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  • · Fachbeitrag · Schwerpunkt

    Harte Nuss für das Praxismarketing - die betriebliche Gesundheitsförderung

    von Silke Jäger, Fachjournalistin Gesundheitswesen, Marburg

    | Wenn Sie sich von den Honorarstrukturen der Gesetzlichen Krankenversicherungen unabhängiger machen möchten, stoßen Sie früher oder später auf das Arbeitsfeld der betrieblichen Gesundheitsförderung. Es wirkt verlockend: Endlich nur noch im Auftrag von solventen Unternehmen arbeiten, die Preise selbst festlegen und der Rezeptprüfpflicht Lebewohl sagen. Klingt einfach, aber ist es das auch? |

    Zuhören ist gefragt

    Eine einschlägige Fortbildung vorausgesetzt, können Sie auch als niedergelassener Physiotherapeut oder selbstständiger Ergotherapeut Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung an Unternehmen verkaufen. Doch in den seltensten Fällen haben Sie mit einem am grünen Tisch ausgearbeiteten Konzept Erfolg. Sie brauchen im ersten Schritt viele Informationen aus dem Unternehmen selbst, um ein passendes Angebot zu erstellen. Denn mit 08/15-Maßnahmen erreichen Sie entweder nur einen Teil der Belegschaft oder nur kurzfristige Verhaltensänderungen, deren Wirkung schnell verpufft.

     

    Häufig wird in der lokalen Presse über Unternehmen berichtet, die einen Fitnessraum für ihre Mitarbeiter eingerichtet haben oder bei denen Rückenschulkurse stattfinden. Doch streng genommen sind solche Maßnahmen nicht automatisch als betriebliche Gesundheitsförderung zu verstehen - zumindest dann nicht, wenn das Ziel ist, langfristige Verhaltensänderungen zu erreichen. Kurzfristig kann es natürlich dazu beitragen, dass es schmerzgeplagten Mitarbeitern besser geht. Aber solche Maßnahmen müssen in ein Gesamtkonzept eingebettet sein, damit sie als betriebliche Gesundheitsförderung angesehen werden können.

     

    PRAXISHINWEIS | Es ist nichts dagegen einzuwenden, Unternehmen Rückenschulkurse oder Ähnliches anzubieten. Es sollte Ihnen jedoch klar sein, dass dies Einzelmaßnahmen sind, die idealerweise in ein Gesamtkonzept eingebunden sein sollten. Betrachten Sie deshalb solche medienwirksamen Angebote als „Türöffner“, um mit Unternehmen ins Gespräch zu kommen.

     

    Was bedeutet das für Ihr Marketing?

    Wenn Sie als Praxisinhaber auf Unternehmen zugehen, gelten andere Marketingregeln als wenn Sie sogenannte Endkunden ansprechen möchten. Wenn Sie bisher Patienten davon überzeugen wollten, zu Ihnen zu kommen, so können Sie nicht einfach Ihre erprobten Marketingwerkzeuge 1:1 auf den Bereich B2B (Business-to-Business) übertagen. Denn hier kommunizieren Sie mit Entscheidern in einem Unternehmen, die andere Interessen haben als Patienten. Diese wollen nicht in erster Linie wissen, dass Sie Rückenschmerzen lindern können oder wie Sie dabei vorgehen, sondern sie wollen sicher sein, dass das Unternehmen einen Vorteil aus Ihren Maßnahmen zieht, wie zum Beispiel:

     

    • Weniger Ausfallzeiten durch Krankheiten
    • Längere Lebensarbeitszeit älterer Mitarbeiter
    • Mehr Produktivität
    • Mehr motivierte Mitarbeiter und dadurch mehr Leistungsbereitschaft

     

    Diese Vorteile müssen Sie dem Unternehmen verdeutlichen. Doch das können Sie natürlich erst dann konkret tun, wenn Sie die Probleme der Mitarbeiter kennen und die Ursachen erforscht haben, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz stehen. Trotzdem können Sie diese Kundensichtweise für Ihr Marketing nutzen, indem Sie allgemein darüber informieren, dass ein gesunder Rücken mit einem ergonomisch eingerichteten Arbeitsplatz zusammenhängt und dass Sie die Expertin oder der Experte für Rückengesundheit und Ergonomie sind. Hat ein Unternehmen bereits festgestellt, dass viele Mitarbeiter wegen Rückenschmerzen fehlen, haben Sie gute Chancen, mit Ihrem Angebot wahrgenommen zu werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Machen Sie keine leeren Versprechungen. Schreiben Sie nicht auf Ihre Flyer: „Wir senken die Ausfallzeiten in Ihrem Unternehmen.“ Das wäre unseriös und Sie würden Ihre Glaubwürdigkeit verspielen.

     

     

     

    Unergonomische Arbeitsplätze verursachen Probleme (©Industrieblick - Fotolia.com)

    Vom Unternehmen her denken

    Wenn Sie Ihre Marketingmaßnahmen planen, überlegen Sie sich am besten, welche „Schmerzen“ das Unternehmen bzw. die Branche hat, die Sie ansprechen möchten. Wenn es zum Beispiel viele Büroarbeitsplätze im Unternehmen gibt, wird ein Gros der Krankheitstage auf zu langes Sitzen und Dauerstress zurückzuführen sein. Wird hingegen handwerklich gearbeitet, werden eher schweres Heben und langes Stehen zu Problemen führen.

     

    PRAXISHINWEIS | Jedes Unternehmen braucht ein individuell erarbeitetes Konzept. Deshalb ist es sinnvoll, Marketingkonzepte für einzelne Branchen zu erarbeiten bzw. sich im ersten Schritt nur auf eine Branche zu konzentrieren.

     

    Unternehmen auf Augenhöhe ansprechen

    Sobald Sie erkannt haben, was der „Hauptschmerz“ des Unternehmens ist, also aufgrund welcher Konstellation dem Betrieb Kosten entstehen, die mithilfe gesundheitsfördernder Maßnahmen reduziert werden könnten, können Sie Ihre Marketingmaßnahmen entsprechend konzipieren. Wählen Sie dabei eine Sprache, die deutlich macht, dass Sie auf Augenhöhe mit dem Unternehmen zusammenarbeiten wollen.

     

    Wenn Sie mit dieser Haltung kommunizieren, werden Sie von den Unternehmen eher als Consultant wahrgenommen. Denn nichts anderes sind Sie: ein Unternehmensberater für den Bereich Gesundheitsförderung. Das sollte man Ihren Marketingunterlagen ansehen und das sollte sich natürlich auch in Ihren Prozessen niederschlagen. Da Sie Unternehmen anders ansprechen müssen als Patienten, sollten Sie Ihre Dienstleistungen im Arbeitsfeld betriebliche Gesundheitsförderung als eigene Unternehmenssparte Ihrer Praxis betrachten. Das bedeutet:

     

    • Konzipieren Sie eigene Marketingmaterialien für Unternehmenskunden: eine eigene Website, separate Flyer, gegebenenfalls ein eigenes Corporate Design (Logo, Farbgebung und Schriftart) und lassen Sie sich dabei von Werbeagenturen und Textdienstleistern helfen. So erkennen Ihre potenziellen Kunden auf den ersten Blick, dass Sie professionell arbeiten.

     

    • Kalkulieren Sie realistische Preise. Sie sollten Ihren Marktwert kennen und Arbeitszeit, die Sie zur Vorbereitung der Maßnahmen brauchen, wie zum Beispiel Vortragsvorbereitungen, Vorgespräche, Erstellung von Schulungsmaterialien etc., mit einrechnen.

     

    Themenspezial Betriebliche Gesundheitsförderung

    • Gesundheitsförderung - neuer Freibetrag eröffnet zusätzliche Möglichkeiten (PP 02/2009, Seite 3)
    • Download: Mustervertrag für Betriebliche Gesundheitsförderung (Downloads > Musterverträge/-schreiben)
    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 18 | ID 42580409