· Fachbeitrag · Shitstorm im Web 2.0
Was tun, wenn sich (Ex-)Mitarbeiter negativ über die Praxis äußern?
von Constanze Elter, Steuern - leicht gemacht!, Köln
| Aktuellen Studien zufolge bewegt sich etwa die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer im sozialen Netz. Viele User halten das Internet immer noch für anonym und nutzen daher die virtuelle Gelegenheit, möglichem Ärger über ihren Chef Luft zu machen. Dies gilt vor allem dann, wenn eine Kündigung im Raum steht oder der Angestellte das Unternehmen bereits verlassen hat. |
Meinungsäußerung contra Rufschädigung
Ob am Computer, Notebook oder vom Smartphone aus - immer mehr wird getwittert, werden Kurznachrichten per Facebook ausgetauscht oder Statusmeldungen auf XING verfolgt. Völlig gleich, ob man nun am Schreibtisch, im Zug oder im Park sitzt: Die Zahl der Social-Media-Nutzer steigt und steigt. Auch Praxen kommen ohne Internet und Social Media nicht mehr aus. Somit sind im Job Konflikte zwischen privater und beruflicher Sphäre programmiert.
Negative Äußerungen im Web 2.0 - ob von Patienten- oder Arbeitnehmerseite - können den Ruf einer Praxis schädigen. Aber nicht immer kann der Arbeitgeber etwas dagegen tun. Denn die grundrechtlich garantierte Freiheit auf Meinungsäußerung, die im Artikel 5 des Grundgesetzes festgeschrieben ist, greift auch im Arbeitsverhältnis. Allerdings gibt es hier Einschränkungen, die der Münchner Fachanwalt für Arbeitsrecht Tobias Barth erläutert: „Dies ist der Fall, wenn beispielsweise bewusst wahrheitswidrige Behauptungen aufgestellt werden oder Äußerungen ehrverletzenden Charakter haben.“
Auch das Persönlichkeitsrecht des früheren Arbeitgebers wird demnach vor objektiv rechtswidrigen Eingriffen des ehemaligen Arbeitnehmers geschützt: „Gegenstand dieses Rechts ist die Achtung der individuellen Persönlichkeit, insbesondere in dem Sinne, in Ruhe gelassen zu werden. Dabei kann selbst die Wiederholung von wahren Tatsachenbehauptungen eines ehemaligen Arbeitnehmers, die geeignet sind, den betroffenen Arbeitgeber herabzusetzen, untersagt werden, wenn kein schutzwürdiges Interesse an der öffentlichen Weiterverbreitung besteht.“ Ein solches Interesse fehle vor allem dann, wenn der Arbeitnehmer sich negativ auslässt, um sich für vermeintlich früher zugefügtes Unrecht zu rächen.
Arbeitnehmer haften für Links
Die erste gerichtliche Entscheidung zur Kommunikation von Arbeitnehmern in den Sozialen Medien hielt denn auch fest, dass darin andere Unternehmen nicht schlecht gemacht oder gar deren Ruf geschädigt werden darf. Das Landgericht Frankfurt hatte damals klargemacht, dass in solchen Fällen Nutzer sehr schnell in die Haftungsfalle geraten: Hier hatte ein früherer Mitarbeiter eines Unternehmens - inzwischen bei einem Konkurrenten angestellt - über Twitter Links verbreitet. Diese enthielten wahrheitswidrige und geschäftsschädigende Äußerungen über seinen ehemaligen Arbeitgeber. Solche Verlinkungen sind laut Gerichtsbeschluss unzulässig, gegen den Nutzer erging eine einstweilige Verfügung (Beschluss vom 20.4.2010, Az. 3-08 O 46/10).
Gegen Negativ-Image vorbauen
Eine gerichtliche Auseinandersetzung dürfte jedoch nicht unbedingt im Sinne des Ex-Arbeitgebers liegen. Zum einen sind die gerichtlichen Möglichkeiten, negative Werturteile gegenüber Dritten oder gegenüber der Öffentlichkeit zu verhindern, beschränkt. Zum anderen sind die Anforderungen daran, den Sachverhalt darzustellen und zu beweisen, nicht zu unterschätzen. Arbeitsrechtsexperte Tobias Barth weist auf einen weiteren Punkt hin: „Zwar könnte man auf Unterlassung zukünftiger Rechtsverletzungen klagen, in Eilfällen auch auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Untersagung. Der eigentliche, vom Arbeitgeber verfolgte Zweck, den Arbeitnehmer von vornherein von der Rechtsverletzung abzuschrecken, wurde dann bereits verfehlt. Der Schadensfall ist bereits eingetreten.“
Ziel sollte also sein, bereits vorab Vorsorge zu treffen, um negative Bewertungen zu vermeiden. Wenn es um das mögliche Ausplaudern von Betriebsgeheimnissen geht, ist dies leicht vertraglich zu regeln: „Schon im laufenden Arbeitsverhältnis sollten Verfügbarkeit und Zugriffsmöglichkeiten auf Informationen und Dokumente an die Notwendigkeiten der jeweiligen Arbeitsaufgabe angepasst sein. Von ausscheidenden Mitarbeitern sollten ausdrücklich alle Arbeitsmittel und Dokumente, im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis überlassene Gegenstände und Dokumente, selbst gefertigte Dokumente, Kontaktdatenlisten, Pläne und Fotos, jeweils einschließlich Kopien, Entwürfen sowie in Datenform, alle Zugangsberechtigungen und -codes herausgefordert werden“, rät Barth. Zudem sollte der Arbeitgeber verlangen, dass der Arbeitnehmer eine Erklärung unterzeichnet. Darin sollte festgeschrieben sein, dass der ausscheidende Arbeitnehmer derartige Dinge nicht mehr besitzt und hierauf auch keinen Zugriff mehr hat.
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FAZIT | Letztlich ist eines entscheidend: In der virtuellen Kommunikationswelt geht es zumindest juristisch betrachtet nicht viel anders zu als im wirklichen Leben. Das gilt auch für das Verhalten von Arbeitnehmern in ihrer Freizeit. Denn auch da darf ein Angestellter seinen Arbeitgeber nicht schlecht machen oder gar dessen Ruf schädigen. |