04.03.2010 | Rechtsprechung
BSG-Urteil: Therapeuten müssen Verordnungen der Vertragsärzte überprüfen
von RA, FA Medizinrecht Dr. Ernst Boxberg, München
Das Bundessozialgericht (BSG) hat entschieden, dass die Krankenkassen die Abgabe und Abrechnung vertragsärztlich verordneter physiotherapeutischer Heilmittel von einer vorherigen Prüfung der ärztlichen Verordnung durch den Heilmittelerbringer abhängig machen dürfen (Urteil vom 27.10.2009, Az: B 1 KR 4/09 R, Abruf-Nr: 100596). Dies bedeutet, dass nicht vollständig oder nicht richtig ausgefüllte vertragsärztliche Verordnungen, die dennoch vom Therapeuten abgearbeitet werden, von den Krankenkassen nicht bezahlt werden müssen. Diese Entscheidung hat unter den Leistungserbringern vielerorts Erstaunen ausgelöst, unter anderem, weil die Vorinstanzen von anderen Rechtsansichten ausgingen und den Leistungserbringern eine solche Prüfungspflicht nicht auferlegten. „Praxisführung professionell“ erläutert die Hintergründe der Entscheidung.
BSG-Urteil spiegelt die Vorgaben des Sozialgesetzbuchs
Die Entscheidung des BSG ist vor dem Hintergrund der Vorgaben des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) sehr klar nachvollziehbar.
So bestimmt § 125 Abs. 2 SGB V, dass die Verbände der Leistungserbringer mit den gesetzlichen Krankenkassen Verträge schließen, in denen u.a. die Einzelheiten der Versorgung mit Heilmitteln und deren Preise festgelegt werden. Nach Ansicht des BSG ergibt sich durch das Schließen dieser Verträge eine Gestaltungskompetenz der Krankenkassen und (!) der Berufsverbände im öffentlichen Gesundheitswesen. Die Berufsverbände werden also - im Sinne eines Partnerschaftsmodells - in die Mitverantwortung zur Gewährleistung einer Versorgung der Bevölkerung mit Heilmitteln eingebunden.
Den Verträgen kommt damit im Hinblick auf die Sicherstellung der Versorgung mit Heilmitteln eine Ordnungsfunktion zu. Diese Ordnungsfunktion hat gegenüber den Mitgliedern der Verbände und den Nichtmitgliedern eine gewisse normative Wirkung. Das BSG sieht insofern die zwischen den Verbänden und den Krankenkassen geschlossenen Verträge als verpflichtend für alle Leistungserbringer an. Und dies auch ohne dass eine bestimmte gesetzliche Vorschrift festlegt, dass für Therapeuten eine Prüfungspflicht in Bezug auf die ärztliche Verordnung besteht.
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