· Nachricht · Editorial Mai 2018
Internetpreise für Mietwagen ‒ oder wie man die Fraunhofer-Werte ad absurdum führt
| Ein Angestellter eines Verbands ist besonders kundig im Schadenersatzrecht. Er hat einen unverschuldeten Unfall mit einem dem Verband gehörenden und ihm zur dienstlichen und privaten (Ein-Prozent-Regelung) Nutzung überlassenen Fahrzeug. Absichtlich spult er nun das Programm ab, das er als angebliche Pflicht in Schreiben von Versicherern tausendfach gelesen hat: Internettarife mit Vorauszahlung per Kreditkarte, Kaution, für Vertragsverlängerung nochmals vor Ort die Kreditkarte vorlegen usw. |
Wenn man das aber macht, kommt dabei ein Preis heraus, der deutlich näher an Schwacke-Werten ist als an den Fraunhofer-Werten bzw. der Nutzungsausfallentschädigung.
Und nun fällt der Versicherer darauf herein und meint, das sei ja viel zu teuer. Auch wenn das Gericht in der Urteilsbegründung darauf keinen Bezug nimmt, konnte der Kläger dem Kammergericht (KG) mit diesem Verfahren aufzeigen, dass tatsächliche Internetpreise weit weg liegen von den Werten der Fraunhofer-Liste.
Im Prozess wird für den Schädiger noch vorgetragen, der Geschädigte sei ja ein Verein und ein Verein habe bekanntlich keinen Führerschein. Also könne er auch kein Fahrzeug fahren und könne daher keinen Ausfallschaden haben.
So einen Unsinn liest man selten. Wenn eine Firma oder ein Verband ein Fahrzeug hat, damit irgendein Mitarbeiter damit fährt, ist der unfallbedingte Entzug des Fahrzeugs selbstverständlich ein zu beseitigender Schadenanteil. Denn nun muss er eben den Mietwagen dem Angestellten zur Verfügung stellen. Und auch eine Privatperson ohne Fahrerlaubnis kann sich fahren lassen. Auch dazu braucht sie vor und nach dem Unfall ein Auto.
So wurde das ein sehr teurer Prozess für den Schädiger (KG, Urteil vom 05.04.2018, Az. 22 U 47/16, Abruf-Nr. 200748, eingesandt von Rechtsanwalt Bert Handschumacher, Berlin).
Mit freundlichen Grüßen,
Joachim Otting | Schriftleiter