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  • · Fachbeitrag · Betriebswirtschaft

    Eckdatenstudie Physiotherapie: Bei der Digitalisierung ist noch Luft nach oben

    | Wer seine Physiopraxis voranbringen will, benötigt Informationen darüber, wie die eigene Praxis im Vergleich zu anderen Praxen aufgestellt ist ( PP 07/2016, Seite 13 f.). Vor diesem Hintergrund haben die Steuerberatungsgesellschaft ETL ADVISION und der Verlag für Prävention & Gesundheit GmbH eine Eckdatenstudie veröffentlicht (siehe weiterführende Hinweise). Wenig überraschend: Die Studie ist ein Spiegelbild des gesamten Gesundheitswesens. Bei der Digitalisierung ist noch Luft nach oben. |

    Einordnung der Studie gegenüber ähnlichen Publikationen

    Anders als im WIdO-Bericht (PP 03/2023, Seite 3 ff.) oder im BARMER-Heilmittelreport (PP 04/2023, Seite 3 ff.) ist das Erkenntnisinteresse der Eckdatenstudie nicht die Heilmittelverordnung, sondern die wirtschaftliche Situation von Physiopraxen. Die Studie nutzt keine Gesundheitsdatenbasis aus der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern stützt sich auf Interviews mit physiotherapeutischen Einrichtungen. Sie macht jedoch keine Angaben zur Anzahl der Interviewpartner, zum Untersuchungszeitraum und zur Methode der Auswertung. Daher sind die Zahlen vorsichtig zu interpretieren. Da die befragten Einrichtungen nicht weiter differenziert sind (z. B. nach Praxen, Rehazentren oder Krankenhäusern), wird im Folgenden ‒ sofern es um Angaben der Befragten geht ‒ der Einfachheit halber der Begriff „Praxen“ verwendet.

    Physiotherapeutische Praxen in Deutschland

    Da die Zahl der physiotherapeutischen Einrichtungen in Deutschland nicht zentral erfasst ist, gibt es hierzu unterschiedliche Angaben: Der GKV-Spitzenverband verzeichnet 40.113 Einrichtungen, die Berufsgenossenschaft für Gesundheit und Wohlfahrtspflege 49.405 (jeweils zum 30.04.2022). Der WIdO-Bericht 2021 nennt eine Zahl von 42.671 Einrichtungen (PP 03/2023, Seite 3 ff.)

     

    Im Jahr 2021 waren nach Angaben des Statistischen Bundesamts bundesweit 200.000 Physiotherapeuten beschäftigt, davon 166.000 sozialversicherungspflichtig und 34.000 geringfügig.

     

    87,2 Prozent der befragten Praxen sind Einzelunternehmen (z. B. Freiberufler), 11,8 Prozent Personengesellschaften (z. B. GbR) und 1 Prozent Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH). 70 Prozent der befragten Praxen wurden nach dem Jahr 2000 gegründet, die Praxen sind im Durchschnitt 17,4 Jahre am Markt.

    Praxisräume

    Gut ein Drittel der Praxisräume (37,4 Prozent) sind Eigentum der Praxisinhaber, knapp zwei Drittel (62,6 Prozent) sind angemietet. Der Mietzins beträgt durchschnittlich 8,63 Euro/qm, bei einer durchschnittlichen Fläche einer Physiopraxis von 152,4 qm ergibt das eine Kaltmiete von 1.315 Euro/Monat.

    Selbstzahlerangebot

    69,6 Prozent der befragten Praxen bieten zusätzlich zu verordneten Heilbehandlungen Selbstzahlerleistungen an.

     

    • Häufigste Selbstzahlerangebote der befragten Einrichtungen (in Prozent)

    Klassische Massagen

    79,0

    Klassische Rückenmassage

    67,5

    Wellness & Präventionsangebote

    64,7

    Kinesiotaping

    39,1

    Physiotherapie

    38,2

    Aromaölmassage

    30,7

    Fasziendistorsionsmodell

    29,0

    Trainingstherapiefläche

    14,4

    Lymphdrainage

    11,5

    Ergotherapie

    4,0

    CMD ‒ Craniomandibuläre Dysfunktion

    3,4

    Sonstiges

    15,5

     

    In den Einrichtungen mit Trainingstherapiefläche trainierten durchschnittlich 41,3 Mitglieder, davon 33,8 Selbstzahler (82 Prozent). Der Monatsbeitrag betrug durchschnittlich 36,65 Euro (Preisspanne 19 bis 65 Euro).

    Öffnungszeiten

    Die befragten Praxen sind durchschnittlich 4,9 Tage pro Woche geöffnet. 60 Prozent davon sind nur ganztags geöffnet, 1,1 Prozent nur halbtags und 38,9 Prozent ganz- und halbtags, keine Praxis hat Öffnungszeiten rund um die Uhr („24/7“). Die durchschnittliche Öffnungszeit beträgt 47,8 Stunden pro Woche. Geöffnet wird i. d. R. zwischen 7:00 und 8:00 Uhr, geschlossen meist zwischen 18:00 und 20:00 Uhr. 48 Prozent der Befragten haben nur Öffnungszeiten nach Vereinbarung.

    Praxisteam

    In den befragten Praxen arbeiten 1 bis 20 Beschäftigte, durchschnittlich 5,6 Personen, davon 26,8 Prozent Männer und 73,2 Prozent Frauen. 8,6 Prozent der Praxen sind Einpersonenbetriebe, etwa zwei Drittel (65,2 Prozent) der Praxen beschäftigen 3 bis 20 Personen. Der Anteil der Beschäftigten mit akademischem Abschluss beträgt 4,6 Prozent. Die Einstiegsgehälter liegen zwischen 1.500 und 3.700 Euro brutto (durchschnittlich: 2.606 Euro brutto).

     

    57,6 der befragten Praxen haben noch offene Stellen, ihnen fehlen durchschnittlich 1,3 Fachkräfte. Die häufigsten Methoden bei der Personalsuche sind das Internet (51,4 Prozent), Printmedien (47,6 Prozent), Mundpropaganda (32,0 Prozent), Jobcenter (30,6 Prozent) und Facebook (18,4 Prozent). Die Befragten nutzten durchschnittlich zwei Suchmedien.

     

    Um Fachkräfte zu halten, bieten 87,8 Prozent der Befragten ihren Beschäftigten Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten an, gefolgt u. a. von Gutscheinen (51,3 Prozent), Altersvorsorge (50,9 Prozent), Vergünstigungen Essen/Trinken (38,7 Prozent) sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld (36,0 Prozent).

    Umsatz und Investitionen

    29 Prozent der Befragten äußerten sich zur Höhe ihres Jahresumsatzes: 68,5 Prozent von ihnen erwirtschafteten bis zu 250.000 Euro, 31,5 Prozent zwischen 250.000 Euro und 1 Mio. Euro Umsatz im Jahr. Der durchschnittliche Jahresumsatz beläuft sich auf 241.844 Euro, der Umsatz pro Mitarbeiter beträgt im Durchschnitt 43.186 Euro.

     

    Die Hälfte (50,6 Prozent) der Befragten haben im Jahr 2022 in ihrer Praxis Investitionen getätigt. Die Investitionen hatten einen Wert von durchschnittlich 17.807 Euro. Eine Hochrechnung zu den geplanten Investitionen für das Jahr 2023 ergibt folgendes Bild:

     

    • Für das Jahr 2023 geplante Investitionen (nur investitionsbereite Praxen)
    Kategorie
    Anteil Praxen (%)
    durchschnittliche geplante Ausgaben (Euro)

    Fort-/Aus- und Weiterbildung

    51,6

    2.706

    Therapie-/Trainingsgeräte

    35,8

    5.995

    Räumlichkeiten

    27,0

    6.463

    Hard-/Software

    26,0

    2.753

    Selbstzahlerbereich

    10,6

    4.679

    Marketing

    8,2

    1.760

    Neue Mitarbeiter

    5,8

    3.207

    Sonstiges (z. B. Praxis-Pkw, Fachliteratur, Material)

    29,8

    10.607

     

    81 Prozent der Befragten äußerten sich zur Finanzierung der geplanten Investitionen: 79,5 Prozent von ihnen investieren nur Eigenkapital, 17,6 Prozent investieren Eigenkapital mit Darlehensanteil und 2,6 Prozent nutzen nur ein Darlehen.

    Facebook & Co.

    Unter den sozialen Medien sind für Physiotherapeuten nur Facebook (von 39 Prozent der Befragten genutzt), Instagram (27,2 Prozent und Youtube (8 Prozent) von Bedeutung.

    Software und Abrechnung

    Vier von fünf befragten Praxen (81 Prozent) verwenden eine Praxissoftware. Am häufigsten genutzt werden die Anbieter Theorg (23,3 Prozent), Optica Viva (12,5 Prozent), Thera Plus (8,7 Prozent), Starke Praxis (6,3 Prozent) und iPrax (5,5 Prozent). Bei den 19 Prozent, die gar keine Software nutzen, handelt es sich um kleinere Praxen mit durchschnittlich 3,5 Beschäftigten.

     

    Gut 70 Prozent der Praxen delegieren die Abrechnung an einen Dienstleister ‒ am häufigsten an Optica (28,6 Prozent), Noventi (18,8 Prozent), opta data (9,0 Prozent), RZH (4,0 Prozent) und DZH (3,6 Prozent). 28,6 Prozent rechnen selbst ab. Diese Praxiskategorie hat durchschnittlich 4,1 Beschäftigte.

    Digitalisierung und TI-Anbindung

    Die Praxisinhaber wurden auch dem Stand der Digitalisierung in ihrer Praxis befragt, zu bewerten anhand einer Skala von 1 (gar nicht) bis 5 (sehr hoch). Am häufigsten (40,8 Prozent) wurde der Wert 3 (durchschnittlich) vergeben, der Mittelwert beträgt 3,03.

     

    • Über die Digitalisierung informieren sich Praxen am häufigsten über Verbände (72,7 Prozent der Befragten), das Internet (48,3 Prozent), Fachmagazine (47,3 Prozent), auf Messen (34,1 Prozent) sowie über Vereine (16,0 Prozent) und diverse Anbieter (10,8 Prozent).

     

    • Was die Teilnahme an der Telematik-Infrastruktur (TI) angeht,
      • haben erst 3 Prozent der Befragten einen Anschluss bestellt bzw. eingerichtet,
      • hat sich gut die Hälfte (54,4 Prozent) schon zu dem Thema informiert. Nur 7,2 Prozent derer, die sich bereits informiert haben, wollen ihre Praxis sicher bis 2024 an die TI anschließen,
      • wollen 42,6 Prozent der Befragten keine Anbindung. Sie begründen dies u. a. mit fehlendem Mehrwert für die Praxis (47,9 Prozent), zu hohen Kosten (12,4 Prozent), fehlenden Informationen (10,7 Prozent) oder Zeitmangel (10,1 Prozent).

     

    • Bei der weiteren Digitalisierung sind die meisten Praxen eher zurückhaltend: Nur 29 Prozent der Befragten wollten ihre Digitalisierung ausbauen oder teilweise ausbauen, 61,6 Prozent wollen das nicht bzw. eher nicht und 9,4 Prozent sind noch unentschlossen.

     

    • Innovative Praxen wollen die Digitalisierung auf folgenden Gebieten ausweiten: Abrechnung (88,3 Prozent), Praxisorganisation (81,4 Prozent), Online-Terminvergabe (50,3 Prozent) und Videobehandlungen (11 Prozent).

     

    • Nur 4 Prozent der Befragten nutzt die Videotherapie schon jetzt zumindest gelegentlich oder will sie für das Jahr 2023 einplanen, die übrigen 96 Prozent begründen ihre Haltung mit Personal- und Zeitmangel.

     

    Weiterführende Hinweise

    • ETL ADVISION und Verlag für Prävention und Gesundheit GmbH (Hg.): 1. Eckdatenstudie Physiotherapie. Eckdaten zur Situation der deutschen Physiotherapieeinrichtungen. Berlin, Willstätt, April 2023. Zum kostenlosen Download der Studie müssen Sie sich zunächst online unter iww.de/s8022 registrieren. Von der ETL ADVISION erhalten Sie anschließend eine E-Mail mit einem persönlichen Download-Link.
    • WIdO-Bericht 2022/2023: nach Pandemiejahr zweistellige Zuwachsraten für Heilmittel (PP 03/2023, Seite 3 ff.)
    • BARMER-Heilmittelreport 2022 ‒ zwei Aufreger, aber auch Erhellendes zu Rückenschmerzen (PP 04/2023, Seite 3 ff.)
    Quelle: Ausgabe 06 / 2023 | Seite 6 | ID 49436607