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  • · Nachricht · Familieninternen Nachfolge im Baugewerbe

    Unternehmensnachfolge im Baugewerbe: Gemeinsame Studie vom IfM Bonn und der DIW Econ

    | In einer gemeinsamen Studie des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn und der DIW Econ im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) wurde über eine Projektlaufzeit von September 2020 bis April 2022 im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)ein Forschungsprogramm zum Thema Zukunft Bau durchgeführt. Die folgende Kurzfassung gibt das Ergebnis dieser Forschungsarbeit zusammengefasst wieder. |

     

    Es gibt keine Schätzung oder Befragung, die verlässlich Auskunft darüber gibt, wie viele der Unternehmen im Baugewerbe in den kommenden Jahren vor der Nachfolgeregelung stehen oder was die Besonderheiten der Nachfolgeregelungen im Baugewerbe sind. Um diese Forschungslücken zu schließen, wurde im Rahmen einer Studie eine deutschlandweite repräsentative Unternehmensbefragung aller Unternehmen aus dem Baugewerbe durchgeführt. An der Befragung nahmen insgesamt 2.608 Bauunternehmer und Bauunternehmerinnen teil.

     

    Insgesamt zeigen die Befragungsergebnisse, dass die Unternehmen, die in den letzten zehn Jahren im Baugewerbe übernommen wurden, zum Zeitpunkt der Übernahme im Durchschnitt etwa 8 Beschäftigte hatten. Generell wird eine familieninterne Nachfolge präferiert ‒ und umgesetzt: Fast die Hälfte aller Unternehmensübernahmen in den vergangenen 10 Jahren blieben in der Familie, wobei diese im Bauhauptgewerbe deutlich häufiger war als im Ausbaugewerbe. Das Gros aller Nachfolger und Nachfolgerinnen im Baugewerbe entschied sich aufgrund des guten Unternehmensnamens für die Übernahme. Die überwiegende Mehrheit der Übernahmen im Baugewerbe (80 %) wurde innerhalb von zwei Jahren realisiert. Als größte Herausforderung bezeichneten die Nachfolgenden die steuerlichen Belastungen, wobei Nachfolgende im Ausbaugewerbe diese Belastung besonders häufig als (große) Herausforderungen bezeichneten.

     

    Neben Informationen zu den Übernahmen der letzten 10 Jahre, lieferte die Befragung auch Informationen zu den künftigen Nachfolgen. Annähernd 47 % aller Inhaber und Inhaberinnen im Baugewerbe planen, sich im Zeitraum von 2021 bis 2030 aus ihrem Unternehmen zurückzuziehen. Grund für den geplanten Rückzug sind im Wesentlichen Altersgründe. Fast jeder bzw. jede Zweite ist bestrebt, das Unternehmen zu übergeben bzw. zu verkaufen. Gut die Hälfte der Alteigentümer bzw. Alteigentümerinnen mit Übergabe- und Verkaufsplänen strebt eine Übergabe an Familienmitglieder an. Lediglich 9 % der Inhaber bzw. Inhaberinnen mit Rückzugsplänen plant eine Stilllegung des Unternehmens ‒ unabhängig von der Produzentengruppe. Unter den Unternehmen, die stillgelegt werden sollen, handelt es sich vorrangig um Kleinstunternehmen mit durchschnittlich vier Beschäftigten. Die Ergebnisse zeigen somit, dass Stilllegungsbestrebungen eher ein Phänomen unter den Kleinstunternehmen sind. Trotz dieser strukturellen Ähnlichkeiten gibt es nicht den einen ausschlaggebenden Grund für eine Stilllegung. Als häufigste Gründe für eine Stilllegung werden sowohl eine erfolglose Suche nach geeigneten Nachfolgekandidaten bzw. -kandidatinnen als auch eine nicht ausreichende Rentabilität der Unternehmen genannt.

     

    Nahezu die Hälfte (44 % der Inhaber bzw. Inhaberinnen) hat hingegen noch keine Entscheidung über die Zukunft ihrer Unternehmen getroffen. Diese Unentschiedenheit zeigt sich im Ausbaugewerbe etwas häufiger als im Bau- hauptgewerbe. Bei diesen Unternehmen handelt es sich fast ausschließlich um Kleinstunternehmen mit durchschnittlich 6 Beschäftigten. Somit sind diese Unternehmen insgesamt im Durchschnitt zwar größer als die Unternehmen mit Stilllegungsplänen, zugleich aber auch kleiner als diejenigen mit Fortführungsbestrebungen (durchschnittlich 10 Mitarbeitende). Zudem deuten die Ergebnisse daraufhin, dass die Unentschiedenen wirtschaftlichschlechter performt haben als die Inhaber bzw. Inhaberinnen mit Fortführungsbestrebungen. Auch zeigt sich im Vergleich, dass sie eher Probleme haben, mit den Gewinnmargen ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können als die Gruppe derjenigen mit Fortführungsbestrebungen. Daher erscheint es nicht verwunderlich, dass die überwiegende Mehrheit der Unentschlossenen sich mit (eher) großen Herausforderungen bei der Suche und Auswahl von Nachfolgenden konfrontiert sehen. Inwieweit eine Übergabe bzw. ein Verkauf der Unternehmen der Unentschlossenen unter diesen Umständen realistisch ist, kann im Einzelnen nicht bewertet werden. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass ein Großteil von ihnen eine Nachfolgelösung realisieren kann. Diese Angaben zu den geplanten Nachfolgen im Baugewerbe aus der repräsentativen Befragung haben die Forschenden mit Informationen aus der Gewerbeanzeigenstatistik kombiniert, um eine 10-Jahres-Schätzung des Nachfolgegeschehens im Baugewerbe vorzunehmen.

     

    Darauf basierend gehen die Autoren davon aus, dass von den 163.000 Unternehmern und Unternehmerinnen im Baugewerbe, die sich in den kommenden 10 Jahren aus ihrer Unternehmenstätigkeit zurückziehen wollen, 12.000 bis 15.000 tatsächlich übergeben werden.

     

    Die restlichen Unternehmen mit Rückzugsplänen werden vermutlich innerhalb dieses 10 Jahres Zeitraumes stillgelegt. Hiermit ist die Frage verbunden, ob diese Stilllegungen zu Einschränkungen bei Bauvorhaben im gesamten Bundesgebiet führen und welche Auswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu erwarten sind. Anhand der Befragungsergebnisse und der daraus abgeleiteten Prognose des Nachfolgegeschehens konnte die volkswirtschaftliche Relevanz des Baugewerbes sowie der beiden Produzentengruppen, des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes für das Bezugsjahr 2030 abgeschätzt werden. Die gesamtwirtschaftlichen Effekte der Branche wurden dazu mittels Input-Output-Analyse quantifiziert, um darauf aufbauend im Rahmen einer Szenario-Entwicklung die Wirkung der bevorstehenden Unternehmensstilllegungen zu bestimmen. Das betrachtete Szenario konzentriert sich dabei auf jene Unternehmen, die zwar Übergabebestrebungen haben, aber vermutlich keine erfolgreiche Übergabe vollziehen können. Berücksichtigt wurde in der Konzeption ebenso Auftragsverlagerungen und Beschäftigungsverschiebungen hin zu anderen Branchen oder ins Ausland.

     

    Die Berechnungen zeigen, dass aufgrund der zusätzlichen Unternehmensaufgaben mit einem Einbruch der

    durch das Baugewerbe direkt erzeugten Bruttowertschöpfung um rund 6 % zu rechnen ist. Dies entspricht einem Absolutbetrag von 12,2 Milliarden EUR. Ein Großteil des Rückgangs findet im Ausbaugewerbe statt (7,2 Milliarden EUR). Die direkte Beschäftigung ist um 149.800 Arbeitsplätze und damit rund 6 % gegenüber dem Basisszenario geringer. Diese Kennzahlen zeigen den Einbruch allein für das deutsche Baugewerbe. Die Befragungsergebnisse deuten darauf hin, dass ein Großteil der durch Stilllegungen verlorenen Arbeitsplätze und der Aufträge der entsprechenden Unternehmen durch Unternehmen aus anderen Branchen oder teils aus dem Ausland aufgefangen wird.

     

    Damit ist aus der gesamtwirtschaftlichen Perspektive kein allzu großer Schaden zu erwarten.

     

    Unternehmen mit Fortführungsbestrebungen weisen deutlich positivere Entwicklungen in der Vergangenheit auf als Unternehmen mit Stilllegungsplänen oder solche ohne konkrete Pläne. Auch sind erstere im Durchschnitt deutlich größer. Dies deutet auf offenbar funktionierende Selektionsmechanismen der Marktwirtschaft hin, die dazu führen, dass vornehmlich solche Nachfolgen stattfinden, die nach ökonomischen Maßgaben chancenreich sind. Es bedarf daher besserer Informationen und einer stärkeren frühzeitigen Sensibilisierung für alle Unternehmer und Unternehmerinnen im Baugewerbe, damit Unternehmer und Unternehmerinnen mit Rückzugsplänen besser einschätzen können, unter welchen Bedingungen Fortführungsbestrebungen realistisch sind ‒ und unter welchen nicht. Oder wie sie ihre Chance auf Fortführung ggf. erhöhen können (z. B. Aufbau eines Nachfolgers innerhalb der Belegschaft). Zudem ist es wichtig, dass im Zuge einer stärkeren Sensibilisierung ebenfalls die Altersvorsorge angesprochen wird. Denn der Verkauf des Unternehmens sollte möglichst nicht die alleinige Säule der späteren Altersvorsorge sein. Unabhängig davon, ob eine Fortführung oder eine Stilllegung angestrebt wird, bedürfen Inhaberinnen und Inhaber mit Rückzugsplänen Beratung. Dieser Beratungsbedarf ist bei der Regelung der Nachfolge naheliegend. Beratung bedürfen aber auch Unternehmer und Unternehmerinnen mit Stilllegungsplänen. Denn auch eine Stilllegung muss geplant sein. Idealerweise sollte diese Beratung auch den Besonderheiten der Nachfolgeregelung Beachtung schenken, die sich beispielsweise im Baugewerbe durch einen kurzen Nachfolgeprozess auszeichnet oder einer großen Zahl an unentschiedenen Inhabern und Inhaberinnen auszeichnet, die noch nicht wissen, ob das Unternehmen eher fortgeführt oder eher stillgelegt werden soll.

     

    Quelle

    • https://www.bfw-newsroom.de/wp-content/uploads/2022/05/studie-unternehmensnachfolge-baugewerbe.pdf
    Quelle: ID 48490997

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