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  • 08.07.2020 · IWW-Abrufnummer 216704

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 12.02.2020 – 7 K 3078/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Baden-Württemberg

    Urteil vom 12.02.2020


    In dem Finanzrechtsstreit

    Erbengemeinschaft nach E L bestehend aus
    1.A L
    2.B L
    3.C L
    - Klägerin -
    prozessbevollmächtigt:
    gegen
    Finanzamt
    - Beklagter -

    wegen Schenkungsteuer

    hat der 7. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2020 durch xxx

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
    3. Die Revision wird nicht zugelassen.
    4. Der Antrag auf Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird abgelehnt.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob eine Teilerbauseinandersetzung zu einer gemischten Schenkung geführt hat.

    I. Die Klägerin ist die Erbengemeinschaft nach der am xx. April 2015 verstorbenen Frau E L. Letztere war die Alleinerbin ihres am xx. März 2015 verstorbenen Vaters D F, der neben E L hälftiger Miterbe seiner am xx. Januar 2009 verstorbenen Ehefrau G F geworden war. Im gemeinschaftlichen Testament der Eheleute F vom 15. Februar 2006 war außerdem bestimmt, dass D F einen lebenslänglichen Nießbrauch an dem Erbteil von Frau E L erhalten sollte.

    Zum Nachlass von Frau G F gehörten unter anderem ein Hofgut in X sowie ein Grundstück in der Y Straße x in Z. Auf den Stichtag xx. Januar 2009 wurde der Grundbesitzwert für das Grundstück Y Straße x in Z vom zuständigen Finanzamt mit Bescheid vom 12. November 2010 auf 570.000 € festgestellt, der Grundbesitzwert für das Hofgut in X mit Bescheid vom 4. Oktober 2011 auf 732.094 €.

    Am 11. Mai 2012 schlossen die Erben einen Teilerbauseinandersetzungsvertrag, durch welchen die bislang im hälftigen Miteigentum stehenden Nachlassgegenstände Y Straße x, in Z, und das Hofgut in X so auseinandergesetzt wurden, dass diese jeweils in das Alleineigentum der Erben übergingen. Frau E L erhielt das Hofgut in X zu Alleineigentum, Herr D F das Anwesen Y Straße x in Z. Auf den Teilerbauseinandersetzungsvertrag vom 11. Mai 2012 wird Bezug genommen (Bl. 2 bis 4 der Schenkungsteuerakten). Am 5. Juni 2012 veräußerte Frau L das Hofgut für 3.140.000 € an M P.

    Wegen der Teilerbauseinandersetzung wurden das Grundstück Y Straße x in Z und das Hofgut in X auf den Stichtag 11. Mai 2012 erneut bewertet. Der Grundbesitzwert des Grundstücks Y Straße x in Z wurde mit Bescheid vom 12. Dezember 2014 auf 886.536 € festgestellt, der Grundbesitzwert für das Hofgut mit Bescheid vom 5. August 2013 auf 592.219 €. Mit Bescheid vom 19. Juli 2017 zog das zuständige Finanzamt die Folge daraus, dass das Hofgut am 5. Juni 2012 veräußert worden war. Gemäß § 162 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG) stellte es nunmehr unter Zugrundelegung des Liquidationswerts mit Bescheiden vom 19. Juli 2017 den Grundbesitzwert des Hofguts auf den Zeitpunkt des Erbfalls auf 2.042.689 €, auf den Zeitpunkt der Teilerbauseinandersetzung auf 2.092.884 € fest. Gegen die Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein.

    In der Teilerbauseinandersetzung vom 11. Mai 2012 sah der Beklagte eine gemischte Schenkung des Herrn D F an seine Tochter E L. Mit Bescheid vom 30. Juli 2018 setzte er deshalb gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin von Frau E L Schenkungsteuer in Höhe von 80.715 € fest. Dieser Festsetzung liegt folgende Berechnung zugrunde:

    Hingegebener Wert: €
    Hofgut X, Liquidationswert, davon 1/2 1.046.442
    Abzgl. Nießbrauchslast zugunsten Hr. F (gesamt) 34.566
    Wert des erworbenen Gegenstandes 1.011.876
    Gegenleistung:  
    Grundbesitz Z, Grundbesitzwert, davon 1/2 443.268
    Abzgl. Nießbrauchslast zugunsten Hr. F 100.163
    Wert des hingegebenen Gegenstandes 343.105
    Mehrzuteilung nach Steuerwerten 668.771
    Abzgl. Erwerbsneben- und Steuerberaterkosten 25.183
    Wert der Zuwendung 643.588

    Gegen den Schenkungsteuerbescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Eine Begründung erfolgte nicht. Mit Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2018 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit der Bescheid fehlerhaft sein solle.

    Am 26. November 2018 hat die Klägerin Klage erhoben. Es liege keine gemischte Schenkung vor. Zum Zeitpunkt der Teilerbauseinandersetzung sei das Hofgut in X noch nicht veräußert gewesen, weshalb der mit Bescheid vom 5. August 2013 auf den Stichtag des Erbfalls festgestellte Grundbesitzwert in Höhe von 592.219 € und nicht der Liquidationswert zugrundezulegen sei. Diesem Wert stehe ein Grundbesitzwert des Anwesens in Z in Höhe von 570.000 € gegenüber, weshalb keine Schenkungsteuer anfalle. Eine freigebige Zuwendung setze objektiv eine Bereicherung und subjektiv einen Bereicherungswillen voraus; vorliegend sei beides zweifelhaft. Die unterschiedlichen Werte beider Nachlassgegenstände ergäben sich in erster Linie aus der Bewertungsmethode. Gehe der Beklagte davon aus, dass es sich bei dem Liquidationswert für das Hofgut um den gemeinen Wert des Anwesens handle, müsse er auch für das Anwesen in Z einen vom Steuerwert abweichenden gemeinen Wert feststellen. Seit Jahren hätten Immobilienfirmen das Anwesen in Z erwerben wollen; die Angebote hätten zwischen 1 und 2 Mio € gelegen. Richtigerweise müsse dieser Wert dem Liquidationswert gegenübergestellt werden. Wenn das Bewertungsgesetz für die Ermittlung des Wertes des land- und fortwirtschaftlichen Betriebes zwei unterschiedliche Berechnungsmethoden vorsehe, die je nach Fortführung oder Aufgabe des Betriebes zu unterschiedlichen Ergebnissen kämen, sei dies verfassungsrechtlich zweifelhaft. Der für das Hofgut in X festgestellte Liquidationswert sei weit überhöht. Es seien maßgebliche Bewertungskriterien nicht beachtet worden; die Bewertung gehe ferner von falschen Voraussetzungen aus. Bei der Ermittlung der schenkungsteuerlichen Bemessungsgrundlage sei der auf den unentgeltlich erworbenen Anteil am erlangten Grundbesitz entfallende Teil des Grundbesitzwertes nach dem Verhältnis des unentgeltlich Erworbenen zum entgeltlich erworbenen Anteil am erlangten Grundbesitz zu berechnen. Stelle man den Steuerwert von 592.219 € dem gemeinen Wert von 2.092.884 € gegenüber, mache der Steuerwert 28,29 % des gemeinen Wertes aus; im Ergebnis wären dann lediglich 83.883,57 € als freigebige Zuwendung zu besteuern (vgl. Berechnung auf Bl. 163 der Finanzgerichtsakten). Dieser Gesamterwerb läge unterhalb des persönlichen Freibetrages.

    Die Klägerin beantragt,

    den Schenkungsteuerbescheid vom 30. Juli 2018 und die Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2018 aufzuheben,

    die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    In der Teilerbauseinandersetzung liege eine gemischte Schenkung. Zum Stichtag der Teilerbauseinandersetzung sei der Grundstückswert für das Grundstück in Z mit 886.536 € und der Wert für das Hofgut mit 2.092.884 € festgestellt worden, weshalb eine objektive Bereicherung vorliege. Das Hofgut in X sei im Juni 2012 für rund 3 Mio € an einen fremden Dritten verkauft worden; dieser Verkauf sei nur kurze Zeit nach der Teilerbauseinandersetzung erfolgt. Damit sei den Beteiligten zu diesem Zeitpunkt bewusst gewesen, dass das Hofgut einen deutlich höheren Wert habe als das Grundstück in Z. Für den unentgeltlich übertragenen Anteil liege daher eine gemischte Schenkung vor. Beide Grundbesitzwerte seien auf den Zeitpunkt der Teilerbauseinandersetzung gesondert festgestellt worden und für die Schenkungsteuerfestsetzung bindend. Selbst wenn der Verkehrswert für das Anwesen in Z zwischen 1 und 2 Mio € gelegen haben sollte - was in keiner Weise nachgewiesen sei -, sei die Wertdifferenz zum Hofgut in X, welches für ca. 3 Mio € verkauft worden sei, so erheblich, dass auf jeden Fall von einer gemischten Schenkung auszugehen sei. Die Bereicherung sei so zu ermitteln, dass vom Steuerwert der Leistung des Schenkers die Gegenleistung des Beschenkten und die von ihm übernommenen Auflagen abgezogen werden.

    Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der von dem Beklagten vorgelegten Akten (1 Heft Schenkungsteuerakte) Bezug genommen. Die Erbschaftsteuersteuerakten (Az. 7 K 3343/18) wurden zum Verfahren beigezogen. Sie waren Gegenstand der Beratung und Entscheidung.

    Entscheidungsgründe

    I. Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Schenkungsteuerbescheid vom 30. Juli 2018 und die Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2018 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

    Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) unterliegt der Schenkungsteuer jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. In objektiver Hinsicht ist erforderlich, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist. In subjektiver Hinsicht ist es notwendig, dass die Bereicherung freigebig zugewandt wird (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Juli 2013 II R 37/11, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 242, 158, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2013, 934, m.w.N.). Schenkungsteuerrechtlich wird nicht nur die reine, sondern auch eine gemischte freigebige Zuwendung erfasst. Eine solche ist dann gegeben, wenn einer höherwertigen Leistung eine Gegenleistung von geringerem Wert gegenübersteht und die höherwertige Leistung neben Elementen der Freigebigkeit auch Elemente eines Austauschvertrags enthält, ohne dass sich die höherwertige Leistung in zwei selbständige Leistungen aufteilen lässt. Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes der freigebigen Zuwendung reicht bei Unausgewogenheit gegenseitiger Verträge regelmäßig das Bewusstsein des einseitig benachteiligten Vertragspartners über den Mehrwert seiner Leistung aus; auf die Kenntnis des genauen Ausmaßes des Wertunterschieds kommt es nicht an (BFH-Urteil vom 13. September 2017 II R 54/15, BFHE 260, 181, BStBl II 2018, 292). Besteht bei einer gemischten Schenkung eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistung, begründet dies die widerlegbare Vermutung, dass die Zuwendung im Umfang der Bereicherung unentgeltlich war, d.h. dass dem Zuwendenden der Wertunterschied bekannt und bewusst war (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 2011 X ZR 45/10, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 2012, 605, Rz. 19, m.w.N.). Ein solches Missverhältnis wird regelmäßig angenommen, wenn die tatsächliche Gegenleistung die sonst übliche angemessene Gegenleistung um 20 bis 25 % unterschreitet (Geck in Kapp/Ebeling, 82. Lieferung 11.2019, § 7 ErbStG, Rz. 51).

    Der Beklagte ist im vorliegenden Fall zu Recht von einer gemischt-freigebigen Zuwendung ausgegangen. Für die Ermittlung der Schenkungsteuer sind die gemäß § 9 ErbStG zum Stichtag der Teilerbauseinandersetzung nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Werte maßgebend. Sowohl der Wert für das Anwesen Y Str. x in Z als auch der Wert für das Hofgut wurden gesondert festgestellt und sind für den Schenkungsteuerbescheid nach § 182 Abs. 1 S. 1 Abgabenordnung bindend. Der Wert für das Grundstück in Z wurde auf den maßgeblichen Stichtag der Teilerbauseinandersetzung mit 886.536 € festgestellt. Da das Hofgut von Frau E L veräußert wurde, tritt gemäß § 162 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG) der Liquidationswert i.H.v. 2.092.884 € mit Wirkung für die Vergangenheit an die Stelle des bisherigen Wertes. Damit führte die Hingabe des Hofgutes durch D F zweifelsfrei objektiv zu einer Bereicherung seiner Tochter E L. Nach Auffassung des Senats ist bei einer solch gravierenden Differenz der festgestellten Werte auch der subjektive Tatbestand zu bejahen. Die Erben wussten zum Zeitpunkt der Teilerbauseinandersetzung um das Werteungleichgewicht zwischen dem Grundstück in Z und dem Hofgut in X. Während sie bei ersterem nach den ihnen damals vorliegenden belastbaren Informationen von einem festgestellten Wert von 570.000 € ausgehen mussten, war ihnen bezüglich des Hofgutes klar, dass dieses kurze Zeit danach für über 3 Mio € verkauft würde. Da für das Grundstück in Z ein höherer Wert zwar behauptet, aber nicht nachgewiesen wurde, konnte die Klägerin weder den objektiven noch den subjektiven Tatbestand einer Schenkung entkräften. Soweit die Klägerseite vorträgt, dass die Bewertung des Hofguts mit dem Liquidationswert verfassungswidrig sei, wäre dies im dortigen Feststellungsverfahren zu prüfen. Gemäß § 42 Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 351 Abs. 2 AO findet sie damit im vorliegenden Verfahren, das den Schenkungsteuerbescheid als Folgebescheid betrifft, kein Gehör.

    Der Beklagte hat die Schenkungsteuer zutreffend errechnet. Die von der Klägerin eingeforderte Berechnungsweise ist durch die Rechtsentwicklung überholt. Den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in seinem Beschluss vom 7. November 2006 1 BvL 10/02 (BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192) entsprechend, orientiert sich seit dem 1. Januar 2009 die Bewertung von Grundbesitz an dessen gemeinem Wert (§ 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. §§ 157 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 182 Abs. 2 Nr. 3 Bewertungsgesetz - BewG -). Dementsprechend ist der Wert der Bereicherung bei einer gemischten Schenkung durch bloßen Abzug der Gegenleistung vom Grundbesitzwert des zugewandten Grundbesitzes zu ermitteln. Es reicht aus, dass durch die Bewertungsmethoden alle Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen Wert erfasst werden (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 117, 1, a.a.O.). Soweit dies im Einzelfall einen Unterschied zwischen dem nach dem BewG ermittelten Wert und dem gemeinen Wert ergibt, ist dies aufgrund der typisierenden Bewertungsmethoden hinzunehmen. Das gilt auch für Ermittlung der Bereicherung bei einer gemischten Schenkung (BFH-Beschluss vom 05. Juli 2018 II B 122/17, BStBl II 2018, 660).

    Nach alledem war die Klage abzuweisen.

    II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

    III. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

    IV. Der Antrag nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, bleibt ohne Erfolg. Im Vorverfahren angefallene Gebühren und Auslagen sind nur dann erstattungsfähig, wenn der Erstattungsberechtigte die Kosten des gerichtlichen Verfahrens nicht zu tragen hat (BFH-Beschluss vom 13. Juli 2006 IV E 1/06, BFH/NV 2006, 1874). Vorliegend hat aber die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.