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  • · Fachbeitrag · Anwaltskosten

    So überzeugen Sie den Geschädigten von der Einschaltung eines Anwalts

    | Viele Werkstattkunden, die unverschuldet in einen Unfall verwickelt wurden, scheuen sich, der Empfehlung ihrer Werkstatt zu folgen, anwaltlichen Beistand zur Schadenregulierung zu nehmen. Sie wollen den Schaden nicht verteuern oder scheuen die Kosten, insbesondere dann, wenn sie keine Rechtschutzversicherung haben. Erfahren Sie, warum diese Ängste in der Regel unbegründet sind und warum es sich für den Geschädigten fast immer lohnt, einen Anwalt einzuschalten. |

    Naive Rücksichtnahme auf den armen Versicherer

    Die einen wollen „den Schaden nicht unnötig verteuern“. Denen müssen Sie gegebenenfalls erklären, für wen es ohne anwaltlichen Beistand teuer werden kann, weil der Schadenersatz im heutigen Regulierungsklima oftmals nicht freiwillig geleistet wird. Eine perfekte Argumentationshilfe bildet nach wie vor ein Urteil des AG Dortmund. Der Amtsrichter dort kommt gegen Ende seines Berufslebens zu folgender Erkenntnis (AG Dortmund, Urteil vom 29.6.2009, Az. 431 C 2944/09; Abruf-Nr. 121573):

     

    „Entgegen der Auffassung der Beklagten ist nach Auffassung des seit fast 30 Jahren mit Verkehrsunfallhaftpflichtfragen befassten Richters jeder Verkehrsunfallgeschädigte gut beraten, die Regulierung selbst kleiner Schäden … von Anfang an in die Hand eines erfahrenen Rechtsanwalts zu geben. … Da die Haftpflichtversicherer bei der Schadenregulierung inzwischen geradezu systematisch fast jede übliche Schadensposition in zahlreichen Zivilprozessen zum Gegenstand umfangreicher Auseinandersetzungen machen, muss auch der geschäftserfahrene Geschädigte stets auf der Hut sein und befürchten, dass eine Schadensposition, die noch gestern anerkannt worden wäre, von der gegnerischen Versicherung jetzt nicht mehr akzeptiert wird. … Schließlich gebietet es der Grundsatz der Waffengleichheit, dass auch der geschäftserfahrene Geschädigte sich durch Beauftragung eines Rechtsanwalts Augenhöhe im Verhältnis zur gegnerischen Versicherung beschaffen darf. Die Versicherungswirtschaft hat es sich mit einem Teil Ihres Regulierungsverhaltens der letzten Jahre selbst zuzuschreiben, wenn Geschädigte ihr nicht mehr vertrauen und von Anfang an anwaltlichen Rat suchen.“

    Eigentlich ja, aber dann kommt die Angst vor den Kosten

    Die anderen können sich durchaus mit dem Gedanken anfreunden, nicht allein zu kämpfen. Sie treibt aber Angst vor Kosten um, die an ihnen hängen bleiben könnten

     

    Vor diesem Hintergrund sehen wir von Zeit zu Zeit Werbeflyer von Anwaltskanzleien, die - unter der Voraussetzung, dass der Unfall unverschuldet ist - texten: „Unsere Inanspruchnahme ist für Sie völlig kostenlos“.

     

    Am Ende ist es zwar oft so - siehe unten, erschrecken Sie also bei den nächsten Zeilen nicht! -, aber ganz ungefährlich ist diese Werbeaussage nicht. Denn der Mandant schuldet dem Anwalt das Honorar, das durch dessen Tätigkeit entsteht.

     

    Die Kosten der Rechtsverfolgung als Schadenposition

    Diese Belastung des Geschädigten mit dem Anwaltshonorar stellt aber nun eine eigenständige Schadenposition dar, die in die Schublade „Rechtsverfolgungskosten“ fällt. Also muss der Versicherer dem Geschädigten die aufgewendeten oder auch nur aufzuwendenden Anwaltskosten erstatten.

     

    PRAXISHINWEIS | Wie im Bereich der Werkstattrechnungen oder der Sachverständigenhonorare, der Mietwagen- oder der Abschleppkosten rechnet der Anwalt in der Regel auf dadurch abgekürztem Weg direkt mit dem Versicherer ab.

     

    Wäre die Tätigkeit des Anwalts wirklich, wie werbeseitig kühn behauptet, kostenlos, gäbe es auch keine zu erstattende Schadenposition. „Die Kosten für unsere Tätigkeit muss der Versicherer erstatten.“ wäre wohl die präzisere und weniger angreifbare Aussage.

     

    PRAXISHINWEIS | Darauf sollte auch der Empfehler bei seiner Argumentation achten und am besten wie folgt formulieren: „Im Ergebnis kostet Sie das nichts. Die Kosten für die Anwaltstätigkeit muss der Versicherer erstatten.“ wird vom Kunden nicht falsch verstanden werden.

     

    In klaren Fällen kommt es auf die Rechtschutzversicherung nicht an

    Die Sorge der Kunden, die entweder gar keine oder eine mit einer Selbstbeteiligung garnierten Rechtschutzversicherung haben, kann also für den ersten Schritt zerstreut werden. Denn die wird für die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht benötigt.

     

    PRAXISHINWEIS | Sollte sich ein Mitverschulden des Kunden herausstellen, entstehen auch keine Probleme. Wenn der Auftrag an den Kunden so ausgelegt werden kann, dass der Anwalt die durchsetzbaren Ansprüche durchsetzen soll, also keine unerfüllbaren Maximalforderungen stellen darf, schuldet der Kunde dem Anwalt nicht mehr Honorar, als der Versicherer erstattet.

     

    So sehen die Anwälte das in der Regel selbst, schon weil sie dem Kunden eines regelmäßigen Empfehlers keine Schwierigkeiten machen wollen.

     

    Wozu gibt es dann Rechtschutzversicherungen?

    Die Rechtschutzversicherung des Kunden wird folglich in der Schadenregulierung erst benötigt, wenn der Versicherer berechtigte oder für berechtigt gehaltene Ansprüche nicht freiwillig befriedigt. Denn dann steht die Entscheidung an, ob der vorenthaltene Betrag mit gerichtlichen Mitteln durchgesetzt werden soll.

     

    Das ist dann in der Tat eine Frage des Kostenrisikos. Wer verliert, zahlt alles, wer gewinnt, zahlt im Ergebnis nichts. Setzt man sich mit einer Quote durch, ist man mit einer spiegelbildlichen Quote bei den Kosten dabei. Und die Gerichtsgebühren, die mit der Klage eingezahlt werden müssen, sind zu bevorschussen. Für den Fall einer Beweisaufnahme, erst recht mittels eines vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens, kann das ein erschreckend hoher Betrag sein, der am Ende auch an der Kostenverteilung gemäß Sieg und Niederlage teilnimmt.

     

    Da ist eine Rechtschutzversicherung nicht nur eine Beruhigung, sondern tatsächlich eine Absicherung vor Risiken und damit äußerst hilfreich.

     

    Manchmal federt die „Prozesskostenhilfe“ das Risiko ab

    Wer keine Rechtschutzversicherung hat und aufgrund seiner finanziellen Situation nicht selbst für eventuelle Kosten aufkommen kann, ist nicht von vornherein hilf- und rechtlos. In solchen Fällen gewährt der Staat gegebenenfalls „Prozesskostenhilfe“. Das schützt aber nicht vor dem Risiko, die Kosten der Gegenseite im Falle des Unterliegens erstatten zu müssen. Wegen der Einzelheiten ist das im Einzelfall mit dem Rechtsanwalt zu besprechen.

     

    Aber ich habe doch eine Selbstbeteiligung vereinbart

    Wenn es in das Stadium der Entscheidung „klagen oder nicht klagen“ kommt, schreckt auch mancher zurück, der eine Rechtschutzversicherung hat. Denn er fürchtet, mit der Selbstbeteiligung auf der Kostenseite dabei zu sein.

     

    Ebenso wenig, wie die Werkstatt auf die Zahlung der Selbstbeteiligung in der Kaskoversicherung durch den Kunden verzichten darf (siehe UE 5/2012, Seite 13), darf der Rechtsanwalt das im Zusammenhang mit der Rechtschutzversicherung gegenüber dem Mandanten.

     

    PRAXISHINWEISE |  

    • Bewährt hat sich in diesem Zusammenhang die Ansage der Werkstatt gegenüber dem Kunden: „Das regeln wir dann mit dem Anwalt. Wir haben durch dessen bisherige Tätigkeit in Ihrer Sache so viel Aufwand gespart, das ist uns die Sache wert.“
    • Die Fälle, an denen dann ein Regelungsbedarf entsteht, werden sich an einer Hand abzählen lassen. Denn der gute Anwalt kann die Prozessrisiken abschätzen. Von einem dadurch entstehenden Streit zwischen Werkstatt und Anwalt haben wir bisher noch nicht gehört.
     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Anwaltsvermittlung durch Werkstatt völlig unproblematisch“, UE 11/2013, Seite 5
    • Beitrag „Der Verzicht der Kfz-Werkstatt auf die Selbstbeteiligung im Kaskofall ist wettbewerbswidrig“, UE 5/2012, Seite 13
    • Beitrag „Neue Nachrichten zum Dauerbrenner ‚Verzicht auf SB‘ “, UE 12/2013, Seite 6
    • Beitrag „SB kassiert und Gutschein in gleicher Höhe gegeben“, UE 2/2014, Seite 2
    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 10 | ID 42964337