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  • 07.01.2014

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 10.09.2013 – 3 K 80/13

    1. Eine aufgrund eigener Fachkenntnisse
    eigenverantwortlich ausgeübte Tätigkeit eines
    Krankengymnasten liegt nur vor, wenn er - hinausgehend über Erstgespräch,
    gelegentliche Kontrollen und Abrechnungskontrolle - bei jedem einzelnen
    Patienten auf die Behandlung Einfluss nimmt und dazu jeweils selbst
    zumindest die Anamnese und zwischenzeitliche Kontrollen durchführt.


    2. Ein Krankengymnast kann nebeneinander eine
    gewerbliche (als Praxisinhaber) und eine freiberufliche Tätigkeit
    (als selbst Behandelnder) ausüben. Die Tätigkeiten
    sind steuerlich getrennt zu behandeln, wenn eine Trennung z. B. nach
    den einzelnen behandelten Patienten ohne besondere Schwierigkeiten möglich
    ist oder der Umfang der Tätigkeit anhand bekannter Daten geschätzt
    werden kann.


    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin
    aus ihrer Tätigkeit als Krankengymnastin mit eigener Krankengymnastik-Praxis
    in den Jahren 2007 bis 2009 Einkünfte aus selbständiger
    Tätigkeit nach § 18 Einkommensteuergesetz (EStG)
    oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15
    EStG erzielt hat und sie dementsprechend der Gewerbesteuer unterliegt.


    I.

    1. Die Klägerin ist gelernte
    Krankengymnastin; seit dem Jahr 2001 führt sie ihre eigene
    Praxis für Krankengymnastik. In ihrer Praxis bietet die
    Klägerin folgende Therapien an: ... Die Klägerin
    besitzt das für die Anwendung der Therapien ... und ...
    erforderliche Zertifikat. Alle in der Praxis angebotenen Therapien
    werden von der Klägerin selbst angewendet, mit Ausnahme
    der ... Therapie.


    2. Die Klägerin beschäftigte
    in den Streitjahren jeweils 4 bis 5 festangestellte Mitarbeiter,
    die jeweils 20 bis 30 Wochenstunden tätig waren. Im Jahr
    2007 kam es in der Praxis zu einer erheblichen Auftragszunahme.
    Diese war von der Klägerin mit ihren angestellten Mitarbeitern
    alleine nicht zu bewältigen, so dass die Klägerin
    in den Streitjahren zusätzlich jeweils 3 bis 4 Honorarkräfte
    beschäftigte.


    Die Praxis verfügte in den Streitjahren über
    4 zugelassene Behandlungsräume, wovon ein Raum ausschließlich
    von der Klägerin genutzt wurde.


    3. Die Klägerin selbst war in den
    Streitjahren täglich ca. 10 Stunden pro Tag (an fünf
    Tagen pro Woche) tätig; jeweils am Sonnabend tätigte
    die Klägerin zusätzlich einen Hausbesuch.


    4. Die Klägerin vergab die Behandlungstermine
    in den Streitjahren überwiegend selbst. Da es keine Rezeptionskraft
    gab, lief während der Behandlungszeiten ein Anrufbeantworter.
    Die Klägerin hörte den Anrufbeantworter so oft wie
    möglich ab und rief bei Bedarf die Anrufer zurück
    und vereinbarte Behandlungstermine. Es kam jedoch auch vor, dass
    Mitarbeiter der Klägerin Anrufe von Patienten entgegengenahmen/den
    Anrufbeantworter abhörten und Termine vergaben.


    Bei der Terminvergabe ging die Klägerin in der Weise
    vor, dass sie zunächst versuchte, neue Patienten bei sich
    selbst unterzubringen. Falls dies nicht möglich war, teilte
    sie die Patienten einem anderen Therapeuten innerhalb ihrer Praxis
    zu.


    Sofern sich die Gelegenheit ergab, sprach die Klägerin
    die Patienten, die sie nicht selbst behandelte, direkt auf den Therapieerfolg
    an. Zu Beginn jeder Therapie prüfte die Klägerin
    das von den Patienten vorgelegte Rezept; zum Ende der Therapie ließ sie
    sich von dem Therapeuten einen Therapiebericht vorlegen und prüfte,
    ob die erforderlichen Unterschriften des Patienten auf dem Rezept
    erbracht worden waren.


    II.

    1. Für 2007 erklärte
    die Klägerin in der am 06.02.2009 eingereichten Einkommensteuererklärung
    ihre Einkünfte als Krankengymnastin in Höhe von
    ... Euro als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit
    (Einnahmen ... Euro; Personalkosten ... Euro; Ausgaben für
    Honorarkräfte ... Euro).


    2. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) wies
    die Klägerin und ihren Ehemann mit Schreiben vom 13.05.2009
    (Einkommensteuerakte -ESt-A- Bl. 47) auf seine Absicht hin, die
    Einkünfte der Klägerin als gewerbliche Einkünfte
    zu behandeln. Zur Begründung führte das FA aus,
    nach dem Umfang der Fremdleistungen liege keine eigenverantwortliche
    Tätigkeit mehr vor (Gesamtumsatz ... Euro; Aufwand für
    Honorarkräfte ... Euro; Personalkosten über ...
    Euro). Da somit weit über die Hälfte der Leistungen
    nicht unmittelbar von der Klägerin erbracht würde,
    könne nicht mehr davon gesprochen werden, dass sämtliche
    Leistungen den vom Bundesfinanzhof (BFH) geforderten „Stempel
    der Persönlichkeit” der Klägerin trügen.


    Der durch die Klägerin am 08.12.2008 bevollmächtigte
    (Einzel-)Steuerberater (Berater) nahm mit Schreiben vom 12.06.2009
    zu der beabsichtigten Einkunftsumqualifizierung Stellung (ESt-A
    Bl. 48). Er führte aus, unter Berücksichtigung
    der jeweils von den Honorarkräften, den angestellten Mitarbeitern
    und der Klägerin selbst erwirtschafteten Gewinne trage
    die Arbeitsleistung der Klägerin zusammen mit ihren angestellten
    Mitarbeitern auf jeden Fall den „Stempel der Persönlichkeit” (in
    2007 ... Euro Umsatz bzw. ... Euro Gewinn der Klägerin
    durch die Honorarkräfte, ... Euro Umsatz bzw. ... Euro
    Gewinn der Klägerin durch die angestellten Mitarbeiter
    sowie ... Euro „direkter Umsatz und Gewinn” der
    Klägerin; in 2008 ... Euro Umsatz bzw. ... Euro Gewinn
    der Klägerin durch die Honorarkräfte, ... Euro Umsatz
    bzw. ... Euro Gewinn der Klägerin durch die angestellten
    Mitarbeiter sowie ... Euro „direkter Umsatz und Gewinn” der
    Klägerin).


    Ergänzend erläuterte der Berater, die Klägerin
    habe, nachdem sie ab dem Jahr 2007 aufgrund der erheblichen Auftragszunahme
    Honorarkräfte hinzugezogen habe, im Verlauf des Jahres
    2008 festgestellt, dass sich dieses Konzept mit dem verstärkten
    Einsatz von Fremdarbeiten nicht bewährt habe. Den erhöhten
    Koordinationsaufwand, der von der Klägerin wegen der Honorarkräfte
    zu bewältigen gewesen sei, habe sie nicht mehr leisten
    können. Sie habe weiterhin festgestellt, dass die Behandlungsqualität
    unter dieser Organisationsform gelitten habe. Das Konzept mit den
    zusätzlichen Honorarkräften habe sich auch deshalb
    nicht bewährt, da sie, die Klägerin, die Eigenverantwortung
    für den Therapieverlauf der Patienten habe behalten wollen.
    Sie habe sich daraufhin im Laufe des Jahres 2008 von mehreren Honorarkräften
    getrennt.


    Am 02.07.2009 erließ das FA den Bescheid für
    2007 über den Gewerbesteuermessbetrag (... Euro) und den
    Bescheid für 2007 über die Gewerbesteuer (...
    Euro), der zusätzlich die Festsetzung von Vorauszahlungen
    für die Erhebungsjahre 2009 und 2010 enthielt. Am selben
    Tag ergingen die Bescheide für 2008 über den Gewerbesteuermessbetrag
    für Zwecke der Vorauszahlungen (... Euro) sowie über
    die Gewerbesteuer für Zwecke der Vorauszahlungen (... Euro).


    3. Für 2008 erklärte die
    Klägerin in der am 01.03.2010 eingereichten Einkommensteuererklärung
    die Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Krankengymnastin in
    Höhe von ... Euro als Einkünfte aus Gewerbebetrieb
    (Einnahmen ... Euro; Personalkosten ... Euro; Ausgaben für
    Honorarkräfte ... Euro). Am 17.02.2010 reichte sie „unter
    Vorbehalt” eine entsprechende Gewerbesteuererklärung
    ein.


    Die Bescheide für 2008 über den Gewerbesteuermessbetrag
    (... Euro) und über die Gewerbesteuer (... Euro) ergingen
    am 10.08.2010.


    4. Für 2009 erklärte die
    Klägerin in der am 04.03.2011 eingereichten Einkommensteuererklärung
    die Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Krankengymnastin in
    Höhe von ... Euro als Einkünfte aus Gewerbebetrieb
    (Einnahmen ... Euro; Personalkosten ... Euro; Ausgaben für
    Honorarkräfte ... Euro). Am gleichen Tag reichte sie „unter
    Vorbehalt” eine entsprechende Gewerbesteuererklärung
    ein.


    Die Bescheide für 2009 über den Gewerbesteuermessbetrag
    (... Euro) und über die Gewerbesteuer (... Euro) ergingen
    am 29.04.2011.


    III.

    1. Gegen den „Gewerbesteuerbescheid
    2007 vom 02.07.2009 und die Vorauszahlungen für Gewerbesteuer
    2008/2009” legte die Klägerin am 30.07.2009 jeweils
    Einspruch ein (Gewerbesteuerakte -GewSt-A- Bl. 8) und wandte sich gegen
    die vorgenommene Qualifizierung der Einkünfte als gewerbliche
    Einkünfte. Am 19.10.2009 zeigte die am 17.08.2009 durch
    die Klägerin und ihren Ehemann bevollmächtigte
    Steuerberater- und Rechtsanwaltssozietät (Sozietät)
    gegenüber dem FA an, die rechtlichen Interessen der Klägerin
    in dem Einspruchsverfahren zu vertreten (ESt-A Bl. 63). Mit Schreiben
    vom 10.11.2009 übersandte die Sozietät dem FA
    die auf sie lautende Vollmacht (ESt-A vor Bl. 1).


    2. Nachdem das FA die Klägerin und
    die Sozietät mehrfach erfolglos um die Begründung
    der Einsprüche für 2007 und 2008 gebeten hatte,
    wies das FA die Einsprüche vom 30.07.2009 (oben 1.) mit
    Einspruchsentscheidung vom 26.05.2010 als unbegründet zurück
    (GewSt-A Bl. 12). Die Einspruchsentscheidung wurde am 27.05.2010
    per einfachen Brief an die Sozietät zur Post gegeben.


    3. Gegen die Bescheide für 2009 über
    den Gewerbesteuermessbetrag und über die Gewerbesteuer
    vom 29.04.2011 legte die Klägerin am 05.05.2011 durch ihren
    Berater jeweils Einspruch unter Hinweis auf ein noch schwebendes Einspruchsverfahren
    ein (GewSt-A Bl. 29).


    4. Betreffend 2009 wies das FA mit Schreiben
    vom 11.05.2011 den Berater darauf hin, dass es derzeit kein schwebendes
    Verfahren gebe, da die Einsprüche gegen den Gewerbesteuerbescheid
    2007 sowie den Vorauszahlungsbescheid 2008 mit Einspruchsentscheidung
    vom 26.05.2010 als unbegründet zurückgewiesen
    worden seien (GewSt-A Bl. 30).


    Daraufhin wies das FA den Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbetrag 2009
    mit Einspruchsentscheidung vom 24.06.2011 als unbegründet
    zurück (GewSt-A Bl. 31). Zur Begründung nahm das
    FA Bezug auf das vorgenannte Schreiben. Die Einspruchsentscheidung
    vom 24.06.2011 wurde am selben Tag per einfachen Brief an den Berater
    zur Post gegeben.


    5. Mit Schreiben vom 28.06.2011 wandte sich
    die Sozietät an das FA und teilte mit, sie habe über
    ihre Mandantschaft erfahren, dass eine Einspruchsentscheidung unter dem
    26.05.2010 ergangen sei, mit der die Einsprüche der
    Klägerin vom 30.07.2009 gegen den Gewerbesteuerbescheid
    2007 und den Vorauszahlungsbescheid 2008 vom 02.07.2009 als unbegründet
    zurückgewiesen worden seien (GewSt-A Bl. 31a). Eine solche
    Entscheidung habe ihre Kanzlei nicht erreicht. Sie bitte daher um Übersendung
    der entsprechenden Einspruchsentscheidung an ihre Kanzleianschrift.
    Der guten Ordnung halber weise sie darauf hin, dass sie als Rechtsanwalts-
    und Steuerkanzlei ein lückenloses Posteingangsbuch führe und
    somit Beweis antreten könne, dass das vermeintliche Schreiben
    des FA sie zu dem genannten Zeitpunkt nicht erreicht habe. Höchst
    vorsorglich werde Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt.


    6. Am 06.07.2011 übersandte das FA
    die Einspruchsentscheidung vom 26.05.2010 betreffend 2007 und 2008
    (oben III. 2) unter Abänderung des ursprünglichen
    Datums auf den 06.07.2011 per Postzustellungsurkunde an die Sozietät
    (GewSt-A Bl. 36). Obwohl am 10.08.2010 Bescheide für 2008 über
    den Gewerbesteuermessbetrag und über die Gewerbesteuer
    erlassen worden waren (oben II. 3.), nahm das FA keine entsprechende Änderung/Anpassung
    der Einspruchsentscheidung vor. Die Einspruchsentscheidung wurde
    der Sozietät am 08.07.2011 zugestellt (GewSt-A Bl. 37).


    IV.

    Die Klägerin hat am 27.07.2011 gegen die Bescheide
    für 2009 über den Gewerbesteuermessbetrag und
    die Gewerbesteuer vom 29.04.2011 Klage erhoben (Az.: 5 K 182/11). Am
    03.08.2011 hat sie gegen die Bescheide für 2007 über
    den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer vom 02.07.2009
    sowie die Vorauszahlungsbescheide über den Gewerbesteuermessbetrag
    und die Gewerbesteuer ab 2008 vom 02.07.2009 Klage erhoben (Az.: 5 K 189/11). Das
    Gericht hat die Verfahren mit Beschluss vom 26.10.2011 zur gemeinsamen Verhandlung
    und Entscheidung verbunden. Nachdem die Klägerin ihre
    Klage bzgl. der Folgebescheide Gewerbesteuer 2007 und 2009 zurückgenommen
    hat, hat das Gericht mit Beschluss vom 10.06.2013 das Verfahren
    insoweit abgetrennt und eingestellt (Az.: 3 K 112/13).


    Die Klägerin hat zur Begründung der Klage in
    der schriftlichen Klagebegründung vom 14.10.2011 zunächst
    vorgetragen (Finanzgerichtsakte - FG-A - Bl. 38 ff.): Bei ihrer
    Praxis handele es sich um eine kleine, allenfalls mittlere physiotherapeutische
    Praxis. Sie, die Klägerin, verfüge über
    eine Zulassung nach § 124 SGB V. Mithin dürfe
    sie zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte behandeln
    und mit den Krankenkassen abrechnen. Sie habe die Heilmittelrichtlinie
    inklusive des verpflichtenden Heilmittelkatalogs zu beachten. Zudem
    sei sie grundsätzlich an die ärztliche Verordnung
    gebunden, wobei sie verpflichtet sei, die ärztliche Verordnung
    auf Vollständigkeit und Vereinbarkeit mit den Heilmittelrichtlinien
    und dem Indikationskatalog zu überprüfen. Dies
    bedeute, dass sie, bereits um ihren Vergütungsanspruch
    abzusichern, jede ärztliche Verordnung inhaltlich und formell überprüfen
    müsse. Sie sei verpflichtet, sich permanent einen Überblick über
    den eigenen Praxisablauf zu verschaffen. Sie habe dafür
    Sorge zu tragen, dass jede physiotherapeutische Leistung zulasten
    der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend, zweckmäßig
    und wirtschaftlich erbracht werde. Sie sei zur Durchführung
    von Qualitätssicherungsmaßnahmen verpflichtet
    und habe sicherzustellen, dass nur das verordnete Heilmittel angewendet
    und die Behandlung gemäß Leistungsbeschreibung
    durchgeführt werde. Sie habe die Dokumentation des Behandlungsverlaufes
    sicherzustellen und sei verpflichtet, eine Verlaufsdokumentation
    zu führen und diese kontinuierlich je Behandlungseinheit
    fortzuschreiben. Jeder Neupatient, der bisher nicht in ihrer Praxis
    behandelt worden sei, werde zuerst von ihr begutachtet. Die physiotherapeutische
    Befundung erfolge ausschließlich durch sie. Auf der Grundlage
    dieser Befundung ordne sie die Patienten den einzelnen Therapeuten
    im Rahmen der klaren Vorgaben zu.


    In dem Erörterungstermin am 10.06.2013 (FG-A Bl. 81)
    hat die Klägerin ihren Vortrag wie folgt ergänzt:


    In den Streitjahren habe sie jeweils vier bis fünf angestellte
    Mitarbeiter (mit jeweils 20 bis 30 Wochenstunden) sowie drei bis
    vier Honorarkräfte beschäftigt. Zwar könne
    sie die durchschnittliche tägliche Patientenzahl aus dem
    Kopf nicht nennen; diese könne aber anhand folgender Daten
    rechnerisch ermittelt werden: Man könne von einer täglichen
    Behandlungszeit von 36 Stunden (10 Stunden/Tag x 4 Behandlungsräume
    abzgl. 4 Stunden Mittagspause), einer für Hamburg üblichen
    Auslastungsquote von 80 % sowie einer Taktung von 5 Terminen
    in 2 Stunden ausgehen.


    Sie habe in den Streitjahren in der Regel, also nicht ausschließlich,
    die telefonische Erst-Terminvergabe übernommen und dabei
    den Patienten u. a. nach der Diagnose und insbesondere dem vom Arzt
    in dem Rezept eingetragenen Indikationsschlüssel gefragt
    und sodann den Patienten entweder selbst behandelt oder einem ihrer
    Mitarbeiter/einer Honorarkraft zugewiesen. Es sei aber
    auch vorgekommen, dass einer ihrer Mitarbeiter die telefonische
    Erst-Terminvergabe vorgenommen habe. Nach dem ersten Termin eines
    neuen Patienten bei einem Mitarbeiter/einer Honorarkraft
    habe sie, die Klägerin, sich in der Regel bei dem jeweiligen
    Therapeuten nach dem Verlauf des Termins und den Wünschen/Erwartungen
    des Patienten und des Therapeuten erkundigt. Bei Problemen habe sie
    versucht, die Patienten selbst zu behandeln.


    Die Klägerin ist unter Bezugnahme auf das Urteil des
    BFH vom 08.10.2008 VIII
    R 53/07 (BFHE 223, 272, BStBl II 2009,
    143), wonach die Aufteilung in freiberufliche und gewerbliche
    Einkünfte bei gleichartiger Tätigkeit nicht ausgeschlossen
    sei, der Meinung, dass zumindest die von ihr persönlich
    erzielten Gewinne nicht gewerbesteuerpflichtig seien.


    Die Klägerin beantragt sinngemäß,
    die Gewerbesteuermessbescheide für 2007 vom 02.07.2009
    und für 2008 vom 10.08.2010, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung
    (zuletzt) vom 06.07.2011,


    sowie den Gewerbesteuermessbescheid für 2009 vom 29.04.2011
    in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.06.2011 aufzuheben.


    Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.

    Das FA nimmt zur Begründung auf die Einspruchsentscheidungen
    vom 26.05.2010 und 24.06.2011 Bezug und trägt ergänzend
    vor (FG-A Bl. 56 ff., 90):


    Bereits aus den hohen Ausgaben für Honorarkräfte
    sowie Personal in Höhe von mehr als der Hälfte
    des Umsatzes könne gefolgert werden, dass die Klägerin zwar
    leitend, aber nicht mehr eigenverantwortlich tätig gewesen
    sei. Der Vortrag des Beraters im Schreiben vom 12.06.2009 (oben
    II. 2.) könne nur so gedeutet werden, dass die Klägerin
    die Behandlung ihres Personals bzw. der Honorarkräfte nicht
    mehr habe hinreichend kontrollieren können bzw. keinen hinreichenden
    Einblick in die jeweilige Behandlung gehabt habe und somit der vom
    BFH geforderte „aufgedrückte Stempel” der
    Klägerin gefehlt habe. Hätte die Klägerin
    tatsächlich das Maß an Einsicht in die Behandlungen
    gehabt, welches sie behaupte, hätte eine Qualitätseinbuße
    nicht eintreten können. Der Vortrag, sie habe den Einsatz
    von Honorarkräften Mitte 2008 reduziert, weil sie die Eigenverantwortung
    für den Therapieverlauf habe behalten wollen, sei nur dann
    sinnvoll, wenn die Klägerin die Eigenverantwortung über
    den Therapieverlauf bereits verloren gehabt oder dieses Stadium
    nahezu bevorgestanden habe. Es werde bezweifelt, dass die Klägerin
    - wie vorgetragen - über sämtliche Behandlungen
    aller Patienten dauerhaft im Bilde gewesen sei. Bei einer unterstellten
    durchschnittlichen Behandlungsdauer von 30 Minuten in drei Behandlungsräumen
    sei davon auszugehen, dass mind. 30 Patienten täglich behandelt worden
    seien. Es erscheine unrealistisch, dass die Klägerin neben
    den von ihr selbst behandelten Patienten auch noch die durch die
    angestellten Physiotherapeuten bzw. Honorarkräfte betreuten
    Patienten überwacht habe.


    Die Aussage der Klägerin im Erörterungstermin,
    sie habe grundsätzlich von ihr nicht persönlich
    behandelte neue Patienten nach der ersten Sitzung mit dem behandelnden
    Mitarbeiter besprochen und sich über die Ziele des Patienten bzw.
    die des Mitarbeiters informiert und ggf. bei Schwierigkeiten die
    Behandlung selbst übernommen, werde bestritten. Auf der
    Grundlage der von der Klägerin generierten Umsätze
    im Verhältnis zu den durch die bis zu neun Mitarbeiter
    erwirtschafteten Umsätze (2007: Klägerin ... Euro,
    Mitarbeiter ... Euro, 2008: Klägerin ... Euro, Mitarbeiter
    ... Euro) sei dieser Vortrag nicht glaubhaft. Aus diesen Umsätzen
    ergebe sich, dass die Praxisauslastung weit oberhalb des im Erörterungstermin
    vorgetragenen Hamburger Durchschnitts von 80 % gelegen
    habe. Damit sei der Klägerin schon gar nicht genügend
    Zeit verblieben, grundsätzlich - d. h. von Ausnahmen abgesehen
    - alle neuen Patienten ihrer Mitarbeiter zu besprechen. Die Tätigkeit
    der Klägerin lasse sich nicht in einen gewerblichen und
    einen freiberuflichen Teil aufspalten. Ihre eigene Behandlungstätigkeit
    sei zeitlich und räumlich vermischt mit der Behandlungstätigkeit
    durch die Mitarbeiter/Honorarkräfte.


    Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass die von dem
    Berater in seinem Schriftsatz vom 08.12.2008 (oben A. II. 2.) genannten
    Umsätze und Umsatzanteile nicht nachprüfbar seien,
    da keine entsprechenden Belege vorgelegt worden seien.


    V.

    1. Zu dem Erörterungstermin
    am 10.08.2013 sind weder die Klägerin, deren persönliches
    Erscheinen angeordnet worden war (FG-A Bl. 91R), noch ein Prozessbevollmächtigter
    der Klägerin erschienen. Auf telefonische Rückfrage
    durch die Berichterstatterin teilte ein Angestellter der Prozessbevollmächtigten
    der Klägerin mit, dass der die Klage bearbeitende Rechtsanwalt kurzfristig
    erkrankt sei (FG-A Bl. 101).


    2. Die Empfangsbekenntnisse zu den Ladungen
    zu den Erörterungsterminen am 10.06.2013 und 13.08.2013
    sowie zur mündlichen Verhandlung am 10.09.2013 sind seitens
    der Prozessbevollmächtigten der Klägerin trotz
    wiederholter Mahnungen (FG-A Bl. 94R) nicht an das Gericht übersandt
    worden.


    3. Das Gericht hat den Prozessbevollmächtigten
    der Klägerin am 15.08.2013 eine Ausschlussfrist gemäß § 79b
    Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zum 29.08.2013 gesetzt, um das Posteingangsbuch
    im Original für den Zeitraum 27.05.2010 bis zum 07.06.2010
    vorzulegen (FG-A Bl. 102). Die Prozessbevollmächtigten
    der Klägerin haben auf die Ausschlussfristsetzung nicht
    reagiert.


    4. Nach fristgerechter Ladung der Klägerin
    und der Prozessbevollmächtigten der Klägerin jeweils
    mit Postzustellungsurkunde (FG-A Bl. 115 und 116) und mit dem Hinweis
    auf die Möglichkeit der Verhandlung und Entscheidung bei
    Ausbleiben haben weder die Klägerin noch ein Prozessbevollmächtigter
    der Klägerin an der mündlichen Verhandlung teilgenommen
    (FG-A Bl. 118). Ein Angestellter der Prozessbevollmächtigten
    der Klägerin hatte zwei Stunden vor Beginn der mündlichen
    Verhandlung telefonisch mitgeteilt, dass der die Klage bearbeitende
    Rechtsanwalt kurzfristig erkrankt sei. Auf den Hinweis des Vorsitzenden,
    eine Verlegung der mündlichen Verhandlung komme nur bei
    der Vorlage eines ärztlichen Attestes in Betracht; im Übrigen sei
    der Streitfall nicht so kompliziert, dass die Vertretung nicht durch
    einen anderen Rechtsanwalt der Sozietät wahrgenommen werden
    könne (FG-A Bl. 117), ist nicht reagiert worden (FG-A Bl.
    122).


    5. Es wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften
    der Erörterungstermine am 10.06.2013 (FG-A Bl. 78 ff.)
    und am 13.08.2013 (FG-A Bl. 100 f.) sowie der mündlichen
    Verhandlung am 10.09.2013 (FG-A Bl. 118 ff.) sowie auf die oben
    angeführten Unterlagen und die damit zusammenhängenden
    Vorgänge aus der FG-A und den folgenden Steuerakten: -
    Band IV der Einkommensteuerakten (St.-Nr. .../.../...)
    und - Band I der Gewerbesteuerakten (St.-Nr. .../.../...).


    Gründe

    Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

    I.

    1. Die schriftsätzlich
    gestellten Klageanträge werden in der Weise ausgelegt, dass
    der Gewerbesteuerbescheid für 2008 als Folgebescheid nicht
    Klagegegenstand ist, da die Klägerin lediglich Mängel
    des Grundlagenbescheides (hier: Gewerbesteuermessbetrag 2008) geltend
    macht, so dass gem. § 42 FGO i. V. m. § 351 Abs.
    2 Abgabenordnung (AO) der Grundlagenbescheid anzufechten ist.


    2. Die Klage ist hinsichtlich der Gewerbesteuermessbescheide
    für 2007 und 2008 - ebenso wie für 2009 - fristgerecht
    innerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 47 Abs. 1 S. 1
    FGO) beim Gericht eingegangen. Die Klagefrist beginnt grundsätzlich
    mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung (§ 47 Abs.
    1 S. 1 FGO). Die nochmalige Bekanntgabe einer bereits rechtswirksam
    bekannt gegebenen und damit bestandskräftigen Einspruchsentscheidung
    setzt keine erneute Klagefrist in Lauf (Brandis in Tipke/Kruse,
    AO/FGO, § 47 Rn. 5).


    a. Der Senat geht davon aus, dass die Einspruchsentscheidung
    vom 26.05.2010 (oben A. III. 2) der Sozietät nicht bereits
    drei Tage nach der am 27.05.2010 erfolgten ersten Aufgabe zur Post
    (oben A. III. 2.), sondern erst infolge der Zustellung am 08.07.2011
    bekanntgegeben worden ist (oben A. III. 6.).


    Gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein
    schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt
    wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben,
    außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen
    ist. Während derjenige Adressat, der einen verspäteten
    Zugang des Verwaltungsaktes geltend macht, durch substantiierte
    Erklärungen darlegen muss, dass er nicht rechtzeitig in
    den Besitz des Bescheides gekommen ist, um die Beweislast des FA
    zu begründen (BFH-Beschlüsse vom 14.02.2012 V S 1/12 (PKH), BFH/NV
    2012, 979; vom 25.02.2010 IX B 149/09, BFH/NV
    2010, 1115; BFH-Urteile vom 06.09.1989 II R 233/85, BFHE 158, 297, BStBl II 1990,
    108; vom 16.09.1986 IX R 61/81, BFHE 148, 104, BStBl II 1987,
    435), muss derjenige Adressat, der - wie im Streitfall
    - bestreitet, dass ihm das Schriftstück überhaupt
    zugegangen ist, nicht substantiiert vortragen, warum ihn die Sendung
    nicht erreicht hat, weil er hierzu objektiv nicht in der Lage ist
    (BFH-Urteil vom 29.04.2009 X R 35/08, BFH/NV
    2009, 1777; BFH-Beschluss vom 14.02.2008 X B 11/08, BFH/NV 2008,
    743). Vielmehr hat das FA den Zugang des Verwaltungsaktes
    nachzuweisen.


    b. Das FA hat den ihm obliegenden Nachweis des Zugangs vor dem 08.07.2011
    nicht zu führen vermocht. Der Nachweis des Zugangs kann
    von dem FA nicht nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises,
    der auf einen typischen, nicht aber auf den tatsächlichen
    Geschehensablauf abstellt, geführt werden (BFH-Beschlüsse
    vom 04.11.2008 I
    B 106/08, juris; vom 14.02.2008 X B 11/08, BFH/NV
    2008, 743). Es gelten vielmehr die allgemeinen Beweisregeln,
    insbesondere die des Indizienbeweises (BFH-Beschlüsse vom
    15.04.2011 III
    B 200/10, BFH/NV 2011, 1291; vom 20.07.2006 VI B 151/05,
    juris; BFH-Urteil vom 12.03.2003 X R 17/99, BFH/NV 2003,
    1031). Danach können bestimmte Verhaltensweisen
    des Steuerpflichtigen innerhalb eines längeren Zeitraums
    nach Absendung des Verwaltungsaktes im Zusammenhang mit dem Nachweis
    der Absendung im Wege der freien Beweiswürdigung nach § 96
    Abs. 1 FGO dahin gehend gewürdigt werden, dass - entgegen
    der Behauptung des Adressaten - ihm der Verwaltungsakt tatsächlich
    zugegangen ist (BFH-Beschlüsse vom 04.11.2008 I B 106/08,
    juris; vom 14.02.2008 X
    B 11/08, BFH/NV 2008, 743; BFH-Urteil
    vom 31.05.2005 I
    R 103/04, BFHE 209, 416, BStBl II 2005,
    623).


    Nach diesen Grundsätzen kann bei einer Gesamtwürdigung
    aller Umstände nicht davon ausgegangen werden, dass der
    Sozietät die Einspruchsentscheidung vom 26.05.2010 bereits
    im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der am 27.05.2010 erfolgten,
    ersten Aufgabe zur Post zugegangen ist. Zwar hat sich die Sozietät
    im finanzgerichtlichen Verfahren als unzuverlässig erwiesen,
    indem sie die Empfangsbekenntnisse zu den Ladungen zu den Erörterungsterminen
    und zur mündlichen Verhandlung trotz wiederholter Mahnung
    nicht zurückgesandt hat (oben A. V. 2.) und sowohl zu dem
    Erörterungstermin am 12.08.2013 als auch zu der mündlichen
    Verhandlung am 10.09.2013 unentschuldigt kein Prozessbevollmächtigter
    der Klägerin erschienen ist (oben A. V. 1. und A. V. 4.).
    Darüber hinaus hat die Sozietät trotz eigenen
    Beweisangebots gegenüber dem FA (oben A. III. 5.) und entsprechender
    gerichtlicher Aufforderung binnen der gesetzten Ausschlussfrist (oben
    A. V. 3.) das Posteingangsbuch für den Zeitraum 27.05.2010 bis zum 07.06.2010
    nicht vorgelegt.


    Dieses Verhalten, insbesondere dabei das unterlassene Vorlegen
    des Posteingangsbuches, ersetzt aber - wie das unterlassene Führen
    eines Fristenkontrollbuchs (vgl. BFH-Urteil vom 31.05.2005 I R 103/04, BFHE 209, 416, BStBl II 2005,
    623) - nicht den Nachweis des Zugangs eines Verwaltungsaktes
    i. S. d. § 122 Abs. 2 AO. Es kann allenfalls die Indizien
    für einen Zugang verstärken. Indizien, die für
    einen Zugang der Einspruchsentscheidung vom 26.05.2010 bereits unmittelbar
    nach der ersten Aufgabe zur Post am 27.05.2010 sprechen, hat das FA
    jedoch nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht erkennbar. Insbesondere
    lassen sich aus dem weiteren Verhalten der Sozietät keine Anhaltspunkte
    gewinnen, die darauf hinweisen könnten, sie habe die Einspruchsentscheidung
    vom 27.05.2010 tatsächlich bereits vor dem 08.07.2011 erhalten.
    Zwar teilte die Sozietät mit Schriftsatz vom 28.06.2011 dem
    FA mit, sie habe erfahren, dass am 26.05.2010 eine Einspruchsentscheidung
    betreffend 2007 und 2008 ergangen sei, wobei diese die Kanzlei jedoch nicht
    erreicht habe (oben A. III. 5.). Diese Mitteilung stand aber im
    unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der am 24.06.2011 an den
    Berater versandten Einspruchsentscheidung vom 24.06.2011, mit der
    das FA die Einsprüche betreffend 2009 unter Hinweis auf
    den Schriftsatz vom 11.05.2011 zurückwies, in dem es auf
    die Einspruchsentscheidung vom 26.05.2010 hingewiesen hatte (oben
    A. III. 4.).


    3. Der Gewerbesteuermessbescheid für
    2008 vom 10.08.2010 ist Gegenstand des Klageverfahrens geworden.
    Der Gewerbesteuermessbescheid 2008 hat den mit Einspruch der Klägerin
    vom 30.07.2009 (oben A. III. 1.) angefochtenen Bescheid für
    2008 über die Gewerbesteuer für Vorauszahlungszwecke vom
    02.07.2009 im Sinne von § 365 Abs. 3 S. 1 AO ersetzt und
    ist damit Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden (vgl. BFH-Urteil
    vom 23.04.2009 IV
    R 73/06, BFHE 225, 343, BStBl II 2010,
    40). Zwar hat das FA ungeachtet dessen bei der erneuten Übersendung
    der Einspruchsentscheidung am 06.07.2011 weder das Rubrum der Einspruchsentscheidung
    entsprechend angepasst noch ist es inhaltlich auf den zwischenzeitlich
    ergangenen Gewerbemessbescheid 2008 vom 10.08.2010 eingegangen (oben
    A. III. 6.). Darauf kommt es jedoch nicht an, da die Sachentscheidungsvoraussetzung
    der vorherigen erfolglosen Durchführung des außergerichtlichen
    Verfahrens gemäß § 44 FGO unabhängig
    davon erfüllt ist, ob über den Rechtsbehelf richtig
    oder falsch entschieden wurde (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 28.06.2007 3 K 237/06, EFG 2008, 768).
    Streitgegenstand der Klage ist wegen der Identität des
    Streitgegenstands im Einspruchs- und anschließendem Klageverfahren
    der Gewerbesteuermessbescheid für 2008 vom 10.08.2010 (vgl.
    BFH-Urteil vom 03.11.2011 V R 32/10, BFHE 236,228, BStBl II 2012,
    525).


    II.

    Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide sind rechtmäßig
    und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100
    Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit sie den Gewinnanteil aus der Tätigkeit
    der Klägerin als Praxisbetreiberin - mit ihren Mitarbeitern/Honorarkräften
    - betreffen (unten 1.). Insoweit hat das FA die von der Klägerin
    in den Streitjahren entfaltete Tätigkeit zu Recht als gewerblich
    i. S. d. § 15 EStG beurteilt; insoweit sind auch zu Recht
    Gewerbesteuermessbescheide ergangen.


    Soweit die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide den von der
    Klägerin durch ihre persönliche, als freiberuflich
    i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizierende Tätigkeit
    am Patienten erwirtschafteten Gewinnanteil enthalten, sind sie rechtswidrig
    und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (unten 2.).
    Die ausgeübten Tätigkeiten der Klägerin
    als gewerblich - mit ihren Mitarbeitern/Honorarkräften
    - tätige Praxisbetreiberin einerseits und als freiberuflich
    tätige Krankengymnastin andererseits sind entgegen der
    Ansicht des FA zu trennen (unten 3.).


    1. Die Klägerin hat in
    den Streitjahren als Praxisinhaberin - mit ihren Mitarbeitern/Honorarkräften
    - gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 15 EStG erzielt
    und ist insoweit gewerbesteuerpflichtig.


    a. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Gewerbesteuergesetz
    (GewStG) unterliegt jeder im Inland betriebene stehende Gewerbebetrieb
    der Gewerbesteuer. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist unter
    Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des EStG zu
    verstehen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist Gewerbebetrieb
    eine selbständige nachhaltige Betätigung, die
    mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung
    am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung
    weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als
    Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige
    Arbeit (im Sinne des Einkommensteuerrechts) anzusehen ist. Nach § 18
    Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG ist die selbständige Berufstätigkeit
    eines Krankengymnasten eine freiberufliche und damit keine gewerbliche
    Tätigkeit.


    Dies gilt gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1
    Satz 3 EStG auch dann, wenn sich ein Angehöriger eines
    freien Berufes der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte
    bedient; Voraussetzung ist dabei allerdings, dass er auf Grund eigener
    Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.
    Wesentliches Merkmal der freiberuflichen Tätigkeit zur
    Abgrenzung gegenüber der gewerblichen Tätigkeit
    ist die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung
    des Freiberuflers (BFH-Urteil vom 08.10.2008 VIII R 74/05, BFHE 223, 261, BStBl II 2009,
    238).


    aa. Unter Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte
    ist eine Tätigkeit zu verstehen, welche die Arbeit des
    Berufsträgers jedenfalls in Teilbereichen ersetzt und nicht
    nur von untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Urteile vom 04.07.2007 VIII R 77/05, BFH/NV
    2008, 53; vom 22.01.2004 IV R 51/01, BFHE 205, 151, BStBl II 2004,
    509; Urteil des FG Hamburg vom 27.05.2009 2 K 72/07, EFG 2009, 1651).


    bb. Die Tatbestandsmerkmale leitend und eigenverantwortlich stehen
    selbständig nebeneinander mit der Folge, dass auch eine
    besonders intensive leitende Tätigkeit, zu der unter anderem
    die Organisation des Sach- und Personalbereichs, Arbeitsplanung,
    Arbeitsverteilung, Aufsicht über Mitarbeiter und deren
    Anleitung und die stichprobenweise Überprüfung
    der Ergebnisse gehören, die eigenverantwortliche Tätigkeit
    nicht zu ersetzen vermag (BFH-Urteile vom 20.12.2000 XI R 8/00, BFHE 194, 206, BStBl II 2002, 478;
    vom 30.09.1999 V
    R 56/97, BFHE 189, 569, DStR 2000, 18;
    Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 19.06.2007 6 K 10865/03, DStRE 2008, 337).


    Eine aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenverantwortlich ausgeübte
    Tätigkeit liegt nur vor, wenn die persönliche
    Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in
    ausreichendem Umfang gewährleistet ist (BFH-Urteile vom
    26.01.2011 VIII
    R 29/08, BFH/NV 2011, 1314; vom 15.12.2010 VIII R 37/09, BFH/NV
    2011, 1303; Urteil des FG Köln vom 24.10.2012 15 K 4041/10,
    juris). Insbesondere erschöpft sich die Eigenverantwortlichkeit
    nicht darin, dass der Berufsträger nach außen
    die Verantwortung für die Durchführung des einzelnen
    Auftrages trägt, da der Begriff eigenverantwortlich nicht
    die berufs- oder zivilrechtliche Verantwortlichkeit oder eine sonstige
    außersteuerrechtliche Verantwortlichkeit des Steuerpflichtigen
    meint (Urteil des FG Berlin vom 26.04.2001 4 K 4005/99, EFG 2001, 1311).
    Die Ausführung jedes einzelnen Auftrages muss vielmehr
    ihm selbst und nicht qualifizierten Mitarbeitern, den Hilfskräften,
    den technischen Hilfsmitteln oder dem Unternehmen als Ganzem zuzurechnen
    sein (BFH-Urteile vom 31.08.2005 IV B 205/03, BFH/NV
    2006, 48; vom 05.06.1997 IV R 43/96, BFHE 183, 424, BStBl II 1997,
    681; 21.03.1995 XI R 85/93, BFHE 177, 377, BStBl II 1995,
    732). Die Arbeitsleistung muss den „Stempel der
    Persönlichkeit” des betreffenden Berufsträgers
    tragen (BFH-Urteile vom 26.01.2011 VIII R 29/08 BFH/NV
    2011, 1314; vom 05.06.1997 IV R 43/96, BFHE 183, 424, BStBl II 1997,
    681; BFH-Beschluss vom 31.08.2005 IV B 205/03, BFH/NV
    2006, 48). Dies ist beispielsweise dann nicht der Fall,
    wenn ein Krankengymnast sowohl die Anamnese als auch den Großteil
    der anfallenden Patientenbehandlungen den fachlich vorgebildeten
    Mitarbeitern selbstständig überlässt
    (BFH-Beschluss vom 31.08.2005 IV B 205/03, BFH/NV
    2006, 48 sowie BFH-Urteil vom 20.12.2000 XI R 8/00, BFH/NV
    2001, 858); denn ein Krankengymnast schuldet im Rahmen
    seiner Tätigkeit eine höchstpersönliche
    individuelle Arbeitsleistung am Patienten (Urteil des FG Münster
    vom 27.08.2003 7
    K 2393/01 G, juris), wobei es erforderlich ist, dass
    er einen wesentlichen Teil der Pflegearbeiten selbst übernimmt
    (vgl. BFH-Urteil vom 22.01.2004 IV R 51/01, BFHE 205, 151, BStBl II 2004,
    509 zum Krankenpfleger). Dabei kann ein eigenverantwortliches
    Tätigwerden auch dann angenommen werden, wenn der Berufsträger aufgrund
    seiner Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende
    Kontrollen maßgeblich auf die Behandlung bei jedem einzelnen
    Patienten Einfluss nimmt (BFH-Beschluss vom 27.01.2004 IV B 135/01, BFH/NV
    2004, 783 zum Krankenpfleger). Die bloße gelegentliche
    fachliche Überprüfung der Mitarbeiter bzw. die
    Kenntnisnahme, Kontrolle und Nachprüfung der Ergebnisse seiner
    Mitarbeiter ist hingegen nicht ausreichend (vgl. BFH-Urteil vom 20.12.2000 XI R 8/00, BFHE 194, 206, BStBl II 2002,
    478; BFH-Beschluss vom 21.01.1999, XI B 126/96, BFH/NV
    1999, 822).


    b. Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall
    ist die Tätigkeit der Klägerin als Praxisbetreiberin
    - mit ihren Mitarbeitern/Honorarkräften - in den
    Streitjahren als gewerblich zu qualifizieren, da sie insoweit zwar
    leitend, aber nicht eigenverantwortlich tätig geworden
    ist.


    aa. Aufgrund der schriftsätzlichen Angaben der Klägerin
    sowie ihrer Ausführungen im Erörterungstermin
    bestehen keine Zweifel daran, dass sie leitend tätig geworden
    ist.


    bb. Nach der von der Klägerin vorgetragenen und im Erörterungstermin selbst
    geschilderten Arbeitsdurchführung ist während
    der Streitjahre eine eigenverantwortliche Behandlung der einzelnen
    Patienten nicht gewährleistet worden. Die Klägerin
    hat nicht - wie erforderlich (oben II. 1. a. bb.) - über
    Erstgespräch, gelegentliche Kontrollen und Abrechnungskontrolle
    hinausgehend bei jedem einzelnen Patienten auf die Behandlung Einfluss genommen
    und dazu jeweils selbst zumindest die Anamnese und zwischenzeitliche
    Kontrollen durchgeführt.


    aaa. Nach den glaubhaften eigenen Angaben der Klägerin
    sind von ihren Mitarbeitern/Honorarkräften ca.
    54 (3 Räume zu 9 Stunden zu 80 % Auslastung; vgl.
    oben A. IV) Behandlungen bei einer durchschnittlichen Behandlungsdauer
    von 24 Minuten (5 Termine in 2 Stunden) durchgeführt worden, während
    sie selbst neben der Organisation eigene Behandlungen durchgeführt
    und einen Hausbesuch pro Woche vorgenommen hat. Bereits die Anzahl
    der arbeitstäglich von den Mitarbeitern/Honorarkräften
    behandelten Patienten begründet für die Streitjahre
    unwiderlegte Zweifel daran, dass die Klägerin - die durch
    eigene Behandlungen, die Organisation und den Hausbesuch gebunden
    war - Einfluss auf die Behandlung jedes einzelnen der durch die
    Mitarbeiter/Honorarkräfte behandelten Patienten
    genommen hat.


    bbb. Insoweit ist es vor allem nicht als ausreichend anzusehen,
    dass die Klägerin - ihren diesbezüglichen Vortrag
    als wahr unterstellt - jede ärztliche Verordnung inhaltlich
    und formell überprüft, sich permanent einen Überblick über
    den eigenen Praxisablauf verschafft, Qualitätssicherungsmaßnahmen
    durchgeführt, die Dokumentation des Behandlungsverlaufes sichergestellt,
    eine Verlaufsdokumentation geführt sowie in der Regel die Terminsabstimmung
    mit den Patienten vorgenommen hat. Denn diese Tätigkeiten
    beinhalten im Wesentlichen die Wahrnehmung organisatorischer Aufgaben
    im Rahmen der Leitungsfunktion der Klägerin.


    ccc. Die Anamnese und auch den Großteil der anfallenden
    Patientenbehandlungen hat die Klägerin in den Streitjahren
    ihren fachlich vorgebildeten Mitarbeitern selbständig überlassen.
    Den in der Klagebegründungsschrift vom 14.10.2011 enthaltenen
    Vortrag, jeder Neupatient, der bisher nicht in ihrer Praxis behandelt
    worden sei, werde zuerst von ihr, der Klägerin, begutachtet (oben
    A. IV.), hat die Klägerin im Erörterungstermin
    am 10.06.2013 zumindest im Hinblick auf die Streitjahre dahingehend
    relativiert, dass sie erklärte, im Rahmen der - regelmäßig
    von ihr vorgenommenen - telefonischen Erstterminvereinbarung habe
    sie die Patienten nach der ärztlichen Diagnose und dem
    Indikationsschlüssel gefragt und anschließend
    die Zuordnung zu sich selbst oder für den Fall, dass sie
    selbst keine Patienten mehr habe übernehmen können,
    zu einem Therapeuten innerhalb ihrer Praxis vorgenommen. Eine weitergehende
    Untersuchung/Befundung durch sie an denjenigen Patienten,
    die von Mitarbeitern/Honorarkräften behandelt
    wurden, sei nicht erfolgt. Diese von der Klägerin vorgetragene
    Organisation lässt erkennen, dass der persönliche
    Dienst der Klägerin an den Patienten der Mitarbeiter/der
    Honorarkräfte in den Hintergrund getreten ist. Die ausführliche
    Anamnese, d. h. die Aufnahme der individuellen Krankengeschichte
    des Patienten - über die bei der Terminvereinbarung erfragten
    Informationen wie ärztliche Diagnose und Indikationsschlüssel
    hinaus - hat sie dem jeweils behandelnden Mitarbeiter überlassen,
    welcher so als Einziger ausführlich über die speziellen
    Einzelheiten der zu behandelnden Beschwerden persönlich informiert
    worden ist. Auch nach Beendigung der Behandlung hat die Klägerin
    regelmäßig kein abschließendes Gespräch
    mit den Patienten über die erfolgte Behandlung oder ggf.
    zu beachtende Maßnahmen geführt. Die Klägerin
    ist seitens der Mitarbeiter/Honorarkräfte nur
    dann noch einmal konsultiert worden, wenn es zu Problemen bei der
    Behandlung kam. Eine maßgebliche Beeinflussung der einzelnen
    Aufträge durch die Klägerin hat bei einer solchen
    Arbeitsweise nicht vorgelegen.


    ddd. Dem Merkmal der „Eigenverantwortlichkeit” wird
    selbst dann nicht Genüge getan, wenn die bestrittene Behauptung
    der Klägerin als wahr unterstellt wird, sie habe die Mitarbeiter/Honorarkräfte
    regelmäßig im Anschluss an den ersten Termin eines
    neuen Patienten nach dem Verlauf des Termins und den Vorstellungen/Wünschen
    des Therapeuten einerseits und des Patienten andererseits befragt
    und sich auch bei Gelegenheit bei den Patienten nach dem Therapieverlauf
    erkundigt. Denn in diesen nur zu Beginn der Behandlung bzw. bei
    Gelegenheit geführten Gesprächen ist keine hinreichend
    zuverlässige persönliche patientenbezogene Einwirkung
    zu sehen, die den Leistungen der Mitarbeiter/Honorarkräfte
    den Stempel der Persönlichkeit der Klägerin aufgedrückt
    haben könnte.


    2. Die Einkünfte der Klägerin
    aus den eigenen krankengymnastischen Behandlungen sind demgegenüber
    nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern als Einkünfte
    aus freiberuflicher Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs.
    1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren.


    Hinsichtlich der von der Klägerin selbst vorgenommenen
    Behandlungen handelt es sich um die für den Katalogberuf
    des Krankengymnasten berufstypische Tätigkeit, die vor
    allem aktive und passive Therapien zur Wiederherstellung und Erhaltung
    der Gesundheit umfasst (BFH-Urteil vom 06.09.2006 XI R 64/05, BFHE 215, 119, BStBl II 2007,
    177).


    3. Die ausgeübten Tätigkeiten
    der Klägerin - als gewerblich tätige Praxisbetreiberin
    einerseits und als freiberuflich tätige Krankengymnastin
    andererseits - sind zu trennen.


    a. Ein Einzelunternehmer kann grundsätzlich verschiedene
    Unternehmen nebeneinander betreiben (BFH-Beschluss vom 21.12.2000 X B 111/00, BFH/NV
    2001, 816; Urteil des FG Münster vom 16.02.2012 3 K 2194/09
    G, F, EFG
    2012, 1580). Die Einkünfte aus diesen Unternehmen
    können verschieden qualifiziert werden. Übt ein
    Steuerpflichtiger sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche
    Tätigkeit aus, so sind die Tätigkeiten zu trennen, sofern
    dies nach der Verkehrsauffassung möglich ist (BFH-Urteil
    vom 25.03.2009 IV
    R 21/06, BFHE 224, 522, BStBl II 2010,
    113; BFH-Beschluss vom 22.01.2009 VIII B 153/07, BFH/NV
    2009, 758). Dies gilt auch dann, wenn sachliche und wirtschaftliche Bezugspunkte
    zwischen den verschiedenen Tätigkeiten bestehen (BFH-Urteil
    vom 08.10.2008 VIII
    R 53/07, BFHE 223, 272, BStBl II 2009,
    143). Eine einheitliche Beurteilung der Tätigkeiten
    ist lediglich dann vorzunehmen, wenn die Tätigkeitsmerkmale
    so miteinander verflochten sind und sich die Tätigkeiten
    gegenseitig so unlösbar bedingen, dass eine Trennung gegen
    die Verkehrsauffassung verstoßen würde (BFH-Urteile
    vom 10.06.2008 VIII
    R 101/04, BFH/NV 2008, 1824; vom 17.01.2007 XI R 19/05, BFH/NV
    2007, 1315); diese einheitliche Tätigkeit ist
    dann steuerlich danach zu qualifizieren, ob das freiberufliche oder
    das gewerbliche Element vorherrscht (BFH-Urteil vom 11.07.1991 IV R 102/90, BFHE 166, 36, BStBl II 1992,
    413). Die Geprägetheorie, wonach eine nicht nur
    als unbedeutende Nebentätigkeit einzustufende gewerbliche
    Tätigkeit der gesamten Tätigkeit der unternehmerisch
    tätigen Person das Gepräge gibt, gilt beim Einzelunternehmer
    nicht (BFH-Beschluss vom 25.07.2000 XI B 41/00, BFH/NV
    2001, 204). Schuldet ein Steuerpflichtiger gegenüber
    seinem jeweiligen Auftraggeber einen einheitlichen Erfolg, so ist
    auch die zur Durchführung des Auftrags erforderliche Tätigkeit
    regelmäßig als einheitliche zu beurteilen (vgl.
    BFH-Urteile vom 02.10.2003 IV R 48/01, BFHE 204, 80, BStBl II 2004,
    363; vom 07.11.1991 IV R 17/90, BFHE 166, 443, BStBl II 1993, 324).


    Die getrennte Beurteilung ist nicht nur bei wesensmäßig
    verschiedenen Tätigkeiten geboten, sondern auch dann, wenn
    zwischen den verschiedenen Tätigkeiten gewisse sachliche
    und wirtschaftliche Berührungspunkte vorliegen, mithin
    eine gemischte Tätigkeit gegeben ist. Dabei steht der Trennung nicht
    entgegen, dass die Tätigkeiten in demselben Betrieb entfaltet
    wurden und daher die für den Betrieb anfallenden Gemeinkosten
    nicht von vornherein den einzelnen Tätigkeitsbereichen
    zugeordnet wurden. Eine leichte und einwandfreie Trennbarkeit erfordert
    nicht eine getrennte Buchführung (BFH-Urteile vom 25.03.2009 IV R 21/06, BFHE 224, 522, BStBl II 2010,
    113; vom 08.10.2008 VIII R 53/07, BFHE 223, 272, BStBl II 2009,
    143).


    b. In Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat der
    Auffassung, dass das Betreiben der physiotherapeutischen Praxis
    von der freiberuflichen physiotherapeutischen Tätigkeit
    der Klägerin zu trennen ist. Die freiberufliche Tätigkeit
    der Klägerin als selbst behandelnde Krankengymnastin stellt
    sich nicht als Ausfluss der gewerblichen Tätigkeit als
    Praxisbetreiberin dar; ebenso wenig wird von der Klägerin
    den Patienten ein einheitlicher Erfolg geschuldet, der freiberufliche
    und gewerbliche Leistungen beinhaltet. Insbesondere sind die Tätigkeitsbereiche
    der Klägerin nach den unterschiedlichen Auftraggebern,
    d.h. nach den einzelnen behandelten Patienten, einfach zu trennen.


    Daher ist lediglich der Teil des Gewinns der Klägerin,
    den sie aus ihrer Tätigkeit als gewerblich tätige
    Praxisinhaberin erzielt hat, als Gewinn aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren
    und der Gewerbesteuer zu unterwerfen.


    c. In der Gewinn- und Verlustrechnung der Klägerin sind
    keine getrennten Zahlen für die beiden Tätigkeiten
    enthalten, so dass das Gericht gem. § 96 Abs. 1 Satz 1
    Halbsatz 2 FGO i. V. m. § 162 AO eigenständig
    zu schätzen hat.


    Das Gericht kommt danach unter Würdigung aller Umstände
    zu dem Ergebnis, dass in den Streitjahren jeweils ein freiberuflicher
    Anteil von 25 % des Gesamtgewinns als am wahrscheinlichsten
    anzunehmen ist. Dabei geht es zunächst von den durch den
    Berater in seinem Schriftsatz vom 12.06.2009 (oben A. II. 2.) aufgeführten
    Umsatzzahlen in den Jahren 2007 und 2008 aus, wonach der Anteil
    der Klägerin an den Gesamtumsätzen in dem Jahr 2007
    21,28 % sowie in dem Jahr 2008 22,70 % betragen
    hat. Das Gericht sieht keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln.
    Diese Angaben und die Schätzung eines freiberuflichen Anteils
    in Höhe von 25 % werden durch die unstreitigen
    Angaben der Klägerin zu ihrem eigenen Arbeitseinsatz (ausschließliche
    Selbstnutzung eines der vier Behandlungsräume; wochentags ganztägige
    Tätigkeit) gestützt.


    Das Gericht geht weiter davon aus, dass die Klägerin
    in dem Jahr 2009 einen vergleichbar hohen Anteil am Gesamtumsatz
    erzielte wie in den Jahren 2007 und 2008. Auch wenn der Berater
    in seinem Schreiben vom 12.06.2009 (oben A. II. 2.) mitteilte, die
    Klägerin habe sich im Laufe des Jahres 2008 von mehreren
    Honorarkräften getrennt, so sprechen die im Jahr 2009 gegenüber
    den Jahren 2007 und 2008 erheblich gestiegenen Personalkosten (oben A.
    II. 1., 2. und 4.) dafür, dass die Klägerin diesen
    teilweisen Wegfall von Arbeitskräften durch ihre Mitarbeiter
    und nicht durch erhöhte Eigenarbeit kompensiert hat.


    Da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Anteile
    am Gesamtgewinn abweichend von den Umsatzanteilen zu verteilen sind,
    schätzt das Gericht die Gewinnanteile in Übereinstimmung
    mit den Umsatzanteilen, wobei es eine geringfügige Aufrundung
    zugunsten der Klägerin vornimmt. Diese Aufrundung beruht
    auf der Annahme, dass die Klägerin aufgrund von Vertretungen
    sowie der Übernahme bzw. intensiven Betreuung von Problempatienten
    darüber hinaus bei einigen der ursprünglich den
    Mitarbeitern/Honorarkräften zugerechneten Patienten
    eigenverantwortlich tätig geworden ist. Bei dem (nur geringen)
    Umfang dieser Hinzuschätzung hat das Gericht insbesondere
    berücksichtigt, dass Unsicherheiten zu Lasten desjenigen gehen,
    der beweisbelastet ist. Die Darlegungs- und materielle Beweislast bzgl.
    des Anteils des auf die freiberufliche Tätigkeit entfallenden
    Gewinnanteils oblag der Klägerin (vgl. BFH-Urteile vom
    08.10.2008 VIII
    R 74/05, BFHE 223, 261, BStBl II 2009,
    238 und vom 30.03.1994 I R 54/93, BFHE 175, 40, BStBl II 1994,
    864). Sie hat jedoch nicht dargelegt und nachgewiesen,
    in welcher Höhe sie Umsätze/Gewinne aus
    ihrer eigenen Tätigkeit erwirtschaftet hat, so dass es
    nicht gerechtfertigt ist, dass sie durch eine (zu) großzügige Schätzung
    zu ihren Gunsten einen Vorteil aus ihrem Verhalten zieht (vgl. Urteil
    des FG Hamburg vom 07.09.2010 3 K 13/09, EFG 2010, 2057;
    BFH-Beschlüsse vom 07.04.2003 V B 28/02, BFH/NV
    2003, 1195; vom 09.03.1998 X B 42/97, BFH/NV
    1998, 1125).


    III.

    1. a. Da die Klägerin und
    der Klägervertreter jeweils ordnungsgemäß geladen worden
    sind und die Ladungen jeweils den nach § 91 Abs. 2 FGO
    vorgeschriebenen Hinweis enthalten haben, dass beim Ausbleiben eines
    Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne
    (oben A V. 4.), kann die Entscheidung trotz Fernbleibens der Klägerin
    und des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung
    ergehen (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Januar 2006 II B 54/05, BFH/NV
    2006, 797).


    b. Der Termin zur mündlichen Verhandlung war nicht aufzuheben
    oder zu verlegen. Gemäß § 155 FGO in
    Verbindung mit § 227 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung
    (ZPO) kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben
    oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Ein erheblicher Grund
    für eine Terminsänderung lag jedoch nicht vor.
    Teilt ein Beteiligter erst „in letzter Minute” eine
    plötzliche Erkrankung mit, so reicht die Behauptung einer
    Erkrankung nicht aus; der Beteiligte ist vielmehr auch ohne besondere
    Aufforderung verpflichtet, die Gründe für die
    Verhinderung so anzugeben und zu untermauern, dass das Gericht die
    Frage, ob der Beteiligte verhandlungsunfähig ist oder nicht,
    selbst beurteilen kann (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 15.03.2012 1 K 257/11, juris).
    In einem solchen Fall reicht gewöhnlich die Vorlage eines
    substantiierten privatärztlichen Attestes aus, aus dem
    sich die Verhandlungsunfähigkeit eindeutig und nachvollziehbar
    ergibt (BFH-Beschluss vom 17.05.2000 IV B 86/99, BFH/NV
    2000, 1353). Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin
    hat jedoch - trotz eines entsprechenden Hinweises (oben A. V. 4.)
    - kein Attest vorgelegt.


    2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136
    Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. FGO.


    3. Die Entscheidung über die vorläufige
    Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.
    V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.


    4. Gründe, die Revision gemäß § 115
    Abs. 2 FGO zuzulassen, liegen nicht vor.

    VorschriftenEStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, GewStG § 2 Abs. 1, AO § 122 Abs. 1 Nr. 1