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  • · Fachbeitrag · Strafrecht

    Auch einvernehmlicher Sexualkontakt mit Patienten kann für Therapeuten strafbar sein

    von RA Dr. Matthias Losert, LL.M., Berlin, matthias-losert.de

    | Selbst bei einvernehmlichem Sexualkontakt zwischen Behandelnden und Behandelten während eines Behandlungsverhältnisses gehen Behandelnde ein hohes Strafbarkeitsrisiko ein. Die Gerichte prüfen regelmäßig, ob die Behandelnden ihre Vertrauensstellung im Rahmen des Behandlungsverhältnisses missbraucht haben, um sexuelle Handlungen herbeizuführen. So auch im Fall eines Orthopäden: Der Einwand des angeklagten Arztes, der Sexualkontakt sei einvernehmlich gewesen, nutzte dem Arzt am Ende nichts (Oberlandesgericht [OLG] Hamm, Urteil vom 27.09.2022, Az. 5 RVs 60/22). Das Urteil ist gleichermaßen für Physiotherapeuten relevant. |

    Ein Behandlungsverhältnis führt zur Sexaffäre ...

    Eine Patientin ließ sich von einem Orthopäden und Osteopathen wegen eines Frozen-Shoulder-Syndroms und Schmerzen im Oberschenkel behandeln. Innerhalb eines Jahres nahm sie dabei über 30 Behandlungstermine wahr. Das ganzheitliche Behandlungskonzept umfasste auch ein Coaching, in dem u. a. Ernährung, Lebensführung und emotionale Probleme der Patientin thematisiert wurden. Im Lauf der Behandlungen entwickelte sich zwischen der verheirateten Patientin und dem Arzt, der ebenfalls in einer Beziehung lebte, ein inniges Vertrauensverhältnis, aus dem gegenseitige sexuelle Anziehung wurde. Bei den letzten Terminen trug die Patientin ein einteiliges Sommerkleid, das sie für die Behandlungen komplett ablegen musste.

     

    Ein Jahr nach Beginn der Behandlungen behandelte der Arzt die Patientin am linken Oberschenkel. Aufgrund des bei der Behandlung entstehenden Schmerzreizes fasste die Patientin den Arzt reflexartig an den Po und beließ ihre Hand dort auch nach Abklingen der Schmerzen. Sie begann dann damit, den Arzt zu streicheln. Daraufhin fragte der Arzt, ob die Patientin damit einverstanden wäre, dass er auch sie berühre. Nachdem die Patientin diese Frage bejahte, streichelte der Arzt sie an ihrer Vagina. Bei drei weiteren Terminen in der Arztpraxis ‒ teilweise außerhalb der Öffnungszeiten ‒ kam es zu weiteren sexuellen Handlungen und Oralverkehr. Die Patientin erklärte dem Arzt, dass sie keine Frau für zwischendurch sei und forderte von ihm, dass er sie auch auf den Mund küssen sollte.