23.12.2010 | Rechtsprechung
AfA-Nachholung bei unterlassener Zuordnung zum Betriebsvermögen
von Steuerberater Dipl.-Bw. Thorsten Normann, Olsberg
Wurde Vermögen (z.B. die in der Praxis genutzten Computer oder die Telefonanlage) irrtümlich nicht dem Betrieb zugeordnet, stellt sich die Frage, ob die unterlassenen Abschreibungen steuerlich noch geltend gemacht werden können. Lange war strittig, ob in einem solchen Fall die Regelungen für bilanzierende Steuerpflichtige auch bei Einnahmen-Überschussrechnern (EÜR) anzuwenden sind. Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. Juni 2010 schafft nun Klarheit (Az: VIII R 3/08, Abruf-Nr: 103563).
Ungünstige Regelung gilt auch bei EÜR
Grundsätzlich kann eine nachträgliche Zuordnung problemlos erfolgen, solange das Zugangsjahr verfahrensrechtlich noch offen ist. Das heißt der bisherige Steuerbescheid noch durch einen Einspruch oder eine andere Korrekturvorschrift geändert werden kann. Ärgerlich wird es, wenn das Zugangsjahr bereits bestandskräftig ist. Bei bilanzierenden Steuerpflichtigen kann in einem solchen Fall das Wirtschaftsgut nur noch im ersten offenen Jahr mit einem fiktiven Restbuchwert erfasst werden. Der fiktive Restbuchwert ist der Wert, der bei einer von Anfang an richtigen Bilanzierung zu Buche stehen würde. Das Abschreibungspotenzial in Höhe der Differenz zwischen Anschaffungskosten und dem fiktiven Restbuchwert geht demnach verloren.
In seinem Urteil vom 22. Juni 2010 hat nun der BFH über die Frage entschieden, ob diese für die Steuerpflichtigen ungünstige Regelung auch bei Einnahmen-Überschussrechnern anzuwenden ist. Der BFH stellt für die Beantwortung dieser Frage den Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit in den Mittelpunkt der Betrachtung. Das Prinzip der Gesamtgewinngleichheit besagt, dass die Höhe des Totalgewinns (im Zeitraum von der Betriebseröffnung bis zur Betriebsschließung) bei bilanzierenden Steuerpflichtigen und Einnahmen-Überschussrechnern identisch sein muss. Der BFH folgert daraus, dass bei der Nachholung von Abschreibungen die gleichen Regelungen für bilanzierende Steuerpflichtige und Einnahmen-Überschussrechnern gelten müssen, da nur so die Gesamtgewinnidentität gewährleistet sein kann.
Folgen des Urteils für die Praxis
Das aktuelle und für die Einnahmen-Überschussrechner nachteilige BFH-Urteil zwingt Sie als Praxisinhaber, sich noch mehr Gedanken um die Vollständigkeit der Zuordnung zum Betriebsvermögen zu machen. In Zweifelsfällen sollte unbedingt Kontakt mit dem jeweiligen Steuerberater aufgenommen werden, da eine nachträgliche Erfassung zum Teil mit erheblichen steuerlichen Nachteilen verbunden sein kann.
Möchten Sie diesen Fachbeitrag lesen?
Kostenloses PP Probeabo
0,00 €*
- Zugriff auf die neuesten Fachbeiträge und das komplette Archiv
- Viele Arbeitshilfen, Checklisten und Sonderausgaben als Download
- Nach dem Test jederzeit zum Monatsende kündbar
* Danach ab 12,80 € / Monat
Tagespass
einmalig 10 €
- 24 Stunden Zugriff auf alle Inhalte
- Endet automatisch; keine Kündigung notwendig