Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.09.2011 · IWW-Abrufnummer 112699

    Amtsgericht Landau/Pfalz: Urteil vom 29.07.2011 – 4 C 326/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Aktenzeichen: 4 C 326/10
    Amtsgericht Landau in der Pfalz
    IM NAMEN DES VOLKES

    Urteil (abgekürzt nach § 313a Abs.1 ZPO)
    In dem Rechtsstreit XXX

    wegen Mietwagenkosten aus Verkehrsunfall
    hat das Amtsgericht Landau in der Pfalz durch die XXX auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15.07.2011 für Recht erkannt:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 324,63 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.06.2010 zu bezahlen.
    2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 56,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.06.2010 zu bezahlen.
    3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    5. Die Berufung wird nicht zugelassen.
    Entscheidungsgründe'

    Die Klage ist zulässig und begründet.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Ersatz von restlichen Mietwagenkosten in Höhe von 324,63 € aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 398 BGB, 115 VVG.

    Die Klägerin klagt aus abgetretenem Recht der Fahrzeughalterin. Die Abtretung ist wirksam. Sie bezieht sich alleine auf die Ansprüche, die der Klägerin aufgrund des Mietvertrages gegen ihre Vertragspartner zustehen. Das Gericht sieht darin, dass die Klägerin die abgetretene Forderung nunmehr geltend macht, kein Verstoß gegen §2 I RDG. Die Klägerin besorgt keine Rechtsangelegenheit der Geschädigten, sondern eine eigene Angelegenheit: Zwar kann dies anders sein, wenn nach der Geschäftspraxis des Mietwagenunternehmens die Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten Kunden eingezogen werden, bevor diese selbst auf Zahlung in Anspruch genommen werden. Denn damit werden den Geschädigten Rechtsangelegenheiten abgenommen, um die sie sich eigentlich selbst zu kümmern hätten. Allerdings ist es nach der Rechtsprechung des BGH durchaus zulässig, dem praktischen Bedürfnis nach einer gewissen Mitwirkung des Fahrzeugvermieters bei der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers Rechnung zu tragen (BGH, NJW 2006, 1726).

    Unter Beachtung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass es der Klägerin nicht um die Besorgung fremder Rechtsgeschäfte ging, die eigentlich dem Geschädigten oblagen, sondern darum, die ihr eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen. Es handelt sich bei der Geltendmachung von Mietwagenkosten nicht um die Haupttätigkeit der Klägerin, Haupttätigkeitsfeld ist die Vermietung von Fahrzeugen. Die Klägerin ist auch nicht umfassend tätig geworden. Die Geschädigte hat vielmehr einen Rechtsanwalt mit der Regulierung ihres Schadens beauftragt. Die Klägerin hat sich nicht sämtliche Ansprüche der Geschädigten abtreten lassen, die Abtretung ist vielmehr auf die Ersatzansprüche hinsichtlich der Mietwagenkosten beschränkt. Dies spricht gegen eine umfassende Besorgung fremder Angelegenheiten im Sinne. des §2 I RDG.(so auch LG Köln: Urteil vom 29.12.2010 - 9 S 252/10 BeckRS 2011, 00355).

    Die Klägerin hat der Geschädigten außerdem mit Rechnung vom 13.10.09 (Bl. 11 d. A.) die Mietwagenkosten in Höhe von 824,63 € in Rechnung gestellt und zur sofortigen Zahlung aufgefordert. lnsoweit machte die Klägerin die Mietwagenkostenforderung tatsächlich gegenüber der Geschädigten geltend. Nachdem die Beklagte direkt an die Klägerin zahlte, durfte diese darauf vertrauen, dass auch von Seiten der Kundin keine Zahlungen mehr erfolgen würden. Daher kommt es auf die Frage, ob die Klägerin, die Geschädigte zu weiteren Zahlungen aufforderte, was die Beklagte bestritten hat, nicht an.

    Der Rüge der Beklagten, die Forderung sei nicht bestimmt oder bestimmbar, kann nicht gefolgt werden. Die Abtretung, weist als Forderung die "Schadensersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten" aus (Anlage zur Klageschrift, BI. 10 d.A.). Damit ist die Forderung hinreichend bestimmbar. Das von der Beklagten angeführte Urteil des BGH vom 7.6.11, Az. VI ZR 260/10 beschäftigt sich nicht mit einem vergleichbaren Sachverhalt. Dort ging es um eine Abtretung von "Schadenersatzansprüchen in Höhe der Gutachterkosten". Der BGH hat entschieden, dass von der Gesamtsumme mehrerer Forderungen nicht ein nur summenmäßig bestimmter Teil abgetreten werden kann.

    Dies ist hier indes gerade nicht der Fall, sondern es wurde der konkrete Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten abgetreten.

    Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Der Anspruch besteht auch der Höhe nach.

    Die Mietwagenkosten stellen erforderliche Kosten i. S.V. § 249 Abs. 2 BGB dar. Aus dieser Vorschrift folgt, dass der Geschädigte vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er grundsätzlich - jedenfalls in einem gewissen Rahmen - von mehreren. auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann.

    Die Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen ihre Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil sie ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem Normaltarif teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 8GB erforderlich sind (BGH, NJW 2008, 2910; NJW 2006, 1506; NJW 2007, 2758;NJW 2007, 2916).

    Das Gericht hat in Ausübung seines Ermessens nach § 287 ZPO den Normaltarif hierauf der Grundlage des "Schwacke-Mietpreisspiegels" 2009 im Postleitzahlengebiet der Geschädigten (768) ermittelt. Das Fahrzeug der Geschädigten, ein Peugeot 206 CC 110 Platinum, ist gemäß der EuroTaxschwacke in die Gruppe 5 einzuordnen.
    Nachdem die Klägerin für einen Mietwagen der Gruppe 4 abrechnet, kommt eine weitere Reduzierung der Fahrzeugkategorie auch nicht unter Berücksichtigung des Alters des Fahrzeugs in Betracht.
    Für ein Fahrzeug der Gruppe 4 im Normaltarif für den Zeitraum von 6 Tagen sind insgesamt 540,-€ (2*270,-€) angemessen. Im Hinblick auf die Besonderheiten des Geschäfts über die Vermietung von Unfallersatzfahrzeugen (Vorhaltung verschiedener Fahrzeugtypen, Unwägbarkeiten hinsichtlich der Dauer der Mietzeit, keine Vorauszahlung der Miete oder Absicherung durch Kreditkarte, Forderungsausfallrisiko) nimmt das Gericht sodann einen pauschalen Aufschlag von 20% vor. Somit belaufen sich die reinen Mietwagenkosten auf 648,- € einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

    Zu dem nach§ 249 Abs. 2 BGB ersatzfähigen Schaden zählen auch die von der Klägerin geltend gemachten Zuschläge fü die Vollkaskoversicherung. Auch wenn das Unfallfahrzeug der Geschädigten nicht vollkaskoversichert war, können die Aufwendungen für eine der Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung entsprechende Haftungsfreistellung grundsätzlich insoweit ersetzt verlangen, als der Geschädigte während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt war. Ausweislich der Schwackeliste für den Zeitraum von 6 Tagen können 132,-€ werden.

    Auch die Kosten der Zustellung und Abholung des Mietwagens sind ersatzfähig. Diese Kosten sind dem Geschädigten aufgrund des Unfalls kausal entstanden und daher von den Beklagten zu ersetzen: Die Kosten waren erforderlich und sind unter Berücksichtigung der Schwacke-Liste mit jeweils 23,-€ für Abholen und Zustellen zu berücksichtigen.
    Darüber hinaus hat die Beweisaufnahme die Notwendigkeit der Aufnahme eines zweiten Fahrers ergeben. Nachdem das eigene Fahrzeug der Zeugin ebenfalls von anderen Personen genutzt wurde, durfte sie auch das Mietfahrzeug entsprechend beanspruchen. Die Zeugin hat ausgeführt, ihr eigenes Fahrzeug sei so versichert gewesen, dass ihre Mitarbeiter dies nutzen konnten. Dies sei auch erforderlich gewesen; damit diese Einkäufe in ihrem Auftrag tätigen konnten.
    Dies ergibt einen ersatzfähigen Gesamtbetrag von 890,- € inklusive Mehrwertsteuer. Die Klägerin hat gleichsam 824,63 € begehrt, sodass nach Abzug der von der Beklagten erbrachten Zahlungen in Höhe von 500,-€ der Betrag von 324,63 € verbleibt.

    Der Rückgriff auf die Schwacke-Liste zur Schadensschätzung ist nicht unzulässig. Das Tabellenwerk des Schwacke-Mietpreisspiegels ist allgemein anerkannt im Rahmen der Ermessensausübung nach § 287 ZPO (BGH, NJW 2009, 58; NJW 2007, 2758; NJW 2007, 2916). Die Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor.

    Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Beklagten dezidiert vortragen würden, weshalb die Grundlage der Schadensschätzung (hier: die Schwacke-Liste) mangelhaft ist und wie sich diese Mängel im konkreten Fall auswirken. Dies hat die Beklagten vorliegend nicht getan. Bei dem Einwand, dass die Tarife der Schwackeliste darauf basieren, dass die befragten Autovermieter teurere Tarif angegeben hätten, die im Falle einer tatsächlichen Vermietung nicht zur Abrechnung kommen, handelt es sich um einen pauschalen Einwand gegen das gesamte Tabellenwerk ohne konkreten Bezug zum vorliegenden Fall. Daran ändert es auch nichts, dass die Beklagten die Angaben der Fraunhofer-Liste entgegenhalten. Dabei handelt es sich nicht um einen hinreichend konkreten Einwand gegen die Schwacke-Liste mit Bezug zu den Gegebenheiten am örtlich relevanten Markt.

    Desweiteren ändert sich auch nichts dadurch, dass die Beklagte günstigere Angebote der Firmen XXX. Diese Angebote repräsentieren den örtlichen Markt nicht in gleichem Maße wie die der Schwacke-Liste zugrunde liegenden Angebote. Allein aus den von den Beklagten vorgelegten Internetangeboten folgt noch nicht, dass im Unfallzeitraum im hiesigen Postleitzahlentarif insgesamt eine günstigere Tarifstruktur gegeben war als im Automietpreisspiegel der Schwacke-Liste - dem eine deutlich höhere Anzahl an Nennungen (17) zugrunde lag - als Mittelwert ausgewiesen ist (LG Landau, Urteil v.1.9.2009, AZ.: 1 S 170/08; LG Bielefeld, Urteil v. 12.09.2007, AZ:21 S 141/07). Zum anderen handelt es sich um Angebote aus dem Internet. Bei dem Internet handelt es sich jedoch um einen Sondermarkt, der bei der Schadensschätzung nach §287 ZPO nicht zu berücksichtigen ist. Schließlich stammen die Angebote vom 15.07.10 und geben damit kein Bild wieder wie es zum Zeitpunkt des Unfalls im Oktober 2009 gegeben war.

    Das Abstellen auf die - vermeintliche - Überlegenheit der Fraunhofer Tabelle ist ebenfalls kein konkreter Einwand gegen die Schwacke-Liste.
    Nach alledem vermochten die Beklagten nicht, die Schwacke-Liste als Schätzungsgrundlage nach § 287 ZPO zu erschüttern.

    Ferner liegt kein Verstoß der Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB vor. Die, Beklagte hat nicht beweisen können, dass ihr zum Zeitpunkt des Unfalls ohne Weiteres ein günstigerer Tarif zur Verfügung gestanden hat. Dabei ist zu beachten, dass die Geschädigte nicht verpflichtet ist, umfangreiche Recherchen bzgl. des günstigsten Tarifs durchzuführen. Der Geschädigten ist ein Unfallersatztarif grundsätzlich in der Höhe zu ersetzen, die zur Schadensbehebung erforderlich i.S. des § 249 Abs. 2 S.1 BGB ist. Nur ausnahmsweise, ist nach § 254 BGB ein niedrigerer Schadensersatz zu leisten, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Normaltarif in der konkreten Situation "ohne Weiteres" zugänglich war (BGH, NJW 2007, 1676). Dies hat nach allgemeinen Grundsätzen der Schädiger darzulegen und zu beweisen.

    Die von der Beklagten vorgelegten Internetangebote und die Berufung auf die Angaben der Fraunhofer-Liste stellen jedoch - wie bereits dargelegt - keinen substantiierten Einwand dar.

    Da die Zeugin somit einen aus betriebswirtschaftlicher Sicht gerechtfertigten Unfallersatztarif in Anspruch genommen hat, kommt es darüber hinaus nicht darauf an, ob sie durch Einholung von Alternativangeboten bei Marktkonkurrenten der Klägerin einen günstigeren Mietpreis hätte erzielen können.
    Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt auch ein Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen von 15% im Wege der Vorteilsausgleichung angesichts der geringen Fahrstrecke von weniger als 1.000 km, die die Geschädigte mit dem Mietwagen zurückgelegt hat, nicht in Betracht (OLG Zweibrücken, Urteil v. 29.6.2005, AZ: 1 U 9/05).

    Der Anspruch auf Ersatz, der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten fällt als Verzugsschaden unter §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB.

    Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs.1, 288 Abs. 1, 291 BGB.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

    Dem Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung war nicht stattzugeben. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts im Sinne des 511 IV S.1 Nr. 1 ZPO die Zulassung der Berufung.