· Fachbeitrag · Vollkasko
Vollständiger Verlust des Versicherungsschutzes bei Trunkenheit
| Eine Trunkenheitsfahrt kann unter dem Gesichtspunkt der groben Fahrlässigkeit zum vollständigen Verlust des Kaskoversicherungsschutzes führen. Der BGH hat das nun klargestellt und damit eine umstrittene Frage zum neuen Versicherungsvertragsgesetz beantwortet. |
Vor der Reform des Versicherunsvertragsgesetzes (VVG) im Jahr 2008 galt das „Alles-oder-Nichts“-Prinzip: Wer unterhalb der Schwelle zur groben Fahrlässigkeit lag, bekam - und bekommt noch heute - alles. Wer aber grob fahrlässig handelte, bekam vom Kaskoversicherer nichts. Das erschien ungerecht, denn innerhalb der groben Fahrlässigkeit gibt es Unterschiede. Ein Verhalten kann „knapp“ die grobe Fahrlässigkeit erreichen oder aber wie im BGH-Fall (2,7 Promille) „ganz doll“ grob fahrlässig sein. So entschied sich der Gesetzgeber zu differenzieren. Nun heißt es in § 81 VVG: „Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.“
WICHTIG | Umstritten war die Bedeutung des Wortes „Kürzen“. Heißt das „höchstens ein Stück abschneiden“ oder darf auch gekürzt werden, bis nichts mehr da ist? Stimmen in der Literatur hielten sich an dem originären Sinn des Wortes „Kürzen“ fest, und in der Tat, dann müsste immer noch etwas verbleiben. Der BGH hat jedoch mit dem Sinn der Vorschrift entschieden: Die Reform sollte nicht dazu führen, dass auch der schlimmste Rowdy immer noch einen Rest der Versicherungsleistung erhält (Urteil vom 22.6.2011, Az: IV ZR 225/10; Abruf-Nr. 112152).