· Fachbeitrag · Infektionsschutz
Landkreis verlangt zu Recht Einhaltung von Corona-Regeln in Arztpraxis
| Praxisinhaberinnen und -inhaber dürfen sich bei ihren hausinternen Hygienekonzepten im Zusammenhang mit der Coronapandemie nicht über geltende Verordnungen des Landkreises hinwegsetzen. Der Landkreis Bad Dürkheim hat von der Inhaberin einer Arztpraxis zu Recht die Einhaltung bestimmter Corona-Regeln gefordert (Verwaltungsgericht [VG] Neustadt, Urteil vom 17.08.2021, Az. 5 K 125/21.NW; online unter dejure.org , Deeplink: iww.de/s5378 ). Das Urteil ist auch für niedergelassene Physiotherapeuten relevant. |
Sachverhalt
Die spätere Klägerin, eine approbierte Ärztin und u. a. Fachärztin für Allgemeinmedizin, ist Inhaberin einer Arztpraxis im Landkreis Bad Dürkheim. Wegen mehrerer Beschwerden von Bürgern führten eine Amtsärztin und Mitarbeiter des Vollzugsdienstes Mitte Mai 2020 mehrere unangemeldete Begehungen der Praxis durch. Dort wahren mehrere Aushänge angebracht, die u. a. folgenden Wortlaut hatten:
- „Es besteht KEINE MASKENPFLICHT in unserer Praxis.“
- „In Hausarztpraxen besteht keine Maskenpflicht. Ich respektiere jedoch ihre Angst und setze gerne eine Maske auf, wenn Sie das möchten (auch wenn das aus wissenschaftlicher Sicht nicht sinnvoll ist).“
- „Corona ist nicht gefährlicher als eine Grippe!“
- „Politiker treffen Entscheidungen ohne zuverlässige Datenbasis“.
Bei der Überprüfung am 14.05.2020 hielt die Bestuhlung im Wartezimmer den von der zu diesem Zeitpunkt geltenden 7. Corona Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz (CoBeLVO) geforderten Abstand von 1,5 m nicht ein. Bei Nachkontrollen wurde festgestellt, dass die o. g. Plakate nicht entfernt worden waren. Die Mitarbeiter der Praxis und Patienten trugen keine Schutzmasken. Allerdings war die Bestuhlung im Wartezimmer den Hygieneregeln angepasst worden.
Am 19.05.2020 erließ der beklagte Landkreis Bad Dürkheim gegenüber der Klägerin die folgende Verfügung:
- „Sie werden verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Patienten in Wartesituationen gemeinsam mit anderen Personen eine Mund-Nase-Bedeckung tragen.
- Sie werden verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen einen Mindestabstand von 1,5 m bei Wartesituationen sicherzustellen.
- Sie werden verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter ihrer Praxis eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen.
- Sie werden aufgefordert, das Aufhängen von Plakaten mit dem Inhalt „keine Maskenpflicht“ zu unterlassen.“
Nach erfolglosem Widerspruch gegen die Anordnung klagte die Ärztin gegen en Landkreis. Dieser habe für seine Anordnungen keine Grundlage. Sie könne als Praxisinhaberin Patienten oder Mitarbeiter nicht zu einer bestimmten Verhaltensweise zwingen, auch nicht nach der CoBeLVO. Adressaten der Abstands- und Maskenpflichten seien ausschließlich die jeweiligen Personen selbst. Medizinisch sei der Nutzen der Masken ohnehin höchst zweifelhaft. Es bestehe auch keine Notwendigkeit, das Mobiliar so anordnen zu müssen, dass Patienten einen Mindestabstand einhalten könnten. Das könnten diese auch ohne Bevormundung oder Repression. Das VG wies die Klage ab.
Entscheidungsgründe
Bei dem Bescheid vom 19.05.2020 handele es sich um einen sog. Dauerverwaltungsakt. Daher richte sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage nach dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung richte. Zu diesem Zeitpunkt sähen die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes und der 24. CoBeLVO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die im Bescheid vom 19.05.2020 getroffenen Anordnungen des Beklagten vor.
Soweit die Klägerin moniere, sie könne Patienten oder Mitarbeiter nicht zu einer bestimmten Verhaltensweise zwingen, könne sie damit nicht durchdringen, denn sie habe nach der Verfügung vom 19.05.2020 lediglich als Betreiberin einer Gesundheitseinrichtung darauf hinzuwirken, dass die notwendigen Hygiene- und Schutzmaßnahmen beachtet würden. Dies schließe es ein, dass der Klägerin aufgegeben werden könne, das Aufhängen von Plakaten mit dem Inhalt „keine Maskenpflicht“ zu unterlassen.