01.04.2003 | Rechtsbeziehungen: Arzt - Patient - Physiotherapeut
Die Verordnung ist für Sie ein Auftrag - da müssen Sie keine Kasse fragen
von Dr. Gerhard Nitz, Dierks & Bohle, RAe, Berlin, www.db-law.de
Bei der Leistungserbringung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind Sie als Physiotherapeut in ein komplexes sozialrechtliches Regelungsgeflecht eingebunden. Nicht immer ist klar, wer in den Rechtsbeziehungen zwischen Patient, Vertragsarzt, Physiotherapeut und Krankenkasse welche Entscheidungen treffen darf. "Praxisführung professionell" stellt Ihnen einzelne Problemfälle vor. Nachfolgend wird erklärt, warum Sie von Krankenkassen keine Zustimmung bei Heilmittel-Verordnungen einholen müssen.
Zwei Urteile mit bundesweiter Tragweite hat das Landessozialgericht Brandenburg gefällt (Az: L 4 KR 11/01, Abruf-Nr 030191 und L 4 KR 21/01 vom 9. Juli 2002): Danach sind ärztliche Verordnungen (Krankengymnastik und Massagen) nicht durch Krankenkassen genehmigungspflichtig. Zweifelsohne war das ein Erfolg für die Physiotherapeuten. Ein Blick auf die Details macht aber deutlich: Die Forderung der Kassen nach einem Genehmigungsrecht ist nicht ein für allemal vom Tisch!
Hintergrund: Die AOK Brandenburg hatte in Flugblättern an ihre Mitglieder angekündigt, dass künftig Verordnungen von Krankengymnastik und Massagen vor Behandlungsbeginn zu genehmigen seien. Auch die Physiotherapeuten bekamen Post: "Damit Sie sichergehen, dass wir verordnete Leistungen übernehmen, werden Sie bei Verordnungen ... nicht ohne Genehmigung tätig", so die AOK.
Was folgte, war eine Klage von Physiotherapeuten gegen die AOK. Während die Physiotherapeuten eine solche Genehmigungspflicht als vertraglich nicht vereinbart sahen, verwies die AOK auf § 19 des SGB IV. Danach werden Leistungen in der Krankenversicherung auf Antrag erbracht. Es obliege folglich der Krankenkasse, einen Leistungsantrag für Krankengymnastik oder Massagen zu bewilligen, bevor der Versicherte diese Leistungen in Anspruch nehmen kann, argumentierte die Kasse. Zwar habe die AOK bislang darauf verzichtet, doch habe man nun die Einführung angekündigt.
Die Physiotherapeuten setzten ein plausibles Argument entgegen: Ein Genehmigungsverfahren gebe es in der Praxis weder für die Heilmittelerbringung noch für Arzneiverordnungen oder die unmittelbare Behandlung durch den Vertragsarzt. Wäre das Genehmigungserfordernis zutreffend, so müssten sämtliche Leistungen einzeln von den Kassen genehmigt werden.
Die Lösung des Gerichts war eine Überraschung: Entgegen der Vermutung der Physiotherapeuten ist eine Genehmigung tatsächlich erforderlich. Entgegen der Auffassung der AOK liegt eine solche Genehmigung aber stets vor! Die Richter stützen sich dabei auf das Konkretisierungskonzept des Bundessozialgerichts.
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