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  • · Fachbeitrag · Podologie

    Dürfen „Nur-Kosmetiker“ eine „Praxis für medizinische Fußpflege“ führen und dafür werben?

    von RA Dr. Rolf Jungbecker, Justitiar des Verbandes Deutscher Podologen, Freiburg, jungbecker@dostal-sozien.de

    | Viele kosmetische Fußpfleger betreiben in Deutschland eine „Praxis für medizinische Fußpflege“ und werben auch hierfür. Seit dem Jahr 2013 ist eine solche Werbung grundsätzlich zulässig (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 24.09.2013, Az. I ZR 219/12, IWW-Abruf-Nr. 133414 ). Für Leistungserbringer ohne Ausbildung zum medizinischen Fußpfleger (Podologen) ist die Werbung allerdings an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Welche das sind und wie Podologen gegen unberechtigte Werbung von „Nur-Kosmetikern“ unter den Mitbewerbern vorgehen, lesen Sie in diesem Beitrag. |

    Podologen erbringen medizinische Fußpflege ...

    Was zur medizinischen Fußpflege gehört, ergibt sich zunächst aus dem Podologengesetz (PodG). Der Podologe führt auf ärztliche Veranlassung medizinisch indizierte podologische Behandlungen aus und wirkt somit bei der Prävention, Therapie und Rehabilitation von Fußerkrankungen mit. Die medizinische Fußpflege ist Heilkunde, und deshalb darf sie gemäß § 1 Heilpraktikergesetz (HPG) nur von einem Arzt oder einem Heilpraktiker oder aber von einem Podologen auf Anordnung des Arztes oder eines Heilpraktikers ausgeübt werden. Letzteres ist in der Praxis der Regelfall. Typische Tätigkeiten einer medizinischen Fußpflege sind die Behandlung von Patienten mit diabetischem Fußsyndrom, Fußfehlstellungen, eingewachsenen Zehennägeln, Warzen oder Hühneraugen oder auch Patienten mit Nagel- oder Fußpilz.

     

    MERKE | Der Begriff der medizinischen Fußpflege ist allerdings noch etwas weiter gefasst, er schließt etwa auch die Wundbehandlung am Fuß und die Nagelspangentherapie ein, Tätigkeiten, die der Podologe zwar ebenfalls gelernt hat, die aber bislang als ärztliche Leistungen gelten und deshalb nur von Ärzten oder eben auch Heilpraktikern erbracht werden dürfen. Damit korrespondiert, dass das PodG nur die Berufsbezeichnung „Podologe“ bzw. „medizinischer Fußpfleger“ schützt, nicht aber die medizinische Fußpflege als Tätigkeit.

     

    ... rein kosmetische Fußpfleger nicht!

    Der „Nur-Kosmetiker“ darf indes überhaupt keine medizinische Fußpflege erbringen. Er erbringt, auch soweit er im Rahmen seiner staatlich geregelten Ausbildung die „spezielle Fußpflege“ gelernt hat, allein pflegerische und dekorative Maßnahmen am gesunden Fuß. Anschaulich wird der Unterschied z. B., wenn am Fuß krankhafte Veränderungen festgestellt werden. Podologe und Kosmetiker dürfen beide nicht weiterbehandeln und sollten tunlichst den Patienten zur weiteren Abklärung zum Arzt oder Heilpraktiker schicken. Soweit die krankhafte Veränderung der Behandlung bedarf, kommt ‒ auf ärztliche Verordnung hin ‒ dann aber nur die Tätigkeit des Podologen in Betracht.

     

    Die eigentliche medizinische Fußpflege als Heilkunde gehört schon vom Ausbildungsinhalt her nicht zum Tätigkeitsbereich des kosmetischen Fußpflegers. Der kosmetische Fußpfleger ist kein Gesundheitsfachberuf. Auch das Absolvieren von Zusatzausbildungen etwa die „Ausbildung in der medizinischen Fußpflege“ oder zum „ärztlich geprüften Fußpfleger“ kann die staatlich anerkannte Ausbildung des Podologen nicht ‒ auch nicht teilweise ‒ ersetzen.

     

    MERKE | Darf aber der kosmetische Fußpfleger als solcher keine medizinische Fußpflege erbringen, dann darf er selbstverständlich auch nicht damit werben, etwa mit dem Begriff „Praxis für medizinische Fußpflege“. Damit würde er bei Patienten den irreführenden Eindruck erwecken, er erbringe zulässigerweise medizinische Fußpflege. Das wäre wettbewerbswidrig.

     

    BGH: Heilpraktikern ist die Werbung erlaubt

    Dass der BGH in seinem o. g. Urteil die Werbung mit „Praxis für medizinische Fußpflege“ für grundsätzlich zulässig erklärt hat, ändert an der Unzulässigkeit einer Werbung durch Nur-Kosmetiker nichts. Denn nach Auffassung des BGH ist diese Werbung ‒ außer für Podologen ‒ nur für Nichtpodologen zulässig, die im Rahmen der allgemeinen rechtlichen Regelungen (insbesondere § 1 Heilpraktikergesetz; HPG) medizinische Fußpflege betreiben. Und das sind im Klartext die Heilpraktiker, die daneben auch kosmetische Fußpfleger sein können. Ein solcher Heilpraktiker hat selbstverständlich das Recht, auf seine, so der BGH, „rechtlich erlaubte berufliche Tätigkeit“ hinzuweisen und damit zu werben.

    So gehen Sie gegen unerlaubte Werbung von Mitbewerbern vor

    Das HPG ist dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Dadurch sollen die Mitbewerber ‒ im Bereich der medizinischen Fußpflege also die Podologen und die Heilpraktiker ‒ vor denjenigen geschützt werden, die weder das eine noch das andere sind und ohne Erlaubnis nach dem HPG medizinische Fußpflege betreiben. Ein solcher Verstoß ist unlauter, „wenn er geeignet ist, die Interessen der Mitbewerber spürbar zu beeinträchtigen“ (§ 3a Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Abzustellen ist auf den konkreten Einzelfall: Die Anzahl der benachteiligten Marktteilnehmer spielt ebenso eine Rolle wie die Größe des erzielten Wettbewerbsvorteils.

     

    Wer Heilpraktiker oder Podologe ist, wird auch diese Berufsbezeichnung führen (vgl. § 1 III HPG), Wer sie nicht führt, wird medizinische Fußpflege mutmaßlich unzulässig betreiben. Der gegen das HPG verstoßende Betreiber einer Praxis für medizinische Fußpflege kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, er hat in begründeten Fällen die Kosten hierfür zu tragen; unter Umständen ist er schadenersatzpflichtig.

     

    In Betracht kommt auch eine Meldung an das zuständige Gesundheitsamt, das ggf. dann eine Untersagungsverfügung erlassen kann. Zudem ist zu bedenken, dass derjenige, der ohne Erlaubnis medizinische Fußpflege betreibt, sich strafbar macht (§ 5 HPG).

    Quelle: Ausgabe 07 / 2020 | Seite 14 | ID 46613415