· Fachbeitrag · Anwaltskosten
So überzeugen Sie Unfallgeschädigte von der Einschaltung eines Rechtsanwalts
| Aus Werkstätten hören wir oft, man empfehle den Geschädigten bei Haftpflichtschäden die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts für die Regulierung des Unfallschadens. Die Kunden hätten jedoch Sorge, auf den Anwaltskosten sitzen zu bleiben. Oder es komme der Einwand, man habe eine Rechtsschutzversicherung mit Selbstbeteiligung (SB) und Angst, den SB-Betrag bezahlen zu müssen. Der folgende Beitrag liefert die Argumente, die diese Befürchtungen entkräften. |
Außergerichtlich keine Rechtschutzversicherung n=ötig
Nahezu jeder Geschädigte hat Anspruch darauf, durch einen Anwalt in der Schadenregulierung vertreten zu werden. Die außergerichtlich dafür entstehenden Kosten auf der Grundlage der gesetzlichen Gebühren muss der gegnerische Haftpflichtversicherer erstatten.
Trifft den Geschädigten selbst eine Haftungsquote, muss der Versicherer die Anwaltskosten nur im Rahmen des durch die Quote gekürzten Betrags erstatten. Ob der Anwalt dann wegen des offen bleibenden Betrags einen Anspruch gegen den Geschädigten hat, hängt vom Auftragsumfang ab:
- Lautete der Auftrag, auf jeden Fall die hundert Prozent durchzusetzen, hätte er Anwalt den Differenzanspruch.
- Lautete der Auftrag, das Mögliche durchzusetzen, war er ja auf den quotalen Betrag beschränkt.
Beachten Sie | Die Fälle, in denen ein Anwalt den Differenzbetrag beansprucht, sind nach unserer Erfahrung in der Praxis eher selten.
Die außergerichtliche Anwaltskostenerstattung läuft in der Praxis völlig unproblematisch. Nur bei Haltern von Fahrzeugflotten versuchen Versicherer, den Anspruch zu bestreiten. Jedoch sehen die Gerichte auch hier in erster Linie den Aspekt der Waffengleichheit: Viele Fahrzeuge zu haben bedeutet ja längst nicht, sich auch in der Schadenregulierung perfekt auszukennen. Nur die Amtsgerichte Stuttgart und Aachen sind uns als Ausreißer bekannt.
Im Ergebnis heißt das: Für die außergerichtliche Regulierung ist eine Rechtschutzversicherung gar nicht nötig. Auf die Frage der Selbstbeteiligung kommt es nicht an.
Kostenrisiko bei einer Klage
Erst wenn der Versicherer gegen das geltende Recht den Schaden nicht vollständig ausgleicht, muss entschieden werden, ob der Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden soll.
Wenn geklagt wird, entsteht in der Tat ein Kostenrisiko. Denn die Kosten eines Rechtsstreits werden am Ende nach dem Verhältnis von Obsiegen und Verlieren auf die Prozessparteien verteilt. Wer gewinnt, zahlt nichts, wer verliert, muss alles bezahlen und wenn das quotal ausgeht, werden die Kosten gemäß der Quote verteilt.
Beachten Sie | Eine Sicherheit, den Prozess zu gewinnen, gibt es nie. Deshalb ist in diesem Stadium doch von Bedeutung, ob der Geschädigte eine Rechtsschutzversicherung hat. Denn dann kommt es auf die Prognose der Erfolgsaussichten an, die von den Rechtschutzversicherern eher locker vorgenommen wird. In der Regel wird die Deckungszusage erteilt. Dann prozessiert der Geschädigte ohne eigenes Kostenrisiko.
Allenfalls die Selbstbeteiligung steht dann im Raum. Wer deshalb das Risiko scheut, lässt es. Aber dann steht im Zweifel die Frage im Raum, wer den offen gebliebenen Schadenanteil trägt.
Versicherer zocken, und mancher Geschädigte zockt mit
Eine Beobachtung ist nach wie vor aktuell: Oft kürzen Versicherer Schadenpositionen in dem klaren Wissen, dass das so nicht in Ordnung ist. Sie pokern darauf, dass der Geschädigte schon nicht klagen wird. Und in statistisch wohl neunzig Prozent der Fälle geht diese Strategie auf.
Wenn dann aber doch mal ein Geschädigter nicht aufgibt und klagt, gibt sehr oft der Versicherer auf und zahlt die eingeklagte Differenz sofort nach Eingang der Klage. Er übernimmt dann auch die Prozess- und Anwaltskosten. Der Kläger nimmt danach die Klage zurück. Der Prozess wird also gar nicht ernsthaft geführt.
PRAXISHINWEISE |
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Weiterführende Hinweise
- Beitrag „Halter einer Fahrzeugflotte darf Anwalt in Anspruch nehmen“. UE 4/2013, Seite 4 mit weiteren Hinweisen auf Beiträge zu diesem Thema.