wie vor Bestand. Was Heilkunde genau bedeutet, definiert § 1 Abs. 2.
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Trotz dieser genauen Definition sind viele Fallgestaltungen vom Wortlaut des Gesetzes nicht umfasst. Denn auch Physiotherapeuten sind an der "Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen" beteiligt. Trotzdem widerspräche es dem Sinn des Gesetzes, hierfür eine Heilpraktikererlaubnis zu verlangen. Zwar unterliegt auch die Tätigkeit des Physiotherapeuten den Beschränkungen des Heilpraktikergesetzes. Doch sofern Sie in Ihrem berufsrechtlichen Rahmen tätig sind, gibt es keinen Konflikt mit dem Gesetz.
Rechtlich problematisch können allerdings Verfahren wie Aromatherapie, Fußreflexzonenmassage, Reiki-Therapie usw. sein.
Über den Wortlaut des Gesetzes hinaus haben Gerichte die nachfolgenden weiteren Voraussetzungen für die Anwendung des Heilpraktikergesetzes aufgestellt:
Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes liegt demzufolge nur dann vor, wenn die Tätigkeit nach allgemeiner Auffassung medizinische Fachkenntnisse voraussetzt. Fachkenntnis kann erforderlich sein für die Art der Behandlung selbst, aber auch für die Entscheidung, ob mit der Behandlung begonnen werden darf. So hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in einer Entscheidung vom 28. September 1965 (Az: I C 105/63) festgestellt, dass die Entfernung von Leberflecken und Warzen durch eine Kosmetikerin zwar an sich ungefährlich sei. Die Behandlung erfordere dagegen ärztliches Fachwissen, weil die Gefahr der Verwechslung mit Hautkrankheiten - insbesondere Krebs - bestehe.
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