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  • 11.01.2010 | Leserforum

    Prognoserisiko auch im Kaskofall?

    Ein Leser fragt: „Gelten die Grundsätze zum ,Prognoserisiko‘ auch bei Kaskoschäden? Wir haben gerade einen Fall, bei dem der von der Versicherung entsandte Sachverständige den Wiederbeschaffungswert (WBW) auf 10.800 Euro festlegte und die Reparaturkosten mit 9.995 Euro voraussagte. Während der schon fortgeschrittenen Reparatur zeigten sich erhebliche weitere Schäden, die der Sachverständige nicht kalkuliert hatte. Er wurde informiert, die Reparaturrechnung belief sich am Ende auf knapp über 13.000 Euro. Wie ist die Rechtslage?“  

    Sachlage im Haftpflichtschadenrecht

    Im Haftpflichtschadenrecht ist die Sache geklärt: Das Prognoserisiko liegt beim Schädiger. Der Geschädigte darf sich auf das Gutachten verlassen, eine andere Erkenntnisquelle hat er ja nicht. Wird es am Ende teurer, ist das nicht das Problem des Geschädigten oder seiner Werkstatt. Das ist ständige Rechtsprechung des BGH.  

    Sachlage im Kaskoschadenrecht

    In der Kaskoversicherung kennen wir zu der Problematik kein vergleichbares Urteil, vermutlich weil die zunächst ablehnenden Versicherungen am Ende doch einknicken. Denn die Sache ist eindeutig: Der Versicherer schickt einen Sachverständigen. Der legt eine Kalkulation des Schadens vor. Einen eigenen Sachverständigen auf Kosten des Versicherers darf der Versicherungsnehmer nicht in Anspruch nehmen. Also hat er auch hier für seine Reparaturentscheidung nur eine einzige Erkenntnisquelle, nämlich den von der Versicherung entsandten Sachverständigen.  

     

    Worauf soll der Versicherungsnehmer denn sonst vertrauen?

    Der Versicherer wird kaum einwenden können, der Versicherungsnehmer dürfe sich auf dessen Schadenkalkulation, die ja letztlich aus der Sphäre der Versicherung kommt und ihr zuzurechnen ist, nicht verlassen. Es handelt sich doch um eine Schadenprognose des Versicherers, der der Versicherungsnehmer ausgeliefert ist. Noch mehr als im Haftpflichtschadenrecht, wo der Gutachter vom Geschädigten ohne Einflussnahme des Versicherers ausgesucht wird, muss gelten: Ist der Schaden am Ende höher, ist das Sache des Versicherers.  

     

    Haftpflichtschadenrecht als Auslegungshilfe