03.04.2009 | Gerichte entscheiden munter weiter
Fraunhofer: Streitschauplatz Nummer Eins
Wir berichten im Folgenden von weiteren Urteilen der Land- und Amtsgerichte zum Fraunhofer-Marktpreisspiegel.
Landgerichte
- LG Bonn: Entscheidend ist, dass die Fraunhofer-Untersuchung mit Differenzierung nach zwei Ziffern der PLZ bei weitem nicht so breit gestreut sind, wie sie es bei den nach drei PLZ-Ziffern strukturierten Ermittlungen von Schwacke sind. Die Fraunhofer-Untersuchungen geben zum weit überwiegenden Teil nur Auskunft über sechs Internetanbieter. Marktkonformer dürften dagegen jene Preise sein, die breit gestreut, möglichst ortsnah und unter der Prämisse eingeholt sind, dass der Wagen möglichst sofort zur Verfügung stehen muss. Längere Vorbuchungsfristen werden dem Markt für schnell zur Verfügung stehende Unfallersatzwagen nicht gerecht. Die mit einer solchen Vorbuchungsfrist ermittelten Preise dürfen deshalb nicht in die Vergleichsbetrachtung einbezogen werden (Urteil vom 10.3.2009, Az: 10 O 263/08, eingesandt von Rechtsanwalt Ulrich Wenning, Bonn; Abruf-Nr. 091026).
- LG Dortmund: Sowohl der Schwacke-Mietpreisspiegel als auch der Fraunhofer-Marktpreisspiegel haben Schwächen. Weil im Fraunhofer-Marktpreisspiegel jedoch jegliche Angaben zu den Nebenosten fehlen, ist Schwacke vorzugswürdig (Urteil vom 5.2.2009, Az: 4 S 115/08).
- LG Essen: Der Schwacke-Mietpreisspiegel basiert auf der Befragung von 8.700 Vermietern, die Fraunhofer Erhebung dagegen nur auf der Auswertung einiger weniger im Internet präsenter Anbieter. Die Schwacke-Liste erscheint daher als zuverlässiger (Urteil vom 17.2.2009, Az: 3 O 329/07; Abruf-Nr. 091024).
- LG Karlsruhe: Es ist keinem Geschädigten zumutbar, seine Kreditkartendaten im Internet zu verwenden. Gerade jüngst sind Missbrauchsfälle solcher Daten via Internetkriminalität bekannt geworden (Urteil vom 28.1.2009, Az: 1 S 76/08; Abruf-Nr. 091027).
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Amtsgerichte
- AG Bad Doberan: Im ländlichen Raum Bad Doberan sind nur zwei Vermieter aktiv. Vor diesem Hintergrund ist die ein- und zweistellige PLZ-Einteilung des Fraunhofer-Marktpreisspiegels nicht geeignet, um den lokalen Preis zu ermitteln. Außerdem ist die Liste untauglich, weil sie gerade nicht die Preise in der Unfallersatzsituation erfragt hat (Urteil vom 27.2.2009, Az: 10 C 201/08; Abruf-Nr. 091028).
- AG Bergen auf Rügen: Der Schwacke Mietpreisspiegel differenziert ausreichend genau. Das ist insbesondere deshalb von Bedeutung, als dass es auf der Insel Rügen nur zwei kleine Vermieter gibt (Urteil vom 2.3.2009, Az: 2 C 616/08; Abruf-Nr. .
- AG Berlin-Mitte: Die Fraunhofer-Erhebung basiert auf der Befragung von nur wenigen großen Vermietern. O-Ton: „Es ist schließ-lich allgemein bekannt, dass Ergebnisse von Statistiken dadurch beeinflusst werden können, welche Daten darin berücksichtigt und welche (bewusst) nicht berücksichtigt werden.“ (Urteil vom 24.2.2009, Az. 102 C 3285/08, eingesandt von Rechtsanwalt Marcus Gülpen, Potsdam/Berlin; Abruf-Nr. 091030).
- AG Freiburg: Die im Fraunhofer-Marktpreisspiegel gewählten Gebiete sind viel zu großflächig und berücksichtigen überproportional Großanbieter und Internetangebote (Urteil vom 12.3.2009, Az: 5 C 4535/08; Abruf-Nr. 091031).
- AG Gelsenkirchen: Es ist dem Geschädigten wegen der Missbrauchsgefahr nicht zuzumuten, dass er seine Kreditkarte im Internet nutzt (Urteil vom 3.2.2009, Az: 32 C 231/08, eingesandt von Rechtsanwalt Peter Lodde, Dortmund; Abruf-Nr. 091104).
- AG Hamburg-Wandsbek: Der Schwacke-Mietpreisspiegel basiert auf einem wesentlich breiteren Informations- und Datenstand als der Fraunhofer-Marktpreisspiegel (Urteil vom 12.2.2009, Az: 711 C 162/08; Abruf-Nr. 091032).
- AG Straubing: Der Schwacke-Mietpreisspiegel differenziert genauer hinsichtlich der PLZ-Gebiete. Dadurch kommt ein eventuelles Preisgefälle zwischen ländlichen und städtischen Gebieten besser zum Ausdruck. Darauf komme es in der Region Straubing besonders an (offenbar, weil auch die Tourismus-, Messe-, Flughafen- und Geschäftsreisestadt München im gleichen einstelligen PLZ-Gebiet liegt). Schließlich ist der Fraunhofer-Marktpreisspiegel überwiegend von einheitlichen Preisen überregionaler Vermieter bestimmt, die nur über das Internet buchbar sind. Eine Internet-anmietung ist aber nicht zumutbar (Urteil vom 20.1.2009, Az: 2 C 1056/08; Abruf-Nr. 091033).
- AG Memmingen: Die Annahme einer siebentätigen Vorbuchungsfrist passt nicht zur Unfallsituation. Die These von Fraunhofer, die Vorbuchungsfrist habe kaum Einfluss auf den Preis, ist nicht nachvollziehbar, zumal die dazu erstellten Voruntersuchungen „im Dunkeln“ bleiben. Die Liste ist mit ihrem Schwerpunkt auf nur sechs Vermieter nicht ausreichend repräsentativ. Sie ermöglicht auch keine ausreichende Eingrenzung der Region der Anmietung (Urteil vom 29.1.2009, Az: 21 C 654/08; Abruf-Nr. 091034).
- AG Siegen: Der Fraunhofer-Marktpreisspiegel ist im Auftrag des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft erstellt worden. Damit begegnet sie Neutralitätsbedenken (Urteil vom 6.3.2009, Az. 14 C 2890/08, mitgeteilt von Rechtsanwalt Emmanuel Kaufmann, Gießen; Abruf-Nr. 091035).
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Unser Service: Eine Übersicht über alle bisher bekannt gewordenen Urteile zum „Fraunhofer-Marktpreisspiegel“ finden Sie in „myIWW“ (www.iww.de) im „Online-Service“ unter „Arbeitshilfen“ - Stichwort: „Rechtsprechungsübersicht Fraunhofer-Marktpreisspiegel“.
Wir berichten im Folgenden von weiteren Urteilen der Land- und Amtsgerichte zum Fraunhofer-Marktpreisspiegel.
Quelle:
Ausgabe 04 / 2009 | Seite 7 | ID 125883