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  • · Fachbeitrag · Fünf Fehler in der Unternehmensdarstellung

    Mit schlechten Marketing-Materialien haben Unternehmensverkäufer keine Chance!

    von Stephan Jansen, Frankfurt a. M., www.beyondthedeal.de

    | Wer sein Unternehmen verkaufen will, muss eine Dokumentation erstellen, die potenzielle Käufer überzeugt. Damit dies gelingt, sollten die folgenden fünf Fehler unbedingt vermieden werden. |

    1. Die Rolle der Marketing-Dokumentation

    Ob der Unternehmensverkauf letztlich gelingt, hängt nicht nur von den Marketing-Materialien ab. Dafür müssen die Finanzkennzahlen, das Geschäftsmodell und die vorhandenen Assets attraktiv genug sein. Darüber hinaus spielen die Persönlichkeit des Verkäufers sowie sein Auftreten im Verkaufsprozess und insbesondere in den Management-Meetings eine wichtige Rolle. Ob sich ein potenzieller Käufer aber überhaupt mit einem Unternehmen beschäftigt, hängt von der Attraktivität der Sales-Story ab. Diese Story muss attraktiv und gleichzeitig glaubwürdig sein und sich konsistent durch die Dokumente und den gesamten Verkaufsprozess ziehen.

     

    MERKE | Durchschnittlich dreieinhalb Minuten liest ein professioneller Investor (Investor, Käufer, Interessent sind hier synonym zu verstehen) ein Verkaufsexposés. Das entspricht etwa zehn Sekunden pro Folie oder Seite. In dieser Zeit muss es gelingen, so viel Interesse zu wecken, dass das Exposé auf dem Stapel „I“ (für Interesse) landet oder gleich noch einmal intensiver betrachtet wird. Andernfalls verschwindet es nämlich in der Ablage „P“ (für Papierkorb).

     

    Ist die Aufmerksamkeit des Interessenten erst einmal geweckt, stellt sich i. d. R. eine routinemäßige Skepsis ein. Auch der Investor ist risikobewusst und möchte keine teuren Fehler machen. Die Marketing-Materialien haben daher auch die Aufgabe, Vertrauen aufzubauen ‒ ohne Vertrauen kein Deal. Es ist die Aufgabe des Beraters bzw. Verkäufers, dafür zu sorgen, dass sich das Vertrauen im Laufe des Prozesses langsam aufbauen kann.

     

    Schließlich transportieren Marketing-Materialien neben Emotionen natürlich auch Informationen. Professionelle Investoren sind auf der Suche nach bestimmten Kennzahlen und Relationen, die sie schnell finden bzw. abschätzen können müssen. Potenzielle Käufer haben eine Checkliste im Kopf. Sind alle Häkchen gesetzt, ist das Interesse geweckt und der Investor wird sich melden. Aus den genannten Gründen ist der folgende Fehler unbedingt zu vermeiden.

     

    • Fehler 1

    Die Marketing-Dokumentation wird ohne einen Rahmen bzw. Aufbau erstellt, der die Erwartungen und die Anforderungen von Interessenten auf den ersten Blick erfüllt.

     

    2. Die Marketing-Materialien im Überblick

    Während des Verkaufsprozesses werden Informationen schrittweise an mögliche Interessenten weitergegeben.

     

    2.1 Der Teaser

    Typischerweise beginnt die Ansprache potenzieller Käufer mit einem Teaser (auch One-Pager genannt). Der Teaser fasst auf einer Seite zusammen, worum es geht, was die wichtigsten Kaufgründe sind und was mit der Transaktion erreicht werden soll (100 % Verkauf, Teilverkauf etc.). Dabei bleibt das Unternehmen anonym, da der Teaser an eine große Anzahl potenzieller Interessenten verschickt wird. Der Teaser wird jedoch nicht zuerst verfasst. Er steht am Ende der Dokumentationserstellung. Er ist lediglich eine sehr kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte des Informations-Memorandums (IM).

     

    • Inhalt des Teasers
    • Unternehmensbeschreibung bzw. Geschäftsüberblick
      • Was macht das Unternehmen, wann wurde es gegründet, welche Meilensteine hat es bereits erreicht?
      • Verkaufsgrund

     

    • Investment-Highlights
      • Umsatz- und Gewinnkennzahlen
      • Andere Stärken und Verkaufsargumente, die für Investoren Interessant sind

     

    • Vorgeschlagene Transaktion
      • Wie viele Anteile sollen verkauft werden?
      • Welche anderen Konditionen gibt es, die schon erwähnt werden sollen?
     

    2.2 Das IM (Informations-Memorandum)

    Das IM (auch Exposé genannt) bietet eine detaillierte Darstellung des Unternehmens und seines operativen Markts. Sensible Daten, Geschäftsgeheimnisse, Preisinformationen und detaillierte Finanzprognosen sind i. d. R. nicht im IM enthalten. Diese hoch vertraulichen Informationen werden erst im Rahmen der Due Diligence offengelegt. Ziel des IM ist es, das Unternehmen in einem möglichst positiven Licht darzustellen, ohne Risiken zu verschleiern oder zu ignorieren.

     

    • Fehler 2

    Das IM enthält zu reißerische oder haltlose Darstellungen und Behauptungen. Diese verhindern einen nachhaltigen Vertrauensaufbau und fallen den Verkäufern später im Prozess auf die Füße.

     

    Beachten Sie | Verkäufer sollten sich beim Verfassen des IM in die Lage eines potenziellen Käufers versetzen und bedenken, dass nicht nur Wettbewerber angesprochen werden sollen, die die Branche und das Unternehmen wirklich gut kennen. Das IM sollte so verfasst werden, dass es allen potenziellen Käufergruppen gleichermaßen die richtigen Informationen liefert und ihnen eine attraktive Investment-Geschichte erzählt.

     

    Der Inhalt des IM setzt sich wie folgt zusammen (je nach Branche und Unternehmen sind Anpassungen der Themen erforderlich):

     

    • Inhalt des IM
    Inhaltsangabe
    Erklärung

    1. Management Summary

    1.1

    Geschäftsüberblick

    1.1

    Grober Überblick über das Unternehmen

    1.2

    Finanzinformationen

    1.2

    Kernaussagen zu Umsatz und Profitabilität: Kennzahlen der letzten drei Jahre und (ggf.) eine Schätzung zum Ende des laufenden Jahres

    1.3

    Unternehmensstrategie

    1.3

    Kurzfassung der Strategie

    1.4

    Vorgeschlagene Transaktion

    1.4

    Art und Konditionen des Deals

    1.5

    Investitionskriterien

    1.5

    Hauptgründe, weshalb ein Interessent kaufen sollte

    2. Markt und Produkte

    2.1

    Produkte

    2.1

    Übersicht über die Produkte bzw. Dienstleistungen

    2.2

    Markt und Wettbewerb

    2.2

    Überblick über den Markt und Wettbewerb

    2.3

    Unternehmensstrategie

    2.3

    Die Strategie im Detail

    2.4

    Entwicklungspipeline

    2.4

    Die Pipeline neuer Produkte

     

    3. Finanzinformationen

    3.1

    Gewinn- und Verlustrechnung

    3.1

    Die GuV der letzten drei Jahre im Überblick

    3.2

    Bilanzkennzahlen

    3.2

    Die aktuelle Bilanz mit Kommentaren

    3.3

    Businessplan

    3.3

    Zahlen der letzten drei bis fünf Jahre sowie eine Prognose für den gleichen Zeitraum in der Zukunft

    4. Management und Mitarbeiter

    4.1

    Management-Team

    4.1

    Das Team und die Key-Mitarbeiter

    4.2

    Mitarbeiter-Konditionen

    4.2

    Kann entfallen, wenn es keine besonderen Konditionen gibt

     

    Es ist kein etablierter Standard für die Gestaltung von IM vorhanden. Bis vor etwa zehn Jahren war Microsoft Word das gängige Format für ein IM. Noch früher wurde das Dokument ausgedruckt, gebunden und dann per Post an die Interessenten verschickt. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Informationen im IM wirklich nur den Adressaten zur Verfügung standen. Mit dem Aufkommen von elektronischen Datenräumen wurde aber auch der Versand von PDF-Dateien per E-Mail für IM schnell zum Standard. Heute werden IM i. d. R. als Folien erstellt. Design-Software wie Figma scheint PowerPoint Konkurrenz zu machen. Es gibt auch IM, die direkt und ausschließlich im Web angezeigt werden und sich wie eine Website verhalten.

     

    Beachten Sie | Design spielt im digitalen Zeitalter eine immer größere Rolle. Das Auge investiert mit. Da Investoren aber sehr zahlen- und faktenorientiert sind, sollte das Design nicht über den Inhalt gestellt werden.

     

    2.3 Businessplan

    Der Businessplan zeigt auf, welche Gewinne das Unternehmen erwirtschaften wird und welche Investitionen notwendig sind, um die gesetzten Ziele zu erreichen.

     

    • Fehler 3

    Der Businessplan wird auf die leichte Schulter genommen.

     

    Wer Planzahlen angibt, muss damit rechnen, auch nach dem Verkauf in irgendeiner Form für das Erreichen dieser Zahlen verantwortlich gemacht zu werden.

     

    • Beispiel

    In einem Verkaufsprojekt in der IT-Branche war sich der Verkäufer sehr sicher, welchen Umsatz er mindestens in den nächsten zwei Jahren erzielen könnte. Das Jahr hatte sehr gut begonnen und die ersten sechs Monate deuteten darauf hin, dass der Umsatz am Ende des Jahres um mindestens 30 % übertroffen werden würde. Dementsprechend wollte der Unternehmer auch den Businessplan für das IM darstellen. Er wusste: je höher die Planzahlen, desto höher der mögliche Verkaufspreis. Durch den Ausfall von zwei Schlüsselmitarbeitern im Vertrieb (in einem Fall durch Mutterschaft, im anderen Fall durch Krankheit) konnten die Planzahlen zum Jahresende jedoch nicht wie vorgelegt erreicht werden.

     

    Der Verkäufer stand schließlich vor der Wahl, einen Preisabschlag beim Verkauf des Unternehmens hinzunehmen oder noch zwei Jahre im Unternehmen zu bleiben, um als Teilgesellschafter den Businessplan umzusetzen und im Gegenzug einen Earn-Out zu erhalten. Mit den ursprünglichen, konservativeren Schätzungen wäre der Sofortkaufpreis höher ausgefallen und ein Earn-Out nicht notwendig gewesen.

     

    Die Annahmen im Businessplan müssen einer detaillierten Überprüfung standhalten. So müssen sich z. B. die Kosten für die Umsetzung der Strategie ebenso in den Planzahlen wiederfinden wie die Annahmen für die Realisierung der Produktpipeline und deren Vermarktung. Widersprechen sich die Annahmen, wurden notwendige Kosten nicht eingeplant oder sind die Annahmen offensichtlich unrealistisch, kann dies das Vertrauen der Interessenten vollständig zerstören, sodass diese sich aus dem Prozess zurückziehen.

     

    • Fehler 4

    Die Kosten für die Strategie und die Pipeline finden sich nicht im Businessplan wieder oder widersprechen sich.

     

    2.4 Die Website

    Auch wenn die Website kein Marketing-Material darstellt, das der Verkäufer im Verkaufsprozess zur Verfügung stellt, ist sie dennoch ein wichtiges Marketing-Medium. Was glauben Sie, macht ein Interessent, der den Teaser erhalten hat und erstes Interesse verspürt? Richtig, er geht auf die Website des Unternehmens. Deshalb ist es wichtig, die Website auf ihre Eignung für den Verkaufsprozess zu überprüfen. Websites mit altem Design aus den 90er-Jahren werden allenfalls Skepsis, aber keine Investitionsbereitschaft auslösen.

     

    MERKE | Es liegt auf der Hand, dass Unternehmer keine großen Summen in Websites investieren wollen, wenn sie kurz vor dem Verkauf stehen. Möglicherweise hat der künftige Käufer eigene Vorstellungen, was mit welchem Ziel und mit welchen Botschaften im Web präsentiert werden soll. Das ist ein berechtigter Gedanke. Dennoch zählt die Präsentation des Unternehmens im Web. Ein veraltetes Design oder nicht konvertierende Seiten, die ihre eigentliche Aufgabe (Leadgenerierung, Branding etc.) nicht erfüllen, sollten vor dem Verkauf auf den neuesten Stand gebracht werden.

     

    Beachten Sie | Bei dieser Gelegenheit kann auch überprüft werden, ob das Unternehmen seine Daten im Einklang mit der DSGVO erhebt, da dies eine der vielen rechtlichen Fragen ist, mit denen sich der Verkäufer auseinandersetzen muss.

    3. Unternehmensverkäufe müssen beim ersten Mal gelingen

    Wenn potenzielle Käufer nicht auf das Marketing-Material anspringen, nachdem sie es gesehen haben, war es das. Bei einem Verkaufsversuch ein oder zwei Jahre später werden diese potenziellen Investoren die Unterlagen wahrscheinlich gar nicht mehr öffnen. Denn routinierte M&A-Käufer haben viele Opportunitäten zu prüfen und ihre Zeit ist knapp. In 99 % der Fälle sind Unternehmen, die wiederholt Verkaufsversuche starten, nach zwei bis drei Jahren auch nicht profitabler, strategisch einzigartiger oder anderweitig interessanter geworden. Die Käufer wissen das. Die Unterlagen landen folglich direkt im Papierkorb und eine Rückmeldung erfolgt nur in den seltensten Fällen.

     

    • Fehler 5

    Die Marketing-Materialien werden zunächst einmal mit minimalem Aufwand erstellt, da man davon ausgeht, innerhalb weniger Jahre mehrere Verkaufsversuche starten zu können. In den meisten Fällen gibt es nur eine Chance.

     

    Unternehmensverkäufe müssen beim ersten Mal klappen. Diese Chance sollte genutzt werden.

     

    FAZIT | Marketing-Materialien im Verkaufsprozess transportieren Informationen und wecken Emotionen sowie Interesse. Die Konsistenz der Informationen in den Marketing-Materialien und während des gesamten Verkaufsprozesses (insbesondere auch während der Due Diligence und mit den Daten im Datenraum) ermöglicht den Aufbau von Vertrauen, das eine Transaktion überhaupt erst möglich macht. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Marketing-Materialien sorgfältig und mit dem notwendigen Aufwand zu erstellen.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2024 | Seite 86 | ID 50006294