07.01.2014
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 10.09.2013 – 3 K 80/13
1. Eine aufgrund eigener Fachkenntnisse
eigenverantwortlich ausgeübte Tätigkeit eines
Krankengymnasten liegt nur vor, wenn er - hinausgehend über Erstgespräch,
gelegentliche Kontrollen und Abrechnungskontrolle - bei jedem einzelnen
Patienten auf die Behandlung Einfluss nimmt und dazu jeweils selbst
zumindest die Anamnese und zwischenzeitliche Kontrollen durchführt.
2. Ein Krankengymnast kann nebeneinander eine
gewerbliche (als Praxisinhaber) und eine freiberufliche Tätigkeit
(als selbst Behandelnder) ausüben. Die Tätigkeiten
sind steuerlich getrennt zu behandeln, wenn eine Trennung z. B. nach
den einzelnen behandelten Patienten ohne besondere Schwierigkeiten möglich
ist oder der Umfang der Tätigkeit anhand bekannter Daten geschätzt
werden kann.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin
aus ihrer Tätigkeit als Krankengymnastin mit eigener Krankengymnastik-Praxis
in den Jahren 2007 bis 2009 Einkünfte aus selbständiger
Tätigkeit nach § 18 Einkommensteuergesetz (EStG)
oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15
EStG erzielt hat und sie dementsprechend der Gewerbesteuer unterliegt.
I.
1. Die Klägerin ist gelernte
Krankengymnastin; seit dem Jahr 2001 führt sie ihre eigene
Praxis für Krankengymnastik. In ihrer Praxis bietet die
Klägerin folgende Therapien an: ... Die Klägerin
besitzt das für die Anwendung der Therapien ... und ...
erforderliche Zertifikat. Alle in der Praxis angebotenen Therapien
werden von der Klägerin selbst angewendet, mit Ausnahme
der ... Therapie.
2. Die Klägerin beschäftigte
in den Streitjahren jeweils 4 bis 5 festangestellte Mitarbeiter,
die jeweils 20 bis 30 Wochenstunden tätig waren. Im Jahr
2007 kam es in der Praxis zu einer erheblichen Auftragszunahme.
Diese war von der Klägerin mit ihren angestellten Mitarbeitern
alleine nicht zu bewältigen, so dass die Klägerin
in den Streitjahren zusätzlich jeweils 3 bis 4 Honorarkräfte
beschäftigte.
Die Praxis verfügte in den Streitjahren über
4 zugelassene Behandlungsräume, wovon ein Raum ausschließlich
von der Klägerin genutzt wurde.
3. Die Klägerin selbst war in den
Streitjahren täglich ca. 10 Stunden pro Tag (an fünf
Tagen pro Woche) tätig; jeweils am Sonnabend tätigte
die Klägerin zusätzlich einen Hausbesuch.
4. Die Klägerin vergab die Behandlungstermine
in den Streitjahren überwiegend selbst. Da es keine Rezeptionskraft
gab, lief während der Behandlungszeiten ein Anrufbeantworter.
Die Klägerin hörte den Anrufbeantworter so oft wie
möglich ab und rief bei Bedarf die Anrufer zurück
und vereinbarte Behandlungstermine. Es kam jedoch auch vor, dass
Mitarbeiter der Klägerin Anrufe von Patienten entgegengenahmen/den
Anrufbeantworter abhörten und Termine vergaben.
Bei der Terminvergabe ging die Klägerin in der Weise
vor, dass sie zunächst versuchte, neue Patienten bei sich
selbst unterzubringen. Falls dies nicht möglich war, teilte
sie die Patienten einem anderen Therapeuten innerhalb ihrer Praxis
zu.
Sofern sich die Gelegenheit ergab, sprach die Klägerin
die Patienten, die sie nicht selbst behandelte, direkt auf den Therapieerfolg
an. Zu Beginn jeder Therapie prüfte die Klägerin
das von den Patienten vorgelegte Rezept; zum Ende der Therapie ließ sie
sich von dem Therapeuten einen Therapiebericht vorlegen und prüfte,
ob die erforderlichen Unterschriften des Patienten auf dem Rezept
erbracht worden waren.
II.
1. Für 2007 erklärte
die Klägerin in der am 06.02.2009 eingereichten Einkommensteuererklärung
ihre Einkünfte als Krankengymnastin in Höhe von
... Euro als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit
(Einnahmen ... Euro; Personalkosten ... Euro; Ausgaben für
Honorarkräfte ... Euro).
2. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) wies
die Klägerin und ihren Ehemann mit Schreiben vom 13.05.2009
(Einkommensteuerakte -ESt-A- Bl. 47) auf seine Absicht hin, die
Einkünfte der Klägerin als gewerbliche Einkünfte
zu behandeln. Zur Begründung führte das FA aus,
nach dem Umfang der Fremdleistungen liege keine eigenverantwortliche
Tätigkeit mehr vor (Gesamtumsatz ... Euro; Aufwand für
Honorarkräfte ... Euro; Personalkosten über ...
Euro). Da somit weit über die Hälfte der Leistungen
nicht unmittelbar von der Klägerin erbracht würde,
könne nicht mehr davon gesprochen werden, dass sämtliche
Leistungen den vom Bundesfinanzhof (BFH) geforderten „Stempel
der Persönlichkeit” der Klägerin trügen.
Der durch die Klägerin am 08.12.2008 bevollmächtigte
(Einzel-)Steuerberater (Berater) nahm mit Schreiben vom 12.06.2009
zu der beabsichtigten Einkunftsumqualifizierung Stellung (ESt-A
Bl. 48). Er führte aus, unter Berücksichtigung
der jeweils von den Honorarkräften, den angestellten Mitarbeitern
und der Klägerin selbst erwirtschafteten Gewinne trage
die Arbeitsleistung der Klägerin zusammen mit ihren angestellten
Mitarbeitern auf jeden Fall den „Stempel der Persönlichkeit” (in
2007 ... Euro Umsatz bzw. ... Euro Gewinn der Klägerin
durch die Honorarkräfte, ... Euro Umsatz bzw. ... Euro
Gewinn der Klägerin durch die angestellten Mitarbeiter
sowie ... Euro „direkter Umsatz und Gewinn” der
Klägerin; in 2008 ... Euro Umsatz bzw. ... Euro Gewinn
der Klägerin durch die Honorarkräfte, ... Euro Umsatz
bzw. ... Euro Gewinn der Klägerin durch die angestellten
Mitarbeiter sowie ... Euro „direkter Umsatz und Gewinn” der
Klägerin).
Ergänzend erläuterte der Berater, die Klägerin
habe, nachdem sie ab dem Jahr 2007 aufgrund der erheblichen Auftragszunahme
Honorarkräfte hinzugezogen habe, im Verlauf des Jahres
2008 festgestellt, dass sich dieses Konzept mit dem verstärkten
Einsatz von Fremdarbeiten nicht bewährt habe. Den erhöhten
Koordinationsaufwand, der von der Klägerin wegen der Honorarkräfte
zu bewältigen gewesen sei, habe sie nicht mehr leisten
können. Sie habe weiterhin festgestellt, dass die Behandlungsqualität
unter dieser Organisationsform gelitten habe. Das Konzept mit den
zusätzlichen Honorarkräften habe sich auch deshalb
nicht bewährt, da sie, die Klägerin, die Eigenverantwortung
für den Therapieverlauf der Patienten habe behalten wollen.
Sie habe sich daraufhin im Laufe des Jahres 2008 von mehreren Honorarkräften
getrennt.
Am 02.07.2009 erließ das FA den Bescheid für
2007 über den Gewerbesteuermessbetrag (... Euro) und den
Bescheid für 2007 über die Gewerbesteuer (...
Euro), der zusätzlich die Festsetzung von Vorauszahlungen
für die Erhebungsjahre 2009 und 2010 enthielt. Am selben
Tag ergingen die Bescheide für 2008 über den Gewerbesteuermessbetrag
für Zwecke der Vorauszahlungen (... Euro) sowie über
die Gewerbesteuer für Zwecke der Vorauszahlungen (... Euro).
3. Für 2008 erklärte die
Klägerin in der am 01.03.2010 eingereichten Einkommensteuererklärung
die Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Krankengymnastin in
Höhe von ... Euro als Einkünfte aus Gewerbebetrieb
(Einnahmen ... Euro; Personalkosten ... Euro; Ausgaben für
Honorarkräfte ... Euro). Am 17.02.2010 reichte sie „unter
Vorbehalt” eine entsprechende Gewerbesteuererklärung
ein.
Die Bescheide für 2008 über den Gewerbesteuermessbetrag
(... Euro) und über die Gewerbesteuer (... Euro) ergingen
am 10.08.2010.
4. Für 2009 erklärte die
Klägerin in der am 04.03.2011 eingereichten Einkommensteuererklärung
die Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Krankengymnastin in
Höhe von ... Euro als Einkünfte aus Gewerbebetrieb
(Einnahmen ... Euro; Personalkosten ... Euro; Ausgaben für
Honorarkräfte ... Euro). Am gleichen Tag reichte sie „unter
Vorbehalt” eine entsprechende Gewerbesteuererklärung
ein.
Die Bescheide für 2009 über den Gewerbesteuermessbetrag
(... Euro) und über die Gewerbesteuer (... Euro) ergingen
am 29.04.2011.
III.
1. Gegen den „Gewerbesteuerbescheid
2007 vom 02.07.2009 und die Vorauszahlungen für Gewerbesteuer
2008/2009” legte die Klägerin am 30.07.2009 jeweils
Einspruch ein (Gewerbesteuerakte -GewSt-A- Bl. 8) und wandte sich gegen
die vorgenommene Qualifizierung der Einkünfte als gewerbliche
Einkünfte. Am 19.10.2009 zeigte die am 17.08.2009 durch
die Klägerin und ihren Ehemann bevollmächtigte
Steuerberater- und Rechtsanwaltssozietät (Sozietät)
gegenüber dem FA an, die rechtlichen Interessen der Klägerin
in dem Einspruchsverfahren zu vertreten (ESt-A Bl. 63). Mit Schreiben
vom 10.11.2009 übersandte die Sozietät dem FA
die auf sie lautende Vollmacht (ESt-A vor Bl. 1).
2. Nachdem das FA die Klägerin und
die Sozietät mehrfach erfolglos um die Begründung
der Einsprüche für 2007 und 2008 gebeten hatte,
wies das FA die Einsprüche vom 30.07.2009 (oben 1.) mit
Einspruchsentscheidung vom 26.05.2010 als unbegründet zurück
(GewSt-A Bl. 12). Die Einspruchsentscheidung wurde am 27.05.2010
per einfachen Brief an die Sozietät zur Post gegeben.
3. Gegen die Bescheide für 2009 über
den Gewerbesteuermessbetrag und über die Gewerbesteuer
vom 29.04.2011 legte die Klägerin am 05.05.2011 durch ihren
Berater jeweils Einspruch unter Hinweis auf ein noch schwebendes Einspruchsverfahren
ein (GewSt-A Bl. 29).
4. Betreffend 2009 wies das FA mit Schreiben
vom 11.05.2011 den Berater darauf hin, dass es derzeit kein schwebendes
Verfahren gebe, da die Einsprüche gegen den Gewerbesteuerbescheid
2007 sowie den Vorauszahlungsbescheid 2008 mit Einspruchsentscheidung
vom 26.05.2010 als unbegründet zurückgewiesen
worden seien (GewSt-A Bl. 30).
Daraufhin wies das FA den Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbetrag 2009
mit Einspruchsentscheidung vom 24.06.2011 als unbegründet
zurück (GewSt-A Bl. 31). Zur Begründung nahm das
FA Bezug auf das vorgenannte Schreiben. Die Einspruchsentscheidung
vom 24.06.2011 wurde am selben Tag per einfachen Brief an den Berater
zur Post gegeben.
5. Mit Schreiben vom 28.06.2011 wandte sich
die Sozietät an das FA und teilte mit, sie habe über
ihre Mandantschaft erfahren, dass eine Einspruchsentscheidung unter dem
26.05.2010 ergangen sei, mit der die Einsprüche der
Klägerin vom 30.07.2009 gegen den Gewerbesteuerbescheid
2007 und den Vorauszahlungsbescheid 2008 vom 02.07.2009 als unbegründet
zurückgewiesen worden seien (GewSt-A Bl. 31a). Eine solche
Entscheidung habe ihre Kanzlei nicht erreicht. Sie bitte daher um Übersendung
der entsprechenden Einspruchsentscheidung an ihre Kanzleianschrift.
Der guten Ordnung halber weise sie darauf hin, dass sie als Rechtsanwalts-
und Steuerkanzlei ein lückenloses Posteingangsbuch führe und
somit Beweis antreten könne, dass das vermeintliche Schreiben
des FA sie zu dem genannten Zeitpunkt nicht erreicht habe. Höchst
vorsorglich werde Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt.
6. Am 06.07.2011 übersandte das FA
die Einspruchsentscheidung vom 26.05.2010 betreffend 2007 und 2008
(oben III. 2) unter Abänderung des ursprünglichen
Datums auf den 06.07.2011 per Postzustellungsurkunde an die Sozietät
(GewSt-A Bl. 36). Obwohl am 10.08.2010 Bescheide für 2008 über
den Gewerbesteuermessbetrag und über die Gewerbesteuer
erlassen worden waren (oben II. 3.), nahm das FA keine entsprechende Änderung/Anpassung
der Einspruchsentscheidung vor. Die Einspruchsentscheidung wurde
der Sozietät am 08.07.2011 zugestellt (GewSt-A Bl. 37).
IV.
Die Klägerin hat am 27.07.2011 gegen die Bescheide
für 2009 über den Gewerbesteuermessbetrag und
die Gewerbesteuer vom 29.04.2011 Klage erhoben (Az.: 5 K 182/11). Am
03.08.2011 hat sie gegen die Bescheide für 2007 über
den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer vom 02.07.2009
sowie die Vorauszahlungsbescheide über den Gewerbesteuermessbetrag
und die Gewerbesteuer ab 2008 vom 02.07.2009 Klage erhoben (Az.: 5 K 189/11). Das
Gericht hat die Verfahren mit Beschluss vom 26.10.2011 zur gemeinsamen Verhandlung
und Entscheidung verbunden. Nachdem die Klägerin ihre
Klage bzgl. der Folgebescheide Gewerbesteuer 2007 und 2009 zurückgenommen
hat, hat das Gericht mit Beschluss vom 10.06.2013 das Verfahren
insoweit abgetrennt und eingestellt (Az.: 3 K 112/13).
Die Klägerin hat zur Begründung der Klage in
der schriftlichen Klagebegründung vom 14.10.2011 zunächst
vorgetragen (Finanzgerichtsakte - FG-A - Bl. 38 ff.): Bei ihrer
Praxis handele es sich um eine kleine, allenfalls mittlere physiotherapeutische
Praxis. Sie, die Klägerin, verfüge über
eine Zulassung nach § 124 SGB V. Mithin dürfe
sie zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte behandeln
und mit den Krankenkassen abrechnen. Sie habe die Heilmittelrichtlinie
inklusive des verpflichtenden Heilmittelkatalogs zu beachten. Zudem
sei sie grundsätzlich an die ärztliche Verordnung
gebunden, wobei sie verpflichtet sei, die ärztliche Verordnung
auf Vollständigkeit und Vereinbarkeit mit den Heilmittelrichtlinien
und dem Indikationskatalog zu überprüfen. Dies
bedeute, dass sie, bereits um ihren Vergütungsanspruch
abzusichern, jede ärztliche Verordnung inhaltlich und formell überprüfen
müsse. Sie sei verpflichtet, sich permanent einen Überblick über
den eigenen Praxisablauf zu verschaffen. Sie habe dafür
Sorge zu tragen, dass jede physiotherapeutische Leistung zulasten
der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend, zweckmäßig
und wirtschaftlich erbracht werde. Sie sei zur Durchführung
von Qualitätssicherungsmaßnahmen verpflichtet
und habe sicherzustellen, dass nur das verordnete Heilmittel angewendet
und die Behandlung gemäß Leistungsbeschreibung
durchgeführt werde. Sie habe die Dokumentation des Behandlungsverlaufes
sicherzustellen und sei verpflichtet, eine Verlaufsdokumentation
zu führen und diese kontinuierlich je Behandlungseinheit
fortzuschreiben. Jeder Neupatient, der bisher nicht in ihrer Praxis
behandelt worden sei, werde zuerst von ihr begutachtet. Die physiotherapeutische
Befundung erfolge ausschließlich durch sie. Auf der Grundlage
dieser Befundung ordne sie die Patienten den einzelnen Therapeuten
im Rahmen der klaren Vorgaben zu.
In dem Erörterungstermin am 10.06.2013 (FG-A Bl. 81)
hat die Klägerin ihren Vortrag wie folgt ergänzt:
In den Streitjahren habe sie jeweils vier bis fünf angestellte
Mitarbeiter (mit jeweils 20 bis 30 Wochenstunden) sowie drei bis
vier Honorarkräfte beschäftigt. Zwar könne
sie die durchschnittliche tägliche Patientenzahl aus dem
Kopf nicht nennen; diese könne aber anhand folgender Daten
rechnerisch ermittelt werden: Man könne von einer täglichen
Behandlungszeit von 36 Stunden (10 Stunden/Tag x 4 Behandlungsräume
abzgl. 4 Stunden Mittagspause), einer für Hamburg üblichen
Auslastungsquote von 80 % sowie einer Taktung von 5 Terminen
in 2 Stunden ausgehen.
Sie habe in den Streitjahren in der Regel, also nicht ausschließlich,
die telefonische Erst-Terminvergabe übernommen und dabei
den Patienten u. a. nach der Diagnose und insbesondere dem vom Arzt
in dem Rezept eingetragenen Indikationsschlüssel gefragt
und sodann den Patienten entweder selbst behandelt oder einem ihrer
Mitarbeiter/einer Honorarkraft zugewiesen. Es sei aber
auch vorgekommen, dass einer ihrer Mitarbeiter die telefonische
Erst-Terminvergabe vorgenommen habe. Nach dem ersten Termin eines
neuen Patienten bei einem Mitarbeiter/einer Honorarkraft
habe sie, die Klägerin, sich in der Regel bei dem jeweiligen
Therapeuten nach dem Verlauf des Termins und den Wünschen/Erwartungen
des Patienten und des Therapeuten erkundigt. Bei Problemen habe sie
versucht, die Patienten selbst zu behandeln.
Die Klägerin ist unter Bezugnahme auf das Urteil des
BFH vom 08.10.2008 VIII
R 53/07 (BFHE 223, 272, BStBl II 2009,
143), wonach die Aufteilung in freiberufliche und gewerbliche
Einkünfte bei gleichartiger Tätigkeit nicht ausgeschlossen
sei, der Meinung, dass zumindest die von ihr persönlich
erzielten Gewinne nicht gewerbesteuerpflichtig seien.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Gewerbesteuermessbescheide für 2007 vom 02.07.2009
und für 2008 vom 10.08.2010, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung
(zuletzt) vom 06.07.2011,
sowie den Gewerbesteuermessbescheid für 2009 vom 29.04.2011
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.06.2011 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.
Das FA nimmt zur Begründung auf die Einspruchsentscheidungen
vom 26.05.2010 und 24.06.2011 Bezug und trägt ergänzend
vor (FG-A Bl. 56 ff., 90):
Bereits aus den hohen Ausgaben für Honorarkräfte
sowie Personal in Höhe von mehr als der Hälfte
des Umsatzes könne gefolgert werden, dass die Klägerin zwar
leitend, aber nicht mehr eigenverantwortlich tätig gewesen
sei. Der Vortrag des Beraters im Schreiben vom 12.06.2009 (oben
II. 2.) könne nur so gedeutet werden, dass die Klägerin
die Behandlung ihres Personals bzw. der Honorarkräfte nicht
mehr habe hinreichend kontrollieren können bzw. keinen hinreichenden
Einblick in die jeweilige Behandlung gehabt habe und somit der vom
BFH geforderte „aufgedrückte Stempel” der
Klägerin gefehlt habe. Hätte die Klägerin
tatsächlich das Maß an Einsicht in die Behandlungen
gehabt, welches sie behaupte, hätte eine Qualitätseinbuße
nicht eintreten können. Der Vortrag, sie habe den Einsatz
von Honorarkräften Mitte 2008 reduziert, weil sie die Eigenverantwortung
für den Therapieverlauf habe behalten wollen, sei nur dann
sinnvoll, wenn die Klägerin die Eigenverantwortung über
den Therapieverlauf bereits verloren gehabt oder dieses Stadium
nahezu bevorgestanden habe. Es werde bezweifelt, dass die Klägerin
- wie vorgetragen - über sämtliche Behandlungen
aller Patienten dauerhaft im Bilde gewesen sei. Bei einer unterstellten
durchschnittlichen Behandlungsdauer von 30 Minuten in drei Behandlungsräumen
sei davon auszugehen, dass mind. 30 Patienten täglich behandelt worden
seien. Es erscheine unrealistisch, dass die Klägerin neben
den von ihr selbst behandelten Patienten auch noch die durch die
angestellten Physiotherapeuten bzw. Honorarkräfte betreuten
Patienten überwacht habe.
Die Aussage der Klägerin im Erörterungstermin,
sie habe grundsätzlich von ihr nicht persönlich
behandelte neue Patienten nach der ersten Sitzung mit dem behandelnden
Mitarbeiter besprochen und sich über die Ziele des Patienten bzw.
die des Mitarbeiters informiert und ggf. bei Schwierigkeiten die
Behandlung selbst übernommen, werde bestritten. Auf der
Grundlage der von der Klägerin generierten Umsätze
im Verhältnis zu den durch die bis zu neun Mitarbeiter
erwirtschafteten Umsätze (2007: Klägerin ... Euro,
Mitarbeiter ... Euro, 2008: Klägerin ... Euro, Mitarbeiter
... Euro) sei dieser Vortrag nicht glaubhaft. Aus diesen Umsätzen
ergebe sich, dass die Praxisauslastung weit oberhalb des im Erörterungstermin
vorgetragenen Hamburger Durchschnitts von 80 % gelegen
habe. Damit sei der Klägerin schon gar nicht genügend
Zeit verblieben, grundsätzlich - d. h. von Ausnahmen abgesehen
- alle neuen Patienten ihrer Mitarbeiter zu besprechen. Die Tätigkeit
der Klägerin lasse sich nicht in einen gewerblichen und
einen freiberuflichen Teil aufspalten. Ihre eigene Behandlungstätigkeit
sei zeitlich und räumlich vermischt mit der Behandlungstätigkeit
durch die Mitarbeiter/Honorarkräfte.
Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass die von dem
Berater in seinem Schriftsatz vom 08.12.2008 (oben A. II. 2.) genannten
Umsätze und Umsatzanteile nicht nachprüfbar seien,
da keine entsprechenden Belege vorgelegt worden seien.
V.
1. Zu dem Erörterungstermin
am 10.08.2013 sind weder die Klägerin, deren persönliches
Erscheinen angeordnet worden war (FG-A Bl. 91R), noch ein Prozessbevollmächtigter
der Klägerin erschienen. Auf telefonische Rückfrage
durch die Berichterstatterin teilte ein Angestellter der Prozessbevollmächtigten
der Klägerin mit, dass der die Klage bearbeitende Rechtsanwalt kurzfristig
erkrankt sei (FG-A Bl. 101).
2. Die Empfangsbekenntnisse zu den Ladungen
zu den Erörterungsterminen am 10.06.2013 und 13.08.2013
sowie zur mündlichen Verhandlung am 10.09.2013 sind seitens
der Prozessbevollmächtigten der Klägerin trotz
wiederholter Mahnungen (FG-A Bl. 94R) nicht an das Gericht übersandt
worden.
3. Das Gericht hat den Prozessbevollmächtigten
der Klägerin am 15.08.2013 eine Ausschlussfrist gemäß § 79b
Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zum 29.08.2013 gesetzt, um das Posteingangsbuch
im Original für den Zeitraum 27.05.2010 bis zum 07.06.2010
vorzulegen (FG-A Bl. 102). Die Prozessbevollmächtigten
der Klägerin haben auf die Ausschlussfristsetzung nicht
reagiert.
4. Nach fristgerechter Ladung der Klägerin
und der Prozessbevollmächtigten der Klägerin jeweils
mit Postzustellungsurkunde (FG-A Bl. 115 und 116) und mit dem Hinweis
auf die Möglichkeit der Verhandlung und Entscheidung bei
Ausbleiben haben weder die Klägerin noch ein Prozessbevollmächtigter
der Klägerin an der mündlichen Verhandlung teilgenommen
(FG-A Bl. 118). Ein Angestellter der Prozessbevollmächtigten
der Klägerin hatte zwei Stunden vor Beginn der mündlichen
Verhandlung telefonisch mitgeteilt, dass der die Klage bearbeitende
Rechtsanwalt kurzfristig erkrankt sei. Auf den Hinweis des Vorsitzenden,
eine Verlegung der mündlichen Verhandlung komme nur bei
der Vorlage eines ärztlichen Attestes in Betracht; im Übrigen sei
der Streitfall nicht so kompliziert, dass die Vertretung nicht durch
einen anderen Rechtsanwalt der Sozietät wahrgenommen werden
könne (FG-A Bl. 117), ist nicht reagiert worden (FG-A Bl.
122).
5. Es wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften
der Erörterungstermine am 10.06.2013 (FG-A Bl. 78 ff.)
und am 13.08.2013 (FG-A Bl. 100 f.) sowie der mündlichen
Verhandlung am 10.09.2013 (FG-A Bl. 118 ff.) sowie auf die oben
angeführten Unterlagen und die damit zusammenhängenden
Vorgänge aus der FG-A und den folgenden Steuerakten: -
Band IV der Einkommensteuerakten (St.-Nr. .../.../...)
und - Band I der Gewerbesteuerakten (St.-Nr. .../.../...).
Gründe
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
I.
1. Die schriftsätzlich
gestellten Klageanträge werden in der Weise ausgelegt, dass
der Gewerbesteuerbescheid für 2008 als Folgebescheid nicht
Klagegegenstand ist, da die Klägerin lediglich Mängel
des Grundlagenbescheides (hier: Gewerbesteuermessbetrag 2008) geltend
macht, so dass gem. § 42 FGO i. V. m. § 351 Abs.
2 Abgabenordnung (AO) der Grundlagenbescheid anzufechten ist.
2. Die Klage ist hinsichtlich der Gewerbesteuermessbescheide
für 2007 und 2008 - ebenso wie für 2009 - fristgerecht
innerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 47 Abs. 1 S. 1
FGO) beim Gericht eingegangen. Die Klagefrist beginnt grundsätzlich
mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung (§ 47 Abs.
1 S. 1 FGO). Die nochmalige Bekanntgabe einer bereits rechtswirksam
bekannt gegebenen und damit bestandskräftigen Einspruchsentscheidung
setzt keine erneute Klagefrist in Lauf (Brandis in Tipke/Kruse,
AO/FGO, § 47 Rn. 5).
a. Der Senat geht davon aus, dass die Einspruchsentscheidung
vom 26.05.2010 (oben A. III. 2) der Sozietät nicht bereits
drei Tage nach der am 27.05.2010 erfolgten ersten Aufgabe zur Post
(oben A. III. 2.), sondern erst infolge der Zustellung am 08.07.2011
bekanntgegeben worden ist (oben A. III. 6.).
Gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein
schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt
wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen
ist. Während derjenige Adressat, der einen verspäteten
Zugang des Verwaltungsaktes geltend macht, durch substantiierte
Erklärungen darlegen muss, dass er nicht rechtzeitig in
den Besitz des Bescheides gekommen ist, um die Beweislast des FA
zu begründen (BFH-Beschlüsse vom 14.02.2012 V S 1/12 (PKH), BFH/NV
2012, 979; vom 25.02.2010 IX B 149/09, BFH/NV
2010, 1115; BFH-Urteile vom 06.09.1989 II R 233/85, BFHE 158, 297, BStBl II 1990,
108; vom 16.09.1986 IX R 61/81, BFHE 148, 104, BStBl II 1987,
435), muss derjenige Adressat, der - wie im Streitfall
- bestreitet, dass ihm das Schriftstück überhaupt
zugegangen ist, nicht substantiiert vortragen, warum ihn die Sendung
nicht erreicht hat, weil er hierzu objektiv nicht in der Lage ist
(BFH-Urteil vom 29.04.2009 X R 35/08, BFH/NV
2009, 1777; BFH-Beschluss vom 14.02.2008 X B 11/08, BFH/NV 2008,
743). Vielmehr hat das FA den Zugang des Verwaltungsaktes
nachzuweisen.
b. Das FA hat den ihm obliegenden Nachweis des Zugangs vor dem 08.07.2011
nicht zu führen vermocht. Der Nachweis des Zugangs kann
von dem FA nicht nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises,
der auf einen typischen, nicht aber auf den tatsächlichen
Geschehensablauf abstellt, geführt werden (BFH-Beschlüsse
vom 04.11.2008 I
B 106/08, juris; vom 14.02.2008 X B 11/08, BFH/NV
2008, 743). Es gelten vielmehr die allgemeinen Beweisregeln,
insbesondere die des Indizienbeweises (BFH-Beschlüsse vom
15.04.2011 III
B 200/10, BFH/NV 2011, 1291; vom 20.07.2006 VI B 151/05,
juris; BFH-Urteil vom 12.03.2003 X R 17/99, BFH/NV 2003,
1031). Danach können bestimmte Verhaltensweisen
des Steuerpflichtigen innerhalb eines längeren Zeitraums
nach Absendung des Verwaltungsaktes im Zusammenhang mit dem Nachweis
der Absendung im Wege der freien Beweiswürdigung nach § 96
Abs. 1 FGO dahin gehend gewürdigt werden, dass - entgegen
der Behauptung des Adressaten - ihm der Verwaltungsakt tatsächlich
zugegangen ist (BFH-Beschlüsse vom 04.11.2008 I B 106/08,
juris; vom 14.02.2008 X
B 11/08, BFH/NV 2008, 743; BFH-Urteil
vom 31.05.2005 I
R 103/04, BFHE 209, 416, BStBl II 2005,
623).
Nach diesen Grundsätzen kann bei einer Gesamtwürdigung
aller Umstände nicht davon ausgegangen werden, dass der
Sozietät die Einspruchsentscheidung vom 26.05.2010 bereits
im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der am 27.05.2010 erfolgten,
ersten Aufgabe zur Post zugegangen ist. Zwar hat sich die Sozietät
im finanzgerichtlichen Verfahren als unzuverlässig erwiesen,
indem sie die Empfangsbekenntnisse zu den Ladungen zu den Erörterungsterminen
und zur mündlichen Verhandlung trotz wiederholter Mahnung
nicht zurückgesandt hat (oben A. V. 2.) und sowohl zu dem
Erörterungstermin am 12.08.2013 als auch zu der mündlichen
Verhandlung am 10.09.2013 unentschuldigt kein Prozessbevollmächtigter
der Klägerin erschienen ist (oben A. V. 1. und A. V. 4.).
Darüber hinaus hat die Sozietät trotz eigenen
Beweisangebots gegenüber dem FA (oben A. III. 5.) und entsprechender
gerichtlicher Aufforderung binnen der gesetzten Ausschlussfrist (oben
A. V. 3.) das Posteingangsbuch für den Zeitraum 27.05.2010 bis zum 07.06.2010
nicht vorgelegt.
Dieses Verhalten, insbesondere dabei das unterlassene Vorlegen
des Posteingangsbuches, ersetzt aber - wie das unterlassene Führen
eines Fristenkontrollbuchs (vgl. BFH-Urteil vom 31.05.2005 I R 103/04, BFHE 209, 416, BStBl II 2005,
623) - nicht den Nachweis des Zugangs eines Verwaltungsaktes
i. S. d. § 122 Abs. 2 AO. Es kann allenfalls die Indizien
für einen Zugang verstärken. Indizien, die für
einen Zugang der Einspruchsentscheidung vom 26.05.2010 bereits unmittelbar
nach der ersten Aufgabe zur Post am 27.05.2010 sprechen, hat das FA
jedoch nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht erkennbar. Insbesondere
lassen sich aus dem weiteren Verhalten der Sozietät keine Anhaltspunkte
gewinnen, die darauf hinweisen könnten, sie habe die Einspruchsentscheidung
vom 27.05.2010 tatsächlich bereits vor dem 08.07.2011 erhalten.
Zwar teilte die Sozietät mit Schriftsatz vom 28.06.2011 dem
FA mit, sie habe erfahren, dass am 26.05.2010 eine Einspruchsentscheidung
betreffend 2007 und 2008 ergangen sei, wobei diese die Kanzlei jedoch nicht
erreicht habe (oben A. III. 5.). Diese Mitteilung stand aber im
unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der am 24.06.2011 an den
Berater versandten Einspruchsentscheidung vom 24.06.2011, mit der
das FA die Einsprüche betreffend 2009 unter Hinweis auf
den Schriftsatz vom 11.05.2011 zurückwies, in dem es auf
die Einspruchsentscheidung vom 26.05.2010 hingewiesen hatte (oben
A. III. 4.).
3. Der Gewerbesteuermessbescheid für
2008 vom 10.08.2010 ist Gegenstand des Klageverfahrens geworden.
Der Gewerbesteuermessbescheid 2008 hat den mit Einspruch der Klägerin
vom 30.07.2009 (oben A. III. 1.) angefochtenen Bescheid für
2008 über die Gewerbesteuer für Vorauszahlungszwecke vom
02.07.2009 im Sinne von § 365 Abs. 3 S. 1 AO ersetzt und
ist damit Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden (vgl. BFH-Urteil
vom 23.04.2009 IV
R 73/06, BFHE 225, 343, BStBl II 2010,
40). Zwar hat das FA ungeachtet dessen bei der erneuten Übersendung
der Einspruchsentscheidung am 06.07.2011 weder das Rubrum der Einspruchsentscheidung
entsprechend angepasst noch ist es inhaltlich auf den zwischenzeitlich
ergangenen Gewerbemessbescheid 2008 vom 10.08.2010 eingegangen (oben
A. III. 6.). Darauf kommt es jedoch nicht an, da die Sachentscheidungsvoraussetzung
der vorherigen erfolglosen Durchführung des außergerichtlichen
Verfahrens gemäß § 44 FGO unabhängig
davon erfüllt ist, ob über den Rechtsbehelf richtig
oder falsch entschieden wurde (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 28.06.2007 3 K 237/06, EFG 2008, 768).
Streitgegenstand der Klage ist wegen der Identität des
Streitgegenstands im Einspruchs- und anschließendem Klageverfahren
der Gewerbesteuermessbescheid für 2008 vom 10.08.2010 (vgl.
BFH-Urteil vom 03.11.2011 V R 32/10, BFHE 236,228, BStBl II 2012,
525).
II.
Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide sind rechtmäßig
und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100
Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit sie den Gewinnanteil aus der Tätigkeit
der Klägerin als Praxisbetreiberin - mit ihren Mitarbeitern/Honorarkräften
- betreffen (unten 1.). Insoweit hat das FA die von der Klägerin
in den Streitjahren entfaltete Tätigkeit zu Recht als gewerblich
i. S. d. § 15 EStG beurteilt; insoweit sind auch zu Recht
Gewerbesteuermessbescheide ergangen.
Soweit die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide den von der
Klägerin durch ihre persönliche, als freiberuflich
i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizierende Tätigkeit
am Patienten erwirtschafteten Gewinnanteil enthalten, sind sie rechtswidrig
und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (unten 2.).
Die ausgeübten Tätigkeiten der Klägerin
als gewerblich - mit ihren Mitarbeitern/Honorarkräften
- tätige Praxisbetreiberin einerseits und als freiberuflich
tätige Krankengymnastin andererseits sind entgegen der
Ansicht des FA zu trennen (unten 3.).
1. Die Klägerin hat in
den Streitjahren als Praxisinhaberin - mit ihren Mitarbeitern/Honorarkräften
- gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 15 EStG erzielt
und ist insoweit gewerbesteuerpflichtig.
a. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Gewerbesteuergesetz
(GewStG) unterliegt jeder im Inland betriebene stehende Gewerbebetrieb
der Gewerbesteuer. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist unter
Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des EStG zu
verstehen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist Gewerbebetrieb
eine selbständige nachhaltige Betätigung, die
mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung
am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung
weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als
Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige
Arbeit (im Sinne des Einkommensteuerrechts) anzusehen ist. Nach § 18
Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG ist die selbständige Berufstätigkeit
eines Krankengymnasten eine freiberufliche und damit keine gewerbliche
Tätigkeit.
Dies gilt gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1
Satz 3 EStG auch dann, wenn sich ein Angehöriger eines
freien Berufes der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte
bedient; Voraussetzung ist dabei allerdings, dass er auf Grund eigener
Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.
Wesentliches Merkmal der freiberuflichen Tätigkeit zur
Abgrenzung gegenüber der gewerblichen Tätigkeit
ist die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung
des Freiberuflers (BFH-Urteil vom 08.10.2008 VIII R 74/05, BFHE 223, 261, BStBl II 2009,
238).
aa. Unter Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte
ist eine Tätigkeit zu verstehen, welche die Arbeit des
Berufsträgers jedenfalls in Teilbereichen ersetzt und nicht
nur von untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Urteile vom 04.07.2007 VIII R 77/05, BFH/NV
2008, 53; vom 22.01.2004 IV R 51/01, BFHE 205, 151, BStBl II 2004,
509; Urteil des FG Hamburg vom 27.05.2009 2 K 72/07, EFG 2009, 1651).
bb. Die Tatbestandsmerkmale leitend und eigenverantwortlich stehen
selbständig nebeneinander mit der Folge, dass auch eine
besonders intensive leitende Tätigkeit, zu der unter anderem
die Organisation des Sach- und Personalbereichs, Arbeitsplanung,
Arbeitsverteilung, Aufsicht über Mitarbeiter und deren
Anleitung und die stichprobenweise Überprüfung
der Ergebnisse gehören, die eigenverantwortliche Tätigkeit
nicht zu ersetzen vermag (BFH-Urteile vom 20.12.2000 XI R 8/00, BFHE 194, 206, BStBl II 2002, 478;
vom 30.09.1999 V
R 56/97, BFHE 189, 569, DStR 2000, 18;
Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 19.06.2007 6 K 10865/03, DStRE 2008, 337).
Eine aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenverantwortlich ausgeübte
Tätigkeit liegt nur vor, wenn die persönliche
Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in
ausreichendem Umfang gewährleistet ist (BFH-Urteile vom
26.01.2011 VIII
R 29/08, BFH/NV 2011, 1314; vom 15.12.2010 VIII R 37/09, BFH/NV
2011, 1303; Urteil des FG Köln vom 24.10.2012 15 K 4041/10,
juris). Insbesondere erschöpft sich die Eigenverantwortlichkeit
nicht darin, dass der Berufsträger nach außen
die Verantwortung für die Durchführung des einzelnen
Auftrages trägt, da der Begriff eigenverantwortlich nicht
die berufs- oder zivilrechtliche Verantwortlichkeit oder eine sonstige
außersteuerrechtliche Verantwortlichkeit des Steuerpflichtigen
meint (Urteil des FG Berlin vom 26.04.2001 4 K 4005/99, EFG 2001, 1311).
Die Ausführung jedes einzelnen Auftrages muss vielmehr
ihm selbst und nicht qualifizierten Mitarbeitern, den Hilfskräften,
den technischen Hilfsmitteln oder dem Unternehmen als Ganzem zuzurechnen
sein (BFH-Urteile vom 31.08.2005 IV B 205/03, BFH/NV
2006, 48; vom 05.06.1997 IV R 43/96, BFHE 183, 424, BStBl II 1997,
681; 21.03.1995 XI R 85/93, BFHE 177, 377, BStBl II 1995,
732). Die Arbeitsleistung muss den „Stempel der
Persönlichkeit” des betreffenden Berufsträgers
tragen (BFH-Urteile vom 26.01.2011 VIII R 29/08 BFH/NV
2011, 1314; vom 05.06.1997 IV R 43/96, BFHE 183, 424, BStBl II 1997,
681; BFH-Beschluss vom 31.08.2005 IV B 205/03, BFH/NV
2006, 48). Dies ist beispielsweise dann nicht der Fall,
wenn ein Krankengymnast sowohl die Anamnese als auch den Großteil
der anfallenden Patientenbehandlungen den fachlich vorgebildeten
Mitarbeitern selbstständig überlässt
(BFH-Beschluss vom 31.08.2005 IV B 205/03, BFH/NV
2006, 48 sowie BFH-Urteil vom 20.12.2000 XI R 8/00, BFH/NV
2001, 858); denn ein Krankengymnast schuldet im Rahmen
seiner Tätigkeit eine höchstpersönliche
individuelle Arbeitsleistung am Patienten (Urteil des FG Münster
vom 27.08.2003 7
K 2393/01 G, juris), wobei es erforderlich ist, dass
er einen wesentlichen Teil der Pflegearbeiten selbst übernimmt
(vgl. BFH-Urteil vom 22.01.2004 IV R 51/01, BFHE 205, 151, BStBl II 2004,
509 zum Krankenpfleger). Dabei kann ein eigenverantwortliches
Tätigwerden auch dann angenommen werden, wenn der Berufsträger aufgrund
seiner Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende
Kontrollen maßgeblich auf die Behandlung bei jedem einzelnen
Patienten Einfluss nimmt (BFH-Beschluss vom 27.01.2004 IV B 135/01, BFH/NV
2004, 783 zum Krankenpfleger). Die bloße gelegentliche
fachliche Überprüfung der Mitarbeiter bzw. die
Kenntnisnahme, Kontrolle und Nachprüfung der Ergebnisse seiner
Mitarbeiter ist hingegen nicht ausreichend (vgl. BFH-Urteil vom 20.12.2000 XI R 8/00, BFHE 194, 206, BStBl II 2002,
478; BFH-Beschluss vom 21.01.1999, XI B 126/96, BFH/NV
1999, 822).
b. Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall
ist die Tätigkeit der Klägerin als Praxisbetreiberin
- mit ihren Mitarbeitern/Honorarkräften - in den
Streitjahren als gewerblich zu qualifizieren, da sie insoweit zwar
leitend, aber nicht eigenverantwortlich tätig geworden
ist.
aa. Aufgrund der schriftsätzlichen Angaben der Klägerin
sowie ihrer Ausführungen im Erörterungstermin
bestehen keine Zweifel daran, dass sie leitend tätig geworden
ist.
bb. Nach der von der Klägerin vorgetragenen und im Erörterungstermin selbst
geschilderten Arbeitsdurchführung ist während
der Streitjahre eine eigenverantwortliche Behandlung der einzelnen
Patienten nicht gewährleistet worden. Die Klägerin
hat nicht - wie erforderlich (oben II. 1. a. bb.) - über
Erstgespräch, gelegentliche Kontrollen und Abrechnungskontrolle
hinausgehend bei jedem einzelnen Patienten auf die Behandlung Einfluss genommen
und dazu jeweils selbst zumindest die Anamnese und zwischenzeitliche
Kontrollen durchgeführt.
aaa. Nach den glaubhaften eigenen Angaben der Klägerin
sind von ihren Mitarbeitern/Honorarkräften ca.
54 (3 Räume zu 9 Stunden zu 80 % Auslastung; vgl.
oben A. IV) Behandlungen bei einer durchschnittlichen Behandlungsdauer
von 24 Minuten (5 Termine in 2 Stunden) durchgeführt worden, während
sie selbst neben der Organisation eigene Behandlungen durchgeführt
und einen Hausbesuch pro Woche vorgenommen hat. Bereits die Anzahl
der arbeitstäglich von den Mitarbeitern/Honorarkräften
behandelten Patienten begründet für die Streitjahre
unwiderlegte Zweifel daran, dass die Klägerin - die durch
eigene Behandlungen, die Organisation und den Hausbesuch gebunden
war - Einfluss auf die Behandlung jedes einzelnen der durch die
Mitarbeiter/Honorarkräfte behandelten Patienten
genommen hat.
bbb. Insoweit ist es vor allem nicht als ausreichend anzusehen,
dass die Klägerin - ihren diesbezüglichen Vortrag
als wahr unterstellt - jede ärztliche Verordnung inhaltlich
und formell überprüft, sich permanent einen Überblick über
den eigenen Praxisablauf verschafft, Qualitätssicherungsmaßnahmen
durchgeführt, die Dokumentation des Behandlungsverlaufes sichergestellt,
eine Verlaufsdokumentation geführt sowie in der Regel die Terminsabstimmung
mit den Patienten vorgenommen hat. Denn diese Tätigkeiten
beinhalten im Wesentlichen die Wahrnehmung organisatorischer Aufgaben
im Rahmen der Leitungsfunktion der Klägerin.
ccc. Die Anamnese und auch den Großteil der anfallenden
Patientenbehandlungen hat die Klägerin in den Streitjahren
ihren fachlich vorgebildeten Mitarbeitern selbständig überlassen.
Den in der Klagebegründungsschrift vom 14.10.2011 enthaltenen
Vortrag, jeder Neupatient, der bisher nicht in ihrer Praxis behandelt
worden sei, werde zuerst von ihr, der Klägerin, begutachtet (oben
A. IV.), hat die Klägerin im Erörterungstermin
am 10.06.2013 zumindest im Hinblick auf die Streitjahre dahingehend
relativiert, dass sie erklärte, im Rahmen der - regelmäßig
von ihr vorgenommenen - telefonischen Erstterminvereinbarung habe
sie die Patienten nach der ärztlichen Diagnose und dem
Indikationsschlüssel gefragt und anschließend
die Zuordnung zu sich selbst oder für den Fall, dass sie
selbst keine Patienten mehr habe übernehmen können,
zu einem Therapeuten innerhalb ihrer Praxis vorgenommen. Eine weitergehende
Untersuchung/Befundung durch sie an denjenigen Patienten,
die von Mitarbeitern/Honorarkräften behandelt
wurden, sei nicht erfolgt. Diese von der Klägerin vorgetragene
Organisation lässt erkennen, dass der persönliche
Dienst der Klägerin an den Patienten der Mitarbeiter/der
Honorarkräfte in den Hintergrund getreten ist. Die ausführliche
Anamnese, d. h. die Aufnahme der individuellen Krankengeschichte
des Patienten - über die bei der Terminvereinbarung erfragten
Informationen wie ärztliche Diagnose und Indikationsschlüssel
hinaus - hat sie dem jeweils behandelnden Mitarbeiter überlassen,
welcher so als Einziger ausführlich über die speziellen
Einzelheiten der zu behandelnden Beschwerden persönlich informiert
worden ist. Auch nach Beendigung der Behandlung hat die Klägerin
regelmäßig kein abschließendes Gespräch
mit den Patienten über die erfolgte Behandlung oder ggf.
zu beachtende Maßnahmen geführt. Die Klägerin
ist seitens der Mitarbeiter/Honorarkräfte nur
dann noch einmal konsultiert worden, wenn es zu Problemen bei der
Behandlung kam. Eine maßgebliche Beeinflussung der einzelnen
Aufträge durch die Klägerin hat bei einer solchen
Arbeitsweise nicht vorgelegen.
ddd. Dem Merkmal der „Eigenverantwortlichkeit” wird
selbst dann nicht Genüge getan, wenn die bestrittene Behauptung
der Klägerin als wahr unterstellt wird, sie habe die Mitarbeiter/Honorarkräfte
regelmäßig im Anschluss an den ersten Termin eines
neuen Patienten nach dem Verlauf des Termins und den Vorstellungen/Wünschen
des Therapeuten einerseits und des Patienten andererseits befragt
und sich auch bei Gelegenheit bei den Patienten nach dem Therapieverlauf
erkundigt. Denn in diesen nur zu Beginn der Behandlung bzw. bei
Gelegenheit geführten Gesprächen ist keine hinreichend
zuverlässige persönliche patientenbezogene Einwirkung
zu sehen, die den Leistungen der Mitarbeiter/Honorarkräfte
den Stempel der Persönlichkeit der Klägerin aufgedrückt
haben könnte.
2. Die Einkünfte der Klägerin
aus den eigenen krankengymnastischen Behandlungen sind demgegenüber
nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern als Einkünfte
aus freiberuflicher Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs.
1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren.
Hinsichtlich der von der Klägerin selbst vorgenommenen
Behandlungen handelt es sich um die für den Katalogberuf
des Krankengymnasten berufstypische Tätigkeit, die vor
allem aktive und passive Therapien zur Wiederherstellung und Erhaltung
der Gesundheit umfasst (BFH-Urteil vom 06.09.2006 XI R 64/05, BFHE 215, 119, BStBl II 2007,
177).
3. Die ausgeübten Tätigkeiten
der Klägerin - als gewerblich tätige Praxisbetreiberin
einerseits und als freiberuflich tätige Krankengymnastin
andererseits - sind zu trennen.
a. Ein Einzelunternehmer kann grundsätzlich verschiedene
Unternehmen nebeneinander betreiben (BFH-Beschluss vom 21.12.2000 X B 111/00, BFH/NV
2001, 816; Urteil des FG Münster vom 16.02.2012 3 K 2194/09
G, F, EFG
2012, 1580). Die Einkünfte aus diesen Unternehmen
können verschieden qualifiziert werden. Übt ein
Steuerpflichtiger sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche
Tätigkeit aus, so sind die Tätigkeiten zu trennen, sofern
dies nach der Verkehrsauffassung möglich ist (BFH-Urteil
vom 25.03.2009 IV
R 21/06, BFHE 224, 522, BStBl II 2010,
113; BFH-Beschluss vom 22.01.2009 VIII B 153/07, BFH/NV
2009, 758). Dies gilt auch dann, wenn sachliche und wirtschaftliche Bezugspunkte
zwischen den verschiedenen Tätigkeiten bestehen (BFH-Urteil
vom 08.10.2008 VIII
R 53/07, BFHE 223, 272, BStBl II 2009,
143). Eine einheitliche Beurteilung der Tätigkeiten
ist lediglich dann vorzunehmen, wenn die Tätigkeitsmerkmale
so miteinander verflochten sind und sich die Tätigkeiten
gegenseitig so unlösbar bedingen, dass eine Trennung gegen
die Verkehrsauffassung verstoßen würde (BFH-Urteile
vom 10.06.2008 VIII
R 101/04, BFH/NV 2008, 1824; vom 17.01.2007 XI R 19/05, BFH/NV
2007, 1315); diese einheitliche Tätigkeit ist
dann steuerlich danach zu qualifizieren, ob das freiberufliche oder
das gewerbliche Element vorherrscht (BFH-Urteil vom 11.07.1991 IV R 102/90, BFHE 166, 36, BStBl II 1992,
413). Die Geprägetheorie, wonach eine nicht nur
als unbedeutende Nebentätigkeit einzustufende gewerbliche
Tätigkeit der gesamten Tätigkeit der unternehmerisch
tätigen Person das Gepräge gibt, gilt beim Einzelunternehmer
nicht (BFH-Beschluss vom 25.07.2000 XI B 41/00, BFH/NV
2001, 204). Schuldet ein Steuerpflichtiger gegenüber
seinem jeweiligen Auftraggeber einen einheitlichen Erfolg, so ist
auch die zur Durchführung des Auftrags erforderliche Tätigkeit
regelmäßig als einheitliche zu beurteilen (vgl.
BFH-Urteile vom 02.10.2003 IV R 48/01, BFHE 204, 80, BStBl II 2004,
363; vom 07.11.1991 IV R 17/90, BFHE 166, 443, BStBl II 1993, 324).
Die getrennte Beurteilung ist nicht nur bei wesensmäßig
verschiedenen Tätigkeiten geboten, sondern auch dann, wenn
zwischen den verschiedenen Tätigkeiten gewisse sachliche
und wirtschaftliche Berührungspunkte vorliegen, mithin
eine gemischte Tätigkeit gegeben ist. Dabei steht der Trennung nicht
entgegen, dass die Tätigkeiten in demselben Betrieb entfaltet
wurden und daher die für den Betrieb anfallenden Gemeinkosten
nicht von vornherein den einzelnen Tätigkeitsbereichen
zugeordnet wurden. Eine leichte und einwandfreie Trennbarkeit erfordert
nicht eine getrennte Buchführung (BFH-Urteile vom 25.03.2009 IV R 21/06, BFHE 224, 522, BStBl II 2010,
113; vom 08.10.2008 VIII R 53/07, BFHE 223, 272, BStBl II 2009,
143).
b. In Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat der
Auffassung, dass das Betreiben der physiotherapeutischen Praxis
von der freiberuflichen physiotherapeutischen Tätigkeit
der Klägerin zu trennen ist. Die freiberufliche Tätigkeit
der Klägerin als selbst behandelnde Krankengymnastin stellt
sich nicht als Ausfluss der gewerblichen Tätigkeit als
Praxisbetreiberin dar; ebenso wenig wird von der Klägerin
den Patienten ein einheitlicher Erfolg geschuldet, der freiberufliche
und gewerbliche Leistungen beinhaltet. Insbesondere sind die Tätigkeitsbereiche
der Klägerin nach den unterschiedlichen Auftraggebern,
d.h. nach den einzelnen behandelten Patienten, einfach zu trennen.
Daher ist lediglich der Teil des Gewinns der Klägerin,
den sie aus ihrer Tätigkeit als gewerblich tätige
Praxisinhaberin erzielt hat, als Gewinn aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren
und der Gewerbesteuer zu unterwerfen.
c. In der Gewinn- und Verlustrechnung der Klägerin sind
keine getrennten Zahlen für die beiden Tätigkeiten
enthalten, so dass das Gericht gem. § 96 Abs. 1 Satz 1
Halbsatz 2 FGO i. V. m. § 162 AO eigenständig
zu schätzen hat.
Das Gericht kommt danach unter Würdigung aller Umstände
zu dem Ergebnis, dass in den Streitjahren jeweils ein freiberuflicher
Anteil von 25 % des Gesamtgewinns als am wahrscheinlichsten
anzunehmen ist. Dabei geht es zunächst von den durch den
Berater in seinem Schriftsatz vom 12.06.2009 (oben A. II. 2.) aufgeführten
Umsatzzahlen in den Jahren 2007 und 2008 aus, wonach der Anteil
der Klägerin an den Gesamtumsätzen in dem Jahr 2007
21,28 % sowie in dem Jahr 2008 22,70 % betragen
hat. Das Gericht sieht keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln.
Diese Angaben und die Schätzung eines freiberuflichen Anteils
in Höhe von 25 % werden durch die unstreitigen
Angaben der Klägerin zu ihrem eigenen Arbeitseinsatz (ausschließliche
Selbstnutzung eines der vier Behandlungsräume; wochentags ganztägige
Tätigkeit) gestützt.
Das Gericht geht weiter davon aus, dass die Klägerin
in dem Jahr 2009 einen vergleichbar hohen Anteil am Gesamtumsatz
erzielte wie in den Jahren 2007 und 2008. Auch wenn der Berater
in seinem Schreiben vom 12.06.2009 (oben A. II. 2.) mitteilte, die
Klägerin habe sich im Laufe des Jahres 2008 von mehreren
Honorarkräften getrennt, so sprechen die im Jahr 2009 gegenüber
den Jahren 2007 und 2008 erheblich gestiegenen Personalkosten (oben A.
II. 1., 2. und 4.) dafür, dass die Klägerin diesen
teilweisen Wegfall von Arbeitskräften durch ihre Mitarbeiter
und nicht durch erhöhte Eigenarbeit kompensiert hat.
Da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Anteile
am Gesamtgewinn abweichend von den Umsatzanteilen zu verteilen sind,
schätzt das Gericht die Gewinnanteile in Übereinstimmung
mit den Umsatzanteilen, wobei es eine geringfügige Aufrundung
zugunsten der Klägerin vornimmt. Diese Aufrundung beruht
auf der Annahme, dass die Klägerin aufgrund von Vertretungen
sowie der Übernahme bzw. intensiven Betreuung von Problempatienten
darüber hinaus bei einigen der ursprünglich den
Mitarbeitern/Honorarkräften zugerechneten Patienten
eigenverantwortlich tätig geworden ist. Bei dem (nur geringen)
Umfang dieser Hinzuschätzung hat das Gericht insbesondere
berücksichtigt, dass Unsicherheiten zu Lasten desjenigen gehen,
der beweisbelastet ist. Die Darlegungs- und materielle Beweislast bzgl.
des Anteils des auf die freiberufliche Tätigkeit entfallenden
Gewinnanteils oblag der Klägerin (vgl. BFH-Urteile vom
08.10.2008 VIII
R 74/05, BFHE 223, 261, BStBl II 2009,
238 und vom 30.03.1994 I R 54/93, BFHE 175, 40, BStBl II 1994,
864). Sie hat jedoch nicht dargelegt und nachgewiesen,
in welcher Höhe sie Umsätze/Gewinne aus
ihrer eigenen Tätigkeit erwirtschaftet hat, so dass es
nicht gerechtfertigt ist, dass sie durch eine (zu) großzügige Schätzung
zu ihren Gunsten einen Vorteil aus ihrem Verhalten zieht (vgl. Urteil
des FG Hamburg vom 07.09.2010 3 K 13/09, EFG 2010, 2057;
BFH-Beschlüsse vom 07.04.2003 V B 28/02, BFH/NV
2003, 1195; vom 09.03.1998 X B 42/97, BFH/NV
1998, 1125).
III.
1. a. Da die Klägerin und
der Klägervertreter jeweils ordnungsgemäß geladen worden
sind und die Ladungen jeweils den nach § 91 Abs. 2 FGO
vorgeschriebenen Hinweis enthalten haben, dass beim Ausbleiben eines
Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne
(oben A V. 4.), kann die Entscheidung trotz Fernbleibens der Klägerin
und des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung
ergehen (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Januar 2006 II B 54/05, BFH/NV
2006, 797).
b. Der Termin zur mündlichen Verhandlung war nicht aufzuheben
oder zu verlegen. Gemäß § 155 FGO in
Verbindung mit § 227 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung
(ZPO) kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben
oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Ein erheblicher Grund
für eine Terminsänderung lag jedoch nicht vor.
Teilt ein Beteiligter erst „in letzter Minute” eine
plötzliche Erkrankung mit, so reicht die Behauptung einer
Erkrankung nicht aus; der Beteiligte ist vielmehr auch ohne besondere
Aufforderung verpflichtet, die Gründe für die
Verhinderung so anzugeben und zu untermauern, dass das Gericht die
Frage, ob der Beteiligte verhandlungsunfähig ist oder nicht,
selbst beurteilen kann (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 15.03.2012 1 K 257/11, juris).
In einem solchen Fall reicht gewöhnlich die Vorlage eines
substantiierten privatärztlichen Attestes aus, aus dem
sich die Verhandlungsunfähigkeit eindeutig und nachvollziehbar
ergibt (BFH-Beschluss vom 17.05.2000 IV B 86/99, BFH/NV
2000, 1353). Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin
hat jedoch - trotz eines entsprechenden Hinweises (oben A. V. 4.)
- kein Attest vorgelegt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136
Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. FGO.
3. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.
V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
4. Gründe, die Revision gemäß § 115
Abs. 2 FGO zuzulassen, liegen nicht vor.