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  • · Fachbeitrag · Steuergestaltung


    Aufnahme eines Praxispartners: So sparen Sie dabei Steuern!


    von StB, WP Michael Laufenberg und StB Thomas Ketteler-Eising, Laufenberg Michels und Partner, Köln, www.laufmich.de

    | Wenn Sie einen Praxispartner in Ihre Praxis aufnehmen und durch den Verkauf eines Teils Ihrer Praxis einen Gewinn erwirtschaften, unterliegt dieser der vollen Besteuerung. PP erläutert Ihnen drei Alternativen zur Aufnahme eines Praxispartners, mit denen Sie Steuern sparen. |

    Steuerlicher Überblick


    Die Aufnahme eines neu eintretenden Therapeuten in eine bestehende Einzelpraxis bedeutet aus steuerlicher Sicht: Ein Teil der Einzelpraxis wird an den eintretenden Therapeuten veräußert. Gegenstand des Erwerbs ist danach nicht nur der Anteil an der Einzelpraxis als solcher, sondern der jeweilige prozentuale Anteil entsprechend der späteren Beteiligungsquote an den einzelnen Wirtschaftsgütern der Praxis. Diese umfassen die Vermögensgegenstände des Praxisvermögens, wie zum Beispiel die Geräte und Einrichtungen, aber auch den immateriellen Wert, also den sogenannten Goodwill. 


    • Grundfall

    In dem Grundfall, der Aufnahme eines Therapeuten in eine Einzelpraxis gegen Zahlung eines Kaufpreises an den Praxisinhaber auf dessen privates Konto, entsteht ein Veräußerungsgewinn. Der Veräußerungsgewinn unterliegt der vollen Besteuerung, ist steuerlich also nicht besonders begünstigt. Steuerliche Begünstigungen werden nur gewährt, wenn ein Therapeut seine ganze Praxis veräußert und die freiberufliche therapeutische Tätigkeit einstellt. Bei Aufnahme eines weiteren Therapeuten in eine Einzelpraxis wird jedoch nur ein Teil der Praxis an den Eintretenden veräußert.

    Alternative Gestaltungen


    Um die sofortige Versteuerung eines Veräußerungsgewinns zu vermeiden, sind drei Gestaltungsalternativen denkbar, nach denen die Aufnahme eines Therapeuten in eine Einzelpraxis steuerlich günstiger abgewickelt werden kann als bei einer „ungestalteten“ Veräußerung eines Praxisteils.


    Alternative 1: Gewinnverzichtsmodell


    Die erste Gestaltungsmöglichkeit ist das „Gewinnverzichtsmodell“: Danach zahlt der eintretende Therapeut keinen Kaufpreis für die anteilig zu erwerbende Einzelpraxis. Stattdessen wird mit dem bisherigen Inhaber der Einzelpraxis Folgendes vereinbart: Der eintretende Therapeut erhält über einen bestimmten Zeitraum einen geringeren Gewinnanteil als ihm nach dem zu erwerbenden Anteil eigentlich zusteht. Durch diesen Verzicht zahlt der eintretende Therapeut den auf ihn übertragenen Teil der Praxis nach und nach ab:


    • Vorteil: Verteilung der Versteuerung. Für den Inhaber der Einzelpraxis hat dies den Vorteil, dass er nicht „auf einen Schlag“ einen Veräußerungsgewinn als laufenden Gewinn versteuern muss. Vielmehr muss jedes Jahr nur der höhere Gewinnanteil als laufender Gewinn der Besteuerung unterworfen werden. Im Ergebnis lässt sich damit über das Gewinnverzichtsmodell eine Verteilung der Versteuerung auf mehrere Jahre erreichen. Vor allem wenn der Praxisinhaber nicht der Besteuerung im Spitzensteuersatz unterliegt, kann dies aufgrund des progressiven Einkommensteuersatzes zu einer effektiven Steuerersparnis führen.


    • Nachteil: Kaufpreis wird nicht sofort eingenommen. Das Gewinnverzichtsmodell hat für den bisherigen Praxisinhaber jedoch auch Nachteile: Er bekommt den Kaufpreis für seinen Anteil nicht sofort, sondern erst nach und nach. Der verkaufende Therapeut trägt zudem das Risiko, dass die Gewinne später niedriger ausfallen als erwartet und sein erhöhter Gewinnanteil damit hinter dem erwarteten Betrag zurückbleibt.


    PRAXISHINWEIS |  Der Praxisinhaber trägt nach dem Gewinnverzichtsmodell weitere Risiken wie etwa eine eintretende Berufsunfähigkeit, bevor die „Gewinnverzichtsphase“ abgeschlossen ist. In unserer Beratungstätigkeit stellen wir nicht selten fest, dass sich der eintretende Therapeut nach ein paar Jahren - noch vor dem Ende der Gewinnverzichtsphase - nicht mehr an den Hintergrund der abweichenden Gewinnverteilung „erinnert“ und aufgrund seiner hohen Arbeitsleistung eine Änderung der Gewinnverteilung begehrt.

    Alternative 2: Überlassungsmodell


    Als zweite Alternative zur steuerlichen Gestaltung bietet sich das „Überlassungsmodell“ an: Hiernach bleibt der bisherige Inhaber der Einzelpraxis aus rechtlicher Sicht weiterhin Eigentümer des gesamten Praxisvermögens, einschließlich des immateriellen Werts. Es kommt zunächst nicht zur Bildung von gemeinsamem Vermögen mit dem eintretenden Therapeuten. Z:


    • Vorteil: Bildung von Sonderbetriebsvermögen. Beim Überlassungsmodell wird die bestehende Praxis der neuen Gemeinschaftspraxis insgesamt zur Nutzung überlassen. Aus steuerlicher Sicht wird das Vermögen der Einzelpraxis sogenanntes Sonderbetriebsvermögen des bisherigen Einzelpraxisinhabers bei der Gemeinschaftspraxis. Ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn für den Praxisinhaber entsteht dabei nicht.


    t


    • Chancen und Risiken: Gewinnverteilung modifiziert. Auch bei diesem Modell zahlt der neu in die Praxis eintretende Therapeut bei Gründung der Gemeinschaftspraxis zunächst keinen Kaufpreis an den Inhaber der Einzelpraxis. Im Gegenzug erhält der Einzelpraxisinhaber wie auch beim Gewinnverzichtsmodell einen erhöhten variablen prozentualen Anteil am Gewinn, gegebenenfalls mit einer zeitlichen Begrenzung. Ein fester Betrag in Euro darf hier nicht vereinbart werden, denn dieser würde der Umsatzsteuer unterliegen, was in jedem Fall zu vermeiden ist. Das „Mehr am Gewinn“ muss beim Überlassungsmodell also variabel sein, was für den Praxisinhaber Risiken, aber auch Chancen mit sich bringt. 

    • Im Laufe der Zeit werden dann notwendige Ersatzbeschaffungen von der Gemeinschaftspraxis selbst durchgeführt, sodass die Gemeinschaftspraxis nach und nach ein eigenes Praxisvermögen aufbaut. Im Ergebnis kommt es also zu einer sukzessiven Praxisübernahme.


    • Nachteil: Das Überlassungsmodell hat jedoch, ebenso wie das Gewinnverzichtsmodell, einen Nachteil, wenn der verkaufende Therapeut Einkünfte im Bereich des Spitzensteuersatzes hat: Da eventuelle Progressionsvorteile in diesem Fall keine Rolle spielen, kommt es lediglich zu einer Steuerstundung, nicht aber zu einer echten Ersparnis von Steuern. Bei dieser Voraussetzung wird die nachfolgend beschriebene Alternative interessant.


    Alternative 3: Modell nach Umwandlungssteuergesetz


    Eine weitere steuerlich anerkannte Gestaltung besteht darin, dass der eintretende Therapeut die Kaufpreiszahlung nicht an den Einzelpraxisinhaber zahlt, sondern auf ein gemeinsames Konto der neuen Gemeinschaftspraxis. Eine entsprechende Vorgehensweise kann nach § 24 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) ausgestaltet werden. 


    Beide Therapeuten schließen für dieses Modell einen Vertrag über die Gründung einer Gemeinschaftspraxis. In dem Vertrag wird folgendes vereinbart:


    • Der bisherige Praxisinhaber bringt seine Einzelpraxis in die Gemeinschaftspraxis ein und erhält dafür einen bestimmten Anteil an der Gemeinschaftspraxis.


    • Der eintretende Therapeut verpflichtet sich, einen bestimmten Geldbetrag für seine Beteiligung in die Gemeinschaftspraxis einzuzahlen. Dieser Geldbetrag muss dem zukünftigen Wertanteil an der neuen Gemeinschaftspraxis inklusive der getätigten Einzahlung entsprechen.


    • Beispiel

    Der Wert der Einzelpraxis beträgt 90.000 Euro. Der neu eintretende Therapeut soll zunächst 25 Prozent Anteil an der neuen Gemeinschaftspraxis erhalten. Hierzu muss er 30.000 Euro in die Gemeinschaftspraxis einzahlen:


    • Berechnung

    Wert der Einzelpraxis

    90.000 Euro

    =

    75 Prozent

    Eingezahlter Geldbetrag

    30.000 Euro

    =

    25 Prozent

    Wert der Gemeinschaftspraxis


    (Einzelpraxis plus Einzahlung)

    
120.000 Euro

    
=

    
100 Prozent

    Die Einzahlung ist nach diesem Modell höher als ein Kaufpreis für 25 Prozent der Einzelpraxis. Dieser würde nur 25 Prozent von 90.000 Euro, also 22.500 Euro betragen. Für seine Einzahlung von 30.000 Euro ist der neu eintretende Praxispartner folglich mit 25 Prozent am Wert der Gemeinschaftspraxis von 90.000 Euro beteiligt, also mit 30.000 Euro.


    • Steuerlich liegt bei diesem Modell aufseiten des bisherigen Praxisinhabers eine Einbringung seiner Praxis gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der neu gegründeten Gemeinschaftspraxis vor. Für diesen 
Vorgang kommt die Anwendung der steuerlichen Sondervorschrift § 24 UmwStG in Betracht. Dabei kann das Praxisvermögen auf Antrag unverändert zum bisherigen steuerlichen Buchwert von der Einzel- in die Gemeinschaftspraxis übergehen. Vorteil: Für den bisherigen Inhaber entsteht kein Veräußerungsgewinn.

    • Vorteil: Stille Reserven gehen über. Bei Anwendung des Umwandlungssteuermodells gehen die stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern der Einzelpraxis, insbesondere im immateriellen Wert (Goodwill), auf die Gemeinschaftspraxis über. Aus Sicht des Praxisinhabers sind die stillen Reserven erst sukzessive über mehrere Jahre hinweg als sogenannte Zuschreibungen zu versteuern. Damit wird im Ergebnis in der Regel eine Steuerstundung über mehrere Jahre erreicht. 


    • Der neu eintretende Therapeut kann korrespondierend dazu - wie beim Kauf des Anteils gegen Zahlung an den Einzelpraxisinhaber persönlich - Abschreibungen zur Minderung seiner Steuerbelastung geltend machen.


    Neben den bereits genannten Vorteilen ist ist die Wahl des Modells nach § 24 UmwStG zudem sinnvoll,


    • wenn (1.) in der Therapiepraxis Investitionen anstehen. Denn die Abschreibungen auf diese Investitionen können dann beim Einzelpraxisinhaber die Zuschreibungen aus der Einzahlung kompensieren. 


    • Angezeigt ist das Modell (2.), wenn die Einzelpraxis noch über betriebliche Darlehen, zum Beispiel zur Finanzierung von Geräten, verfügt, die von der Gemeinschaftspraxis mithilfe der Einzahlung getilgt werden können. 


    • Und schließlich bietet das Modell (3.) eine effektive Steuerersparnis, wenn der bisherige Praxisinhaber plant, seine berufliche Tätigkeit bald aufzugeben, um die Praxis ganz an den Nachfolger zu übergeben. Wird nämlich der verbleibende Anteil an der Gemeinschaftspraxis veräußert, liegt eine begünstigte Betriebsveräußerung vor. Dann können steuerliche Freibeträge und Begünstigungen optimal eingesetzt werden.


    FAZIT |  Liegt der bisherige Praxisinhaber mit seinen Einkünften im Bereich des Spitzensteuersatzes (für 2012 42 Prozent ab einem zu versteuernden Einkommen von 52.882 Euro bzw. bei Ehepaaren 105.764 Euro) sind regelmäßig weder das Gewinnverzichts- noch das Überlassungsmodell empfehlenswert. Dann kommt vor allem die Gestaltung nach dem UmwStG in Betracht. Sämtliche Modellannahmen ersetzen jedoch nicht den Gang zum Steuerberater und Rechtsanwalt!


    Wichtig: Es wird vom Finanzamt nicht anerkannt, wenn der Weg über die Gemeinschaftspraxis nur als „Umweg“ genutzt wird. Zahlt also der neu eintretende Therapeut auf ein Konto der Gemeinschaftspraxis und entnimmt der Einzelpraxisinhaber den Betrag zeitnah auf sein privates Konto, wird das Finanzamt einen Missbrauch annehmen und einen Veräußerungsgewinn versteuern.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2013 | Seite 14 | ID 36467890