· Fachbeitrag · Finanzierung
Buy-out als Möglichkeiten der externen Unternehmensnachfolgefinanzierung
von Michael Klumpp, Frankfurt a. M., www.tech-corporatefinance.de
| Nicht jedes Unternehmen kann mit einem internen Nachfolger aufwarten. Sollte eine interne Nachfolge nicht realisierbar sein, bietet sich der Verkauf von Anteilen an das Management an (MBO ‒ Management Buy-out) oder an externe Führungskräfte (MBI ‒ Management Buy-in). Sollten beide Möglichkeiten ausscheiden, kann das Unternehmen auch an strategische oder finanzielle Investoren verkauft werden. Buy-out-Transaktionen spielen bei der Unternehmensnachfolge eine immer wichtigere Rolle. Wie ein Buy-out funktioniert und ob er im Speziellen geeignet ist, lesen Sie im Folgenden. |
1. Rund 30.000 Unternehmensübergaben pro Jahr
Laut einer aktuellen Schätzung des IfM Bonn (www.ifm-bonn.de) stehen in Deutschland im Zeitraum zwischen 2018 und 2022 pro Jahr 30.000 Unternehmen zur Unternehmensnachfolge an, weil ihre Anteilseigner aus persönlichen Gründen aus der Geschäftsführung ausscheiden. Bei über 50 % oder mehr als 15.000 der Nachfolgelösungen wird es nach Schätzung des IfM Bonn zu einer familieninternen Nachfolge kommen, bei geschätzten 18 % wird das Unternehmen an die Mitarbeiter und/oder das Management übergeben und bei ca. 30 % der Unternehmensnachfolgen wird das Unternehmen verkauft. Nur bei einem kleinen Teil der Unternehmen kommt es zu einer Schließung des Unternehmens, insbesondere bei Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern.
Familieninterne Unternehmensnachfolgen kommen in der Hälfte aller Fälle aus fehlender Eignung der Kinder oder deren nicht vorhandenem Interesse zustande. In den Fällen der externen Unternehmensnachfolge benötigen die Mitarbeiter und/oder die heutigen Führungskräfte eine Finanzierung des Kaufpreises, damit die Übernahme des Unternehmens erst möglich wird. Auch externe Manager und ganz allgemein fast jeder Käufer von Unternehmensanteilen wird einen möglichst hohen Teil des Kaufpreises mit Fremdkapital finanzieren. Ganz allgemein gilt: Je höher der Anteil des Fremdkapitals, desto höher ist die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital. Im Umkehrschluss gilt: Je höher der Anteil des Fremdkapitals, umso höher ist das Risiko des späteren Scheiterns der Finanzierung, sollte das Unternehmen nicht die geplanten Jahresüberschüsse erzielen.
2. Finanzierungsprobleme bei der Unternehmensnachfolge
Die Finanzierung jeder externen Unternehmensnachfolge steht in der Praxis vor den folgenden Herausforderungen:
- Hohes Finanzierungsvolumen im Verhältnis zu den finanziellen Möglichkeiten der Mitarbeiter und der Führungskräfte.
- Kapitalgeber verfügen im Vergleich zu Mitarbeitern und Führungskräften über einen asymmetrisch vorhandenen Informationsstand zum Unternehmen, da die Mitarbeiter und Führungskräfte das Unternehmen viele Jahre in- und auswendig kennen und im Regelfall die von Kapitalgebern geforderten Informationen nicht aufbereitet vorliegen.
- Fremdkapitalgeber fordern Sicherheiten für die Finanzierung des Kaufpreises. Demgegenüber verfügen viele Unternehmen über geringe bis keine Sicherheiten. Viele Sicherheiten sind immaterieller Natur und begründen sich in der Marke, dem Image, dem Kundenstamm, einem Patent oder einer eigenen Softwarelösung etc. und sind nicht in der Bilanz abgebildet.
- Damit eine Fremdkapitalfinanzierung möglich wird, muss ein Unternehmen neben Sicherheiten über einen stabilen Cashflow verfügen, sonst kann die Tilgung und Zinszahlung nicht dargestellt werden. Stabile Cashflows sind aber bei Unternehmen mit Abhängigkeiten von wenigen Kunden, Mitarbeitern oder Produkten oft nicht möglich.
Ein Teil der Finanzierungsprobleme bei der Unternehmensnachfolge kann in der Praxis durch öffentliche Förderangebote gelöst werden. So bietet die KfW seit vielen Jahren spezielle Programme für die Finanzierung mittelständischer Unternehmensübernahmen an.
3. Die Buy-out-Transaktionen
Bei einer Buy-out-Transaktion führen Manager das Unternehmen weiter und beteiligen sich am Unternehmen. Bei einem Management Buy-out (MBO) sind leitende Angestellte oder Geschäftsführer die neuen Anteilseigner des Unternehmens, während bei einem Management Buy-in (MBI) externe Manager sich am Unternehmen beteiligen.
In der Regel verfügen weder die internen Manager noch die externen Manager über die finanziellen Mittel, um die Übernahme der Anteile mit eigenem Kapital zu finanzieren. Aus diesem Grund kommt es bei Buy-out-Transaktionen immer zu Beteiligungen von Investoren und/oder Fremdkapitalgebern.
Aufgrund des Hebels bei der Aufnahme von Fremdkapital spricht man von einem Leveraged Buy-out (LBO) bzw. einem Leveraged Buy-in (LBI).
Im aktuellen Umfeld mit extrem niedrigen Zinsen kommt es zu einer möglichst hohen Finanzierung mit Fremdkapital, die aktuell meistens bei über 50 % liegt.
Die Beteiligung des Managements erfolgt bei einer Buy-out-Transaktion über eine sogenannte NewCo ‒ eine neue Gesellschaft, die als Beteiligungsholding fungiert und in der alle Anteilseigner und die Kredite gebündelt werden. Neben der Bündelung aller Anteilseigner und der Kredite ermöglicht diese zweistufige Form einer Buy-out-Transaktion verschiedene steuerliche Gestaltungsspielräume bei der Anteilsübertragung von bisherigen Gesellschaftern auf die NewCo.
Eine spezielle Form des Buy-out ist der sogenannte Owners-Buy-out (OBO), bei dem die bisherigen Anteilseigner einen Teil der Anteile an der NewCo erwerben und sich somit rückbeteiligen. Die Beteiligung der bisherigen Anteilseigner an der NewCo schafft Vertrauen bei Mitarbeitern und Kunden und erleichtert den Übergang auf die neuen Anteilseigner (Management, Private Equity Gesellschaft, etc.). Die Höhe der Rückbeteiligung liegt in der Regel bei 10 % ‒ 30 %.
4. Strukturierung von Buy-out-Transaktionen
Die Strukturierung einer Buy-out-Transaktion (MBO/MBI/OBO) muss in mehreren Bereichen geplant werden. Neben der steuerlichen Strukturierung sind alle wesentlichen Verträge (z. B. Gesellschaftsvertrag der NewCo, Gesellschaftervereinbarung für die NewCo, Geschäftsanteilsübertragung des heutigen Anteilseigners in die NewCo, Gesellschafterdarlehensverträge, Geschäftsführeranstellungsverträge, Geschäftsordnung, …) zu erstellen und mit allen beteiligten Parteien zu verhandeln.
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Der Kaufpreis wird von der Private Equity Gesellschaft über Eigenkapital und ein Bankdarlehen finanziert.
Ablauf
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Aufgrund der Fremdkapitalfinanzierung der NewCo sind eine Vielzahl an Unterlagen für eine Due Diligence strukturiert in einem Datenraum abzulegen. Neben den steuerlichen und rechtlichen Aspekten ist die alles überlagernde Frage: Wie strukturiert man den Buy-out optimal als Mischung aus Eigenkapital, Fremdkapital, Mezzanine Kapital und einem Verkäuferdarlehen?
Der Mix sieht aktuell in der Praxis ungefähr wie folgt aus:
- Eigenkapital (meist von einer Private Equity Gesellschaft) sowie die Rückbeteiligung des heutigen Anteilseigners und/oder des Managements (intern/extern) → 20 % bis 30 %
- Mezzanine Kapital durch spezialisierte Mezzanine Finanzierer und Private Equity Gesellschaften → 15 % bis 25 %
- Fremdkapital von Banken (sogenanntes Senior Loan) → 45 % bis 65 %
- Die Strukturierung hängt von den prognostizierten Free Cashflows in den nächsten fünf bis sieben Jahren ab. Je höher der Fremdkapitalanteil, desto risikoreicher. Mezzanine Kapital steht zwischen dem Eigenkapital und dem Fremdkapital und verbessert die Bonität des Unternehmens.
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Eigenkapital | Mezzanine Kapital | Fremdkapital (Senior Debt) |
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5. Buy-out-Strukturen bei Familienunternehmen
Im Gegensatz zu anderen Ländern in Europa sowie den USA ist eine Buy-out-Transaktion bei kleinen Unternehmen und im Mittelstand auch im Jahr 2019 in Deutschland noch eher die Ausnahme als die Regel. Neben dem geringen Bekanntheitsgrad haben Buy-out-Transaktionen noch immer einen schlechten Ruf in Deutschland. Insbesondere die Aussagen des damaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering im Jahr 2005 („Heuschreckendebatte“) sind auch im Jahr 2019 im Gedächtnis vieler Anteilseigner von Unternehmen hängen geblieben. Gerade das damit unterstellte Ausschlachten von Unternehmen ist nicht das Geschäftsmodell von Private Equity Gesellschaften. Eine Vielzahl von Studien belegt, dass sich annähernd 70 % der Unternehmen nach einer Buy-out-Transaktion sowohl besser als in den Jahren davor entwickelt haben als auch besser als der Wettbewerb. Zudem haben ca. 70 % der Buy-out finanzierten Unternehmen mehr Mitarbeiter eingestellt im Vergleich zu den Jahren davor sowie im Vergleich zu Wettbewerbern.
Jede Buy-out-Transaktion erfordert eine mittelfristige Vorbereitung des heutigen Anteilseigners. Neben dem Aufbau einer ersten und zweiten Managementebene sind die Kundenbeziehungen sowie das Produkt- und Markt-Know-how vom heutigen Anteilseigner auf mehrere erfahrene Mitarbeiter zu transferieren. Ein Buy-out wird immer dann einfach und schnell sowie erfolgreich umgesetzt werden, wenn das laufende Geschäft nicht mehr von dem oder den heutigen Anteilseigner(n) abhängig ist. Vorteilhaft ist, wenn sich der heutige Anteilseigner bereits zu einem großen Teil aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat und sich das Unternehmen trotzdem positiv entwickelt. Jedwede Abhängigkeit vom heutigen Anteilseigner ist aus der Perspektive der Kapitalgeber ein Risiko und mindert den Unternehmenswert oder machen eine Buy-out-Transaktion gar unmöglich.
6. Voraussetzungen der Kapitalgeber
Private Equity Gesellschaften und Banken prüfen im Vorfeld einer Buy-out-Transaktion das Unternehmen in allen Bereichen. Ist die Finanzierung einer Buy-out-Transaktion ‒ auf Grundlage der Finanzplanung ‒ durch die geplanten Free Cashflows möglich, so erfolgt eine Plausibilisierung der Angaben sowie die Prüfung und Bewertung der Chancen und Risiken der Buy-out-Transaktion. Die nachfolgende Checkliste ist nicht abschließend, sondern stellt die wichtigsten Aspekte einer Prüfung (Due Diligence) vonseiten eines Kapitalgebers an ein Unternehmen dar:
Checkliste / der Kapitalgeber |
Kommt eine Beteiligung im Rahmen der Unternehmensnachfolge infrage? |
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Checkliste / für eine Finanzierung bei der familienexternen Nachfolge |
Ist eine Finanzierung im Rahmen der Unternehmensnachfolge möglich und wie ist diese zu strukturieren?
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7. Der Exit ‒ Ausstieg aus der Beteiligung
Das übergeordnete Ziel einer Private Equity Gesellschaft ist die Realisierung einer hohen Wertsteigerung auf das eingesetzte Kapital. Neben einer Vielzahl an Private Equity Gesellschaften, die eine Fondsstruktur mit einer Laufzeit zwischen sieben und zehn Jahren ‒ mit zwei Jahren Verlängerungsoption ‒ aufweisen, findet man in der Zwischenzeit in Deutschland eine wachsende Zahl an Private Equity Gesellschaften und Family Offices, die eine langfristige bis unendliche Beteiligung anstreben und keinen Exit beabsichtigen.
Die folgenden Alternativen sind grundsätzlich im Rahmen des Ausstiegs aus der Beteiligung möglich:
- Börsengang: aktuell eher unwahrscheinlich und erst ab >50 Mio. EUR Umsatz und hoher Profitabilität
- Trade Sale: Der Verkauf an einen Strategen ist meistens der bevorzugte Weg, um aus der Beteiligung auszusteigen, denn Strategen bewerten das Unternehmen höher im Vergleich zu Private Equity Gesellschaften
- Secondary Purchase: Weiterverkauf der Beteiligung an eine andere Private Equity Gesellschaft. Aufgrund der niedrigen Zinsen bezahlen derzeit auch Private Equity Gesellschaften hohe Kaufpreise
- Buy Back: Rückkauf der Anteile durch das Management
- Abschreibung der Beteiligung: Ist keiner der vorgenannten Wege möglich, wird die Beteiligung abgeschrieben und an das Management zu einer sehr niedrigen Bewertung verkauft. Im seltenen Fall kommt es zur Liquidation des Unternehmens, sollten die Fortführungsaussichten schlecht sein und das Unternehmen dauerhaft rote Zahlen schreiben.
Um eine hohe Rendite auf das eingesetzte Kapital zu realisieren, werden Private Equity Gesellschaften mehrere Jahre vor dem Exit Maßnahmen zur Wertsteigerung einleiten, um das Unternehmen so attraktiv wie möglich für den Exit aufzustellen. Daneben werden Maßnahmen zur Verbesserung des Images und des internen Rechnungswesens („Optimierungen“ ‒ Stichwort: „Braut schmücken“) umgesetzt. Regelmäßig werden zum schnelleren Ausbau der Marktstellung und zur Umsetzung eines schnellen Unternehmenswachstums weitere Unternehmen dazu gekauft ‒ sogenannte Buy-and-Build Strategien.
FAZIT | Buy-out-Transaktionen spielen bei der Unternehmensnachfolge eine immer wichtigere Rolle. Aus diesem Grund sollte jedwede Form einer Buy-outTransaktion (MBO/MBI/OBO) bei der Unternehmensnachfolge als Option in Betracht gezogen werden. Damit die Finanzierung einer Buy-out-Transaktion im Rahmen der Unternehmensnachfolge erfolgreich ist, sollten die heutigen Anteilseigner frühzeitig damit beginnen, ihr Unternehmen auf den Rückzug des Anteilseigners vorzubereiten. Je frühzeitiger und professioneller die Vorbereitung erfolgt, umso höher wird der Unternehmenswert ausfallen und umso höher ist die Chance einer erfolgreichen Buy-out-Transaktion. Der wichtigste Faktor dabei ist die Qualität des Managements und der wichtigsten Mitarbeiter aus Sicht einer Private Equity Gesellschaft und die Unabhängigkeit des Unternehmens vom heutigen Anteilseigner. Aufgrund der Professionalität und Erfahrung der Private Equity Gesellschaften sowie der Fremdkapitalgeber sollten sich die heutigen Anteilseigner frühzeitig mit einem erfahrenen Buy-out-Berater zusammensetzen. Der Buy-out-Berater bereitet das Unternehmen, die Anteilseigner sowie das Management auf den Prozess der Unternehmensnachfolge anhand eines Buy-out professionell vor und setzt den Buy-out im vereinbarten Zeitrahmen um, indem er einen Wettbewerb unter den interessierten Private Equity Gesellschaften schafft. |