· Fachbeitrag · 130-Prozent-Grenze
LG Aachen liegt bei 130-Prozent-Frage voll daneben
| Das LG Aachen vertritt die nicht mit der BGH-Rechtsprechung in Übereinstimmung zu bringende Ansicht: Wenn die Reparaturkosten laut Gutachten jenseits der 130 Prozent vom Wiederbeschaffungswert liegen, ist von vornherein nur ein Anspruch auf eine Abrechnung auf Totalschadenbasis gegeben (LG Aachen, Urteil vom 5.7.2012, Az. 12 O 547/11 ; Abruf-Nr. 122602 ). |
Dem BGH-Urteil vom 14. Dezember 2010 (Az. VI ZR 231/09; Abruf-Nr. 110203) ist in aller Klarheit zu entnehmen, dass eine Reparaturkostenprognose jenseits der 130 Prozent eben nicht von vornherein eine Beschränkung auf „WBW minus Restwert“ nach sich zieht. Dort lagen die Reparaturkosten laut Gutachten auch über der 130-Prozent-Grenze. Es wurde aber mit Gebrauchtteilen repariert und damit ein Rechnungsbetrag knapp unterhalb des WBW erreicht. Bildhaft gesprochen: von 135 auf 95 Prozent. Mitnichten hat der BGH daraufhin eine Beschränkung auf die Totalschadenabrechnung ausgeurteilt. Der Versicherer musste die tatsächlich entstandenen Reparaturkosten erstatten.
Das LG Aachen hätte also prüfen müssen, ob das Fahrzeug mit geringerem Aufwand doch vollständig und fachgerecht im Rahmen der gutachterlichen Feststellungen repariert wurde. Wenn ja, hätte es prüfen müssen, warum die Kosten unterhalb der gutachterlichen Prognose lagen. Wurde ein „Supersonderpreis zur Unterschreitung der 130-Prozent-Grenze“ eingeräumt, geht das nicht in Ordnung. Der Versicherer darf dann auf Totalschadenbasis abrechnen (BGH, Urteil vom 8.2.2011, Az. VI ZR 79/10; Abruf-Nr. 111096).