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  • · Fachbeitrag · Praxisbewertung im Rahmen der Nachfolgeberatung

    Wie sieht die zeitgemäße Bewertung einer Steuerberaterkanzlei aus?

    von Dipl.-Kfm. Reiner Löbbers, WP StB Rechtsbeistand;externer Berater bei Glawe Köln

    | Wenn es um den Verkauf einer Kanzlei geht, schlägt die Verkäuferseite überwiegend noch mit „branchenüblichen“ Multiplikatoren auf. Die Käuferseite antwortet inzwischen mit knallharten Barwerten (Praxiswerten) aus einer Ertragswertrechnung in Verbindung mit Liquiditäts- und Kapitaldienstrechnungen und Due-Diligence-Checklisten. Doch hinter diesem vordergründigen Kampf der Methoden steckt mehr. Es geht um den fundamentalen Wandel im Steuerberatungsmarkt. Eine Reihe kritischer Fragen soll helfen, das deutlich zu machen. |

    1. Ist die Personenbezogenheit noch zeitgemäß?

    Nach Wollny ist die freiberufliche Praxis „die Summe von Beziehungen, Aussichten und Möglichkeiten, die in weitem Umfang auf dem Vertrauen der Auftraggeber zu dem Berufsangehörigen beruhen und deshalb in ihrem Fortbestand eng mit der Person des bisherigen Praxisinhabers verknüpft sind“ (Wollny, Unternehmens- und Praxisübertragungen, NWB 2012, Tz 1527 ‒ 1531). Diese besondere Personenbezogenheit der freiberuflichen Steuerberaterpraxis und die daraus abgeleitete Abgrenzung zum Gewerbe zieht sich durch viele Veröffentlichungen zum Thema Bewertung von Steuerberaterpraxen durch. Sie ist aber kritisch zu hinterfragen.

     

    • BStBK zur Praxisbewertung (6.3.17, Berufshandbuch II. 4.2.1)

    „Die Besonderheiten, die bei der Bewertung einer Steuerberaterpraxis zu beachten sind, beruhen in erster Linie auf der Personenbezogenheit der Leistungserbringung, die für die Freien Berufe kennzeichnend ist. Die berufliche Tätigkeit des Steuerberaters ist in hohem Maße von der höchstpersönlichen Leistung des Berufsträgers und seinen Beziehungen zu den Mandanten geprägt, die in vielen Fällen von langjähriger Dauer sind. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Steuerberater und seinen Mandanten bildet die Grundlage für die Nachhaltigkeit zukünftig erzielbarer Erträge in einer Kanzlei. Für eine Wertermittlung kommt deshalb einer sorgfältigen Mandatsanalyse eine hohe Bedeutung zu.

    Der Praxiswert repräsentiert in starkem Maße eine Summe von personenbezogenen Faktoren. Von Interesse sind davon der Mandantenstamm und ggf. der Bekanntheitsgrad der Kanzlei. Der eng mit der Person des Praxisinhabers verbundene Goodwill kann nicht ohne flankierende Maßnahmen auf einen anderen Berufsangehörigen übertragen werden. Damit ist eine Steuerberaterpraxis auch ein KMU in dem Sinne, wie es in den Hinweisen der Bundessteuerberaterkammer zur Bewertung von KMU verstanden wird. Neben dem in erster Linie wertbestimmenden immateriellen Bereich spielt der Wert der Substanz (Praxiseinrichtung, EDV, Bibliothek etc.) in der Regel kaum eine Rolle. Sofern noch Forderungen aus unfertigen Leistungen bestehen, werden diese im Regelfall von den Vertragspartnern auf den Übergabezeitpunkt abgegrenzt.

    Aufgrund der Personenbezogenheit des Praxiswerts bedeutet der Todesfall des Praxisinhabers oder eines der Sozien einen unmittelbaren Wertverlust für die Praxis. Für einen möglichen Käufer besteht das Risiko, dass Mandate abwandern, weil keine Überleitung durch den Altinhaber und ein darüber geförderter Vertrauensaufbau in den Neuinhaber möglich ist. Der Verkauf einer verwaisten Praxis wird in der Regel auch nur mit einer zeitlichen Verzögerung erfolgen, sodass bereits bis zum Verkaufszeitpunkt Mandatsverluste stattgefunden haben.“