· Fachbeitrag · Ausbildung
Studieren geht über Probieren: Mangelnde Praxisnähe von Physio-Studiengängen ist ein Vorurteil
von Alexandra Buba M. A., Wirtschaftsjournalistin, Fuchsmühl
| Seit einigen Jahren entstehen auch an deutschen Hochschulen Studienangebote im Fach „Physiotherapie“. Während Befürworter einer Akademisierung diese als Steilvorlage für den Direktzugang sehen, monieren die Kritiker mangelnde Praxisnähe. Diese ist allerdings lediglich ein Vorurteil, wie der Blick auf zwei Hochschulen in Rostock und Rosenheim beweist. |
TH Rosenheim: Motivation entscheidet über Aufnahme
Wer bei Prof. Sabine Ittlinger an der Technischen Hochschule (TH) Rosenheim Physiotherapie studieren will, muss genau wissen, warum. Denn die Physiotherapeutin und ehemalige Schulleiterin einer Physiotherapieschule hat sich für den von ihr initiierten Studiengang ein besonderes Auswahlprozedere ausgedacht: Ein mehrseitiges Motivationsschreiben soll noch vor der Aufnahmeprüfung klären, wer für einen der 60 begehrten Erstsemesterplätze infrage kommt. Dafür erfahren die Kandidaten noch am Tag der Aufnahmeprüfung, ob sie aufgenommen werden. „Wir haben mit dem Vorgehen gute Erfahrungen gemacht“, sagt Ittlinger. „Denn so finden wir heraus, ob die Bewerber ihr Physiotherapie-Studium bei uns auch wirklich beginnen ‒ oder nicht doch eher Pädagogik, Soziale Arbeit oder etwas anderes studieren, wofür sie sich parallel noch an unserer Hochschule beworben haben.“
Motivation der Studierenden ist hoch
„Ich habe mich für das Studium entschieden, weil ich weiterkommen will“, erklärt Physio-Studentin Cordula Meir (TH Rosenheim, 4. Semester). Der gelernten Arzthelferin und Fachwirtin gefällt besonders der international anerkannte Abschluss. „Ich kann meinen Master im Anschluss zum Beispiel im Ausland machen oder auch dort arbeiten“, betont sie. Mit einer klassischen Ausbildung wäre dies viel schwieriger. Ittlinger erklärt, warum: „Für sämtliche Berufe gibt es sogenannte Qualifikationsrahmen, einen deutschen sowie einen europäischen. Die klassische physiotherapeutische Ausbildung in Deutschland ist mit ‚4‘ eingruppiert. International, wo viele Länder ein Studium für den Beruf vorsehen, ist dies im Falle des Bachelors eine ‚6‘. Das heißt, dass deutsche Therapeuten mit ihrer ‚4‘ international nicht mithalten können. Das wollte ich ändern und habe deshalb gemeinsam mit Kolleginnen diesen Studiengang initiiert.“
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