01.08.2006 | Versicherung verliert Rechtsstreit
BGH-Urteil über 40 Euro Restwertdifferenz
Vor dem BGH hat eine Versicherung in einem Streit über die Restwertfrage den Kürzeren gezogen (Urteil vom 30.5.2006, Az: VI ZR 174/05; Abruf-Nr. 062103). Es ging um folgenden Sachverhalt.
Sachverhalt
An einem älteren Fahrzeug schätzte der Gutachter einen Restwert von 240 Euro. Ein konkreter Aufkäufer war nicht benannt. Der Geschädigte schrieb die Versicherung durch seinen Anwalt an: Trotz vielerlei Bemühungen finde er keinen Käufer für das Fahrzeug. Das beste Gebot liege bei 200 Euro. Die Versicherung möge ihm helfen, dass er die 240 Euro erzielen könne. Die Versicherung reagierte nicht. Der Geschädigte verkaufte für 200 Euro. Unter Hinweis auf das Gutachten verweigerte die Versicherung die Differenzzahlung. Neben weiteren etwa 370 Euro aus einer anderen Schadenposition klagte der Geschädigte auch die 40 Euro Restwertdifferenz ein. |
Die Versicherung nahm den Kampf bis zum BGH auf und verlor: Wenn sich der im Gutachten genannte Restwert am lokalen Markt nachweislich nicht erzielen lässt, kann der Geschädigte zu einem niedrigeren Preis veräußern. Das gilt erst recht, wenn er den Versicherer auf den Umstand hinweist und ihn erfolglos um Unterstützung bei der Vermarktung bittet, so der BGH.
Der Fall zeigt das ewige Dilemma des Sachverständigen: Benennt er im Gutachten konkrete Aufkäufer, die bereit sind, den genannten Restwert zu bezahlen, ermittelt er keinen Wert, sondern einen Preis. Nach schadenrechtlichem Ideal geht es aber um den Wert. Benennt er keinen Aufkäufer, kann es sein, dass der Geschädigte nicht für den genannten Wert verkaufen kann. Es spricht also manches für die Benennung der Interessenten. Das Verhalten der Versicherung, nicht zu reagieren und sich hinter dem Gutachten zu verschanzen, spricht Bände. Ein Gutachten hat immer nur prognostischen Charakter. Das wahre Leben kann zu anderen Ergebnissen führen. Und das Prognoserisiko trägt stets der Schädiger.
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