24.09.2019 · IWW-Abrufnummer 211299
Sozialgericht Wiesbaden: Urteil vom 17.05.2019 – S 8 R 312/16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Sozialgericht Wiesbaden
Urt. v. 17.05.2019
Az.: S 8 R 312/16
Beurteilung und Abrenzung der Tätigkeit eines Hockeytrainers als abhängige Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Beteiligten streiten um die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Klägers zu 2. als Hockeytrainer für den Kläger zu 1.
Der Kläger zu 1. ist ein Sportverein mit aktivem Hockey-Spielbetrieb. Er verfügt über mehrere Hundert Mitglieder, die ca. 20 Mannschaften in unterschiedlichen Spielklassen bilden. 2015 spielte die erste Herrenmannschaft des Klägers zu 1. in der Oberliga. Für den Spielbetrieb verfügte der Kläger zu 1. zunächst über ein Spielfeld. 2016 wurde ein weiteres Feld in Betrieb genommen. Über eigene Hallen verfügt der Kläger zu 1. nicht; diese wurden ihr von der Stadt zur Verfügung gestellt.
Der Kläger zu 2. war bis 2001 aktiver Hockeyspieler. Nach dem Ende seiner Karriere war er im Nebenerwerb als Trainer für unterschiedliche Vereine tätig, darunter auch zeitweise den Kläger zu 1. Hauptberuflich ist der Kläger zu 2. leitender Angestellter. Die Kläger einigten sich 2015 auf eine erneute Zusammenarbeit. Dabei sollte das Training der ersten Herrenmannschaft vom Kläger zu 2. übernommen werden. Es wurde ein "Honorartrainer-Vertrag" vom 28.04.2015 geschlossen (Bl. 19. ff. d. A.), der u.a. folgende Regelungen enthält:
"§1 Aufgaben und Pflichten [ ...] Der Trainer führt die im Rahmen dieses Vertrages erteilten Aufträge mit der Sorgfalt eines ordentlichen Trainers in eigener unternehmerischer Verantwortung aus. Dabei hat er zugleich auch die Interessen des Auftraggebers zu berücksichtigen. Der Trainer unterliegt keinem Weisungs- und Direktionsrecht und ist in Bezug auf Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausübung frei und nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingebunden. Er hat jedoch fachliche Vorgaben des Auftraggebers soweit zu beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert.
Der Trainer ist nicht verpflichtet, jeden Auftrag höchstpersönlich auszuführen. [ ...]
§ 2 Vergütung Für die selbständige Trainertätigkeit wird ein Entgeltsatz pro Stunde in Höhe von 80,00 Euro vereinbart.
§ 6 Sonstiges [ ...] Erwartungen des Vereins: Ganzheitliche Trainingsarbeit mit Überblick über die unterhalb der 1. Mannschaft angeordneten Teams wie 2. Herren, D., etc. sowie Absprache mit den dort zuständigen Trainern.
Seriöses Auftreten und jederzeit den E. "vertretend" nach innen wie nach außen.
Kontrolliertes Verhalten auf und neben dem Spielfeld während der Spiele genauso wie bei den Trainingseinheiten gegenüber Schiedsrichtern, Gegnern und eigenen Spielern."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag verwiesen.
Erklärtes Ziel des Engagements des Klägers zu 2. war der Aufstieg der von ihm betreuten Mannschaft in die 2. Bundesliga. Zwischen den Klägern bestand insoweit Einigkeit, dass dem Kläger zu 2. im Hinblick auf dieses Ziel alle erforderlichen Mittel und Freiheiten durch den Kläger zu 1. gewährt werden sollten. So hatte die vom Kläger zu 2. betreute Mannschaft insbesondere Vorrang bei der Zuweisung von Trainingszeiten- und Plätzen. Zur Durchführung seiner Tätigkeit bediente der Kläger zu 2. sich in erheblichem Umfang der Videoanalyse. Diese betraf sowohl die eigene, als auch gegnerische Mannschaften. Die hierfür erforderlichen Mittel (ein Beamer, zwei Videokameras, ein Laptop, sowie die Lizenz für ein Schneideprogramm) schaffte der Kläger zu 2. auf eigene Kosten an. Trainingsvorbereitung und Videoanalyse führte der Kläger zu 2. in seiner häuslichen Betriebsstätte durch; wann er das tat, bestimmte er selbst. Das Gleiche gilt entsprechend für die Beobachtung künftiger Gegner seiner Mannschaft. Die zeitlichen Aufwände für Vorbereitung von Training und Spielen waren dabei etwa gleich groß. Der Kläger zu 2. rechnete durchschnittlich 18 Stunden monatlich gegenüber dem Kläger zu 1. ab (vgl. Bl. 14 d. A.)
Die Kläger beantragten im Januar 2016 bei der Beklagten die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Diese stellte mit Bescheiden vom 14.04.2016 jeweils an die Kläger gerichtet fest, dass eine abhängige Beschäftigung mit damit einhergehender Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung vorliegt. In der Kranken- und Pflegeversicherung stellte die Beklagte aufgrund Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze die Versicherungsfreiheit fest.
Hiergegen legten beide Kläger jeweils mit Schreiben vom 04.05.2016 aus den Gründen ihrer Klageanträge Widerspruch ein, die mit Widerspruchsbescheiden jeweils vom 06.09.2016 zurückgewiesen wurden.
Hiergegen erhoben beide Kläger jeweils am 04.10.2016 Klage. Die Klage der Klägerin zu 1. wurde unter dem Aktenzeichen S 22 R 312/16, die Klage des Klägers zu 2. unter dem Aktenzeichen S 22 R 313/16 geführt. Mit Beschluss vom 25.01.2017 wurden beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 113 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verbunden.
Mit ihren Klagen verfolgen die Kläger ihr Ziel weiter, festzustellen, dass bei der Tätigkeit des Klägers zu 2. für die Klägerin zu 1. eine versicherungsfreie selbständige Tätigkeit vorliegt. Zur Begründung machen sie geltend, dass der Kläger zu 2. seine Leistungen gegenüber dem Kläger zu 1. eigenständig und frei von Weisungen erbracht habe. Dies sei eine Bedingung des Engagements des Klägers zu 2. gewesen. So wurden diesem alle erforderlichen Freiheiten gelassen und alle seine Anforderungen im Zusammenhang mit der von ihm trainierten Mannschaft erfüllt. Bei einer derart frei durch den Kläger zu 2. gestalteten Tätigkeit könne von einer abhängigen Beschäftigung nicht ausgegangen werden.
Ebenso spreche die hohe Vergütung des Klägers zu 2. für eine selbständige Tätigkeit.
Die Kläger beantragen,
die Bescheide der Beklagten vom 14.04.2016 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 06.09.2016 aufzuheben, sowie festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers zu 2. bei dem Kläger zu 1. als Honorartrainer nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt wurde und nicht der Versicherungspflicht in der Renten-, und Arbeitslosenversicherung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt die von ihr erlassenen Bescheide und trägt vor, dass bei dem Kläger zu 2. von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen sei. Zeit und Ort der Arbeitsleistung seien zumindest teilweise vorgegeben gewesen durch die Spielansetzungen des Sportverbandes und die Belegenheit der Spielstätten. Auch könne alleine von den dem Kläger zu 2. eingeräumten Freiheiten nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden; vielmehr sei es die Aufgabe jedes Trainers - ob abhängig beschäftigt oder selbständig tätig - das Training eigenständig zu Gestalten und die Spieltaktiken auszuwählen. Bei dem Kläger zu 2. liege im Übrigen kein nennenswertes unternehmerisches Risiko vor. Die von ihm eingesetzten Betriebsmittel gingen nicht wesentlich über das hinaus, was auch in Privathaushalten vorhanden sei.
Das Gericht hat mit Beschluss vom 03.03.2017 die Beigeladenen zu 1. bis 3. als betroffene Träger der Sozialversicherung gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendig beigeladen. Die Beigeladenen stellten keine Anträge.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt von Gerichts- und Verwaltungsakte. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten umfangreich zur streitgegenständlichen Tätigkeit angehört wurden. Hierzu wird auf das zugehörige Protokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte ohne Anwesenheit der Beigeladenen verhandeln und entscheiden, weil es diese zuvor auf diese Möglichkeit hingewiesen hat (§ 110 Abs. 1 S. 2 SGG).
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts folgt für beide Kläger aus § 57 Abs. 7 SGG.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzten die Kläger nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage der Bescheide der Beklagten ist § 7a SGB IV. Danach können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt. Auf den Antrag entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles über das Vorliegen einer Beschäftigung.
Vorliegend hat die Beklagte zu Recht entschieden, dass im Hinblick auf die Tätigkeit des Klägers zu 2. für den Kläger zu 1. als Hockeytrainer eine abhängige (sozialversicherungspflichtige) Beschäftigung vorliegt.
Beschäftigung besteht im Falle nichtselbständiger Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers, § 7 SGB IV.
Die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) konkretisiert dies und verlangt in diesem Zusammenhang die persönliche Abhängigkeit des Auftragnehmers vom Auftraggeber. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. statt vieler nur BSG v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R). Zur Abgrenzung sind dabei regelmäßig die von den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen heranzuziehen (BSG v. 29.06.2016, B 12 R 5/14 R).
Ausgehend von diesen Maßstäben ist von einer abhängigen Beschäftigung des Klägers zu 2. bei dem Kläger zu 1. auszugehen. So steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger zu 2. in die Arbeitsorganisation des Klägers zu 1. eingegliedert war und deren Weisungsrecht unterlag.
Es ist dabei für die Kammer gut nachvollziehbar, dass im Zuge des von dem Kläger zu 1. ausgegeben Ziels - dem Aufstieg in die 2. Bundesliga und der damit einhergehenden Verpflichtung des Klägers zu 2. - letzterem umfangreiche Freiheiten eingeräumt worden sind. So haben auch der Kläger zu 2. und der Vertreter des Klägers zu 1. in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und anschaulich dargestellt, dass der Kläger zu 1. dem Kläger zu 2. weitestgehend entgegengekommen ist und seine Wünsche hinsichtlich der ersten Herrenmannschaft im Rahmen seiner Möglichkeiten erfüllt hat.
Indes deuten eine im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit aber nur dann auf Selbstständigkeit hin, wenn diese Freiheit tatsächlich Ausdruck eines fehlenden Weisungsrechts und nicht nur Folge der Übertragung größerer Eigenverantwortung bei der Aufgabenerledigung auf den einzelnen Arbeitnehmer bei ansonsten fortbestehender funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess ist. Dabei kommt auch einer großen Gestaltungsfreiheit bezüglich der Arbeitszeit nur dann erhebliches Gewicht zu, wenn sich deren Grenzen nicht einseitig an den durch die Bedürfnisse des Auftraggebers bzw. Arbeitgebers vorgegebenen Rahmen orientieren (BSG v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, NJOZ 2016, 666, Rn. 29). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (vgl. BSG v. 31.03.2015, B 12 KR 17/13 R, BeckRS 2015, 70638). Solches wird typischerweise eher anzunehmen sein, wenn es sich um höherwertige Tätigkeiten handelt und die Honorierung des Auftragnehmers vom Arbeitsergebnis und -erfolg abhängig ist (zB von Umsatz- und Verkaufszahlen, gestaffelten Provisionen, usw.), nicht dagegen in gleicher Weise, wenn sich - wie vorliegend - die Vergütung vornehmlich nach dem zeitlichen Umfang des geleisteten Arbeitsaufwandes richtet (BSG v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, NJOZ 2016, 666, Rn. 36 mwN).
Ausgehend hiervon ist im vorliegenden Fall eine funktionsgerecht dienende Teilhabe des Klägers zu 2. am Arbeitsprozess des Klägers zu 1. zu bejahen.
Dabei ist den Klägern zuzugestehen, dass aus der Tatsache, dass Pflichtspieltermine seitens Dritter (Sportverband) einseitig festgelegt wurden, allein noch kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung folgt. Ein solches Indiz folgt aber aus der Gesamtverantwortung des Klägers zu 1. für den von ihm unterhaltenen Spielbetrieb. Der Einsatz des Klägers zu 2. war diesem untergeordnet und fügte sich in die von dem Kläger zu 1. in diesem Zusammenhang vorgegebene Organisation ein. Auch wenn der Kläger zu 1. dem Kläger zu 2. umfangreiche Freiheiten einräumte, ändert dies nichts an der Tatsache, dass die verbindliche Entscheidung, ob eine vom Kläger zu 2. gewünschte Maßnahme umgesetzt wurde, nach wie vor dem Kläger zu 1. oblag. So hatte der Kläger zu 2. es nicht selbst in der Hand, den Trainingsplan nach seinen Wünschen umzusetzen - er bedurfte hierzu erst der Zustimmung des Klägers zu 1, der die Belegung der Spielfelder verwaltete. Dies gilt erst recht für das Training/ den Spielbetrieb in der Halle, die der Kläger zu 1. sich erst von der Stadt zuweisen lassen musste. Auch wenn die Zustimmung stets erteilt worden sein mag, beseitigt dies nicht die hierin liegende Eingliederung in die (spiel-)betrieblichen Abläufe bei dem Kläger zu 1. Denn der Kläger zu 1. musste schließlich - auch wenn die erste Herrenmannschaft Priorität genoss - garantieren, dass auch die übrigen Mannschaften einem geordneten Trainings- und Spielbetrieb nachgehen konnten. Nicht zuletzt hatte der Kläger zu 2. bereits nach dem Honorartrainer-Vertrag auf die Belange der übrigen Mannschaften Rücksicht zu nehmen (dort § 6). In diesen Umständen liegen auch mehr als bloße - mit selbständig wie unselbständig Tätigen zu treffende - Absprachen im Hinblick auf Zeit und Ort der Tätigkeit. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass eine sinnvolle Betreuung einer Hockeymannschaft für einen längeren Zeitraum arbeitsteiliges Zusammenwirken der Mannschafts- und Vereinsverantwortlichen erfordert, gerade bei einem größeren Verein mit ambitionierten Zielen wie dem Kläger zu 1. Denn neben den bereits genannten Absprachen wegen des Trainingsplans erfordert sportlicher Erfolg einer Mannschaft - für den der Kläger zu 2. verantwortlich sein sollte - noch zahlreiche weitere Abstimmungen, sei es wegen des Kaders, wegen der Nachwuchsförderung oder wegen des Sponsorings. All dies erfordert ein Funktionieren "Hand-in-Hand" aller für den Verein Tätigen (so auch ausführlich LSG Niedersachsen-Bremen v. 06.06.2018, L 2 BA 17/18, BeckRS 2018, 15160, Rn. 48 ff.).
Auch war es nicht so, dass der Kläger zu 2. die ihm eingeräumten Freiheiten eigennützig, (d.h. für die Steigerung seiner Verdienstchancen) verwerten konnte. Sportliche Erfolge, die er durch den Einsatz seiner Methoden oder seine Trainingsplanung erzielte, kamen ausschließlich dem Kläger zu 1. zugute, sei es durch steigende Mitgliederzahlen oder Sponsoren- und Werbeeinnahmen. Finanziell partizipierte der Kläger zu 2. hieran nicht; er erhielt stets seine fest vereinbarte Stundenvergütung.
In diesem Zusammenhang kann der Kläger sich auch nicht auf das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts (HLSG) v. 06.04.2005, L 8/14 KR 30/04, BeckRS 2008, 55287, berufen. Der dortigen Entscheidung lag eine gänzlich andere Konstellation zugrunde, nämlich eine solche, in der der Trainer nur für jeweils einzelne, im Voraus festgelegte und abgegrenzte Trainingseinheiten unterschiedlicher Mannschaften beauftragt wurde.
Dasselbe gilt für die obergerichtliche Rechtsprechung zu Kurs- und Übungsleitern (z.B. LSG Baden-Württemberg v. 21.02.2019, L 10 BA 1824/18). Die Durchführung einzelner Trainingseinheiten oder von Kursen ist zur Überzeugung der Kammer aber nicht vergleichbar mit der Betreuung einer Sportmannschaft für einen längeren Zeitraum. Letztere erfordert die Berücksichtigung von wesentlich mehr Umständen und die Abstimmung mit wesentlich mehr Beteiligten (s.o.).
Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass der Kläger zu 2. weisungsfrei tätig geworden wäre. Auch wenn es im Ergebnis so gewesen sein mag, dass der Kläger zu 1. dem Kläger zu 2. keine Vorgaben im Hinblick auf seine Tätigkeit gemacht hat, vermag das nichts an der Tatsache zu ändern, dass der Kläger zu 1. sich solche Einwirkungsmöglichkeiten im Honorartrainer-Vertrag ausdrücklich vorbehalten hat (zur Unbeachtlichkeit der Nichtausübung eines Weisungsrechts BSG v. 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, BeckRS 2016, 67680, Rn. 22). Die Formulierung "Der Trainer unterliegt keinem Weisungs- und Direktionsrecht und ist in Bezug auf Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausübung frei und nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingebunden. Er hat jedoch fachliche Vorgaben des Auftraggebers soweit zu beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert" lässt allenfalls den Schluss auf den Willen der Vertragsparteien zu, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründen zu wollen, bedeutet aber tatsächlich keine Weisungsfreiheit für den Kläger zu 2 (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen v. 06.06.2018, L 2 BA 17/18, BeckRS 2018, 15160, Rn. 51). Denn mit der o.g. Klausel hatte es der Kläger zu 1. in der Hand, auf die Tätigkeit des Klägers zu 2. entscheidenden Einfluss zu nehmen, sei es durch die Anordnung zusätzlicher - nicht notwendiger Weise durch den Kläger zu 2. durchzuführender - Trainingseinheiten oder des Einsatzes bestimmter Spieler oder Methoden. Die vertragliche Konstellation bildet damit die im sportlichen Bereich typische Situation ab, dass dem Trainer einer Mannschaft (nur) solange "freie Hand" gelassen wird, wie der sportliche Erfolg gewährleistet ist. Eine solche Situation ist letztlich in der Sache identisch mit der von dem BSG angenommen (und als solcher verworfenen) "Schönwetter-Selbständigkeit" bei Familiengesellschaften, deren Gesellschafter sich so lange keine Weisungen erteilen, wie der Familienfrieden besteht. Mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände ist dies nicht hinzunehmen. Es liegt im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (BSG v. 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R mwN).
Die Kammer verkennt nicht, dass vorliegend auch Anhaltspunkte für eine selbständige Tätigkeit bestehen. Insbesondere trug der Kläger mit den von ihm getätigten Investitionen in Hard- und Software sowie Sportausrüstung ein unternehmerisches Risiko. Ein solches ist gekennzeichnet durch den Einsatz eigenen Kapitals mit der Möglichkeit des Gewinns und der Gefahr des Verlustes (st. Rspr., vgl. BSG 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R). In diesem Zusammenhang ist der Beklagten zuzugeben, dass es sich bei dem von dem Kläger zu 2. angeschafften Gegenständen zumindest teilweise um solche handelt, die üblicherweise in einem Haushalt vorhanden sind. Berücksichtigt man weiter, dass ausweislich der vorliegenden Einnahmen-Überschuss-Rechnung des Klägers zu 2. der weit überwiegende Teil seiner Betriebsausgaben auf Fahrt- und Reisekosten entfiel, die bei Selbständigen wie abhängig Beschäftigten gleichermaßen anfallen, ist das unternehmerische Risiko des Klägers zu 2. insgesamt als überschaubar zu bewerten. Im Ergebnis sieht die Kammer es als nicht die Tätigkeit prägend an. Ein weiteres unternehmerisches Risiko für den Kläger zu 2. war durch die fest vereinbarte Stundenvergütung ausgeschlossen. Das in der Gefahr, möglicherweise nicht arbeiten zu können liegende Entgeltrisiko ist kein unternehmerisches Risiko im o.g. Sinne (vgl. HLSG v. 10.08.2017, L 1 KR 394/15).
Soweit die Kläger sich wegen der zwischen den Klägern vereinbarten Stundenvergütung von EUR 80,00 für den Kläger zu 2. auf das Urteil des BSG v. 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, BeckRS 2017, 114148 berufen, kann zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass das dem Kläger zu 2. gezahlte Honorar deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten lag und dadurch Eigenvorsorge zugelassen hat. Hierin liegt ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit. Gleichwohl hat das BSG in jener Entscheidung (Rn. 50) klargestellt, dass es sich bei der Vergütungshöhe nur um eines von unter Umständen vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien handelt, weswegen ihr alleine keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Vor dem Hintergrund der nach Überzeugung der Kammer gewichtigeren - schon weil im Gesetz ausdrücklich als Anknüpfungspunkte benannten - Eingliederung in die Arbeitsorganisation und weisungsgebundenen Tätigkeit bleibt es daher bei der abhängigen Beschäftigung.
Dem folgend geht die Kammer bei der durch sie vorzunehmenden Gesamtabwägung aller Umstände der streitgegenständlichen Tätigkeit davon aus, dass diejenigen Gesichtspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, diejenigen, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, überwiegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Es liegt ein Fall subjektiver Klagehäufung bei einem einheitlichen Streitgegenstand vor. Daher ist die Anwendung des Gerichtskostengesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung bereits ausgeschlossen, wenn nur ein Teil der Kläger - wie vorliegend der Kläger zu 2. - zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört (BSG v. 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R, BeckRS 2015, 73497, Rn. 33).
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