· Fachbeitrag · Moderne Beziehungsgeflechte und deren Folgen
Patchwork-Konstellationen in Unternehmerfamilien
von RA und Mediator Martin Lindenau, Partner bei LEGAVIS Rechtsanwälte, Weinheim
| Unternehmerfamilien sind komplexe Gebilde mit spezifischen Problemlagen und Belastungen. Der permanent notwendige Ausgleich zwischen den Sphären Unternehmen und Familie wird in Patchworkfamilien zusätzlich erschwert ‒ sowohl in gesellschaftsrechtlicher als auch in erbrechtlicher Hinsicht. Umso wichtiger ist eine frühzeitige und umsichtige Nachfolgeplanung, um Streitigkeiten unter den Kindern und letztlich Risiken für das Familienunternehmen zu vermeiden. |
1. Taxonomie und Entwicklung der Patchworkfamilie
Das am 1.1.1900 in Kraft getretene BGB entstand in einer Zeit, in welcher alternative Lebensmodelle nur vereinzelt auftraten und überdies zumeist gesellschaftlich geächtet wurden. Zwar ist auch heute die „Kernfamilie“, bestehend aus einem verheirateten Ehepaar und leiblichen Kindern, in Deutschland noch immer die häufigste Familienform. Gleichwohl haben die vergangenen Jahrzehnte gezeigt, dass sich Lebensmodelle und Familienstrukturen immer dynamischer verändern. Die „Hausfrauen-Ehe“, in welcher lediglich der Ehemann berufstätig ist und die Ehefrau sich um die Erziehung der gemeinsamen Kinder kümmert, wird immer öfter abgelöst durch Familienmodelle, in welchen beide Elternteile berufstätig sind und die Kindererziehung von beiden Elternteilen paritätisch übernommen wird.
Diese Entwicklung zieht im Familien- und Scheidungsrecht konkrete Folgen nach sich: Das bisher übliche Residenzmodell, bei dem die Kinder im Trennungsfall meist überwiegend bei einem Elternteil leben, wird zunehmend durch das Doppelresidenzmodell oder Wechselmodell abgelöst. Doppelresidenz bedeutet, dass sich die Eltern die erzieherische und materielle Verantwortung teilen. Das Kind lebt bei diesem Modell sowohl bei der Mutter als auch beim Vater und nicht überwiegend bei einem von beiden.
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