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  • · Fachbeitrag · Gutachterkosten

    Ist es noch klug, dass der Geschädigte die offene Differenz der Gutachterkosten vor der Klage zahlt?

    | Vor dem Hintergrund der neueren BGH-Rechtsprechung stellt sich die Frage, ob es noch klug ist, dass der Geschädigte die offene Differenz der Gutachterkosten vor der Klage zahlt. UE beantwortet die Frage. |

     

    Strategie hat sich mit BGH-Urteil zum Sachverständigenrisiko geändert

    Bisher kam es für die volle Indizwirkung der Gutachterrechnung darauf an, dass sie bereits bezahlt war. So haben viele Anwälte den Geschädigten gebeten, die in der Regel überschaubare Differenz, die sich aus der Kürzung des Versicherers ergab, selbst zu bezahlen. Dann sei es ein Leichtes, den Betrag zur Erstattung einzuklagen. Solange der BGH die Indizwirkung von „bezahlt oder nicht bezahlt“ abhängig gemacht hat, war die Strategie richtig.

     

    Nun hat sich der Wind gedreht, und es scheint klug, die Segel insoweit neu zu setzen. Denn der BGH hat bekanntlich aufgegeben, dass es auf „bezahlt oder nicht bezahlt“ ankommt (BGH, Urteil vom 12.03.2024, Az. VI ZR 280/22, Abruf-Nr. 240862, Rz. 16). Wenn im Namen des Geschädigten nach dem neuen Schema „Zahlung an den SV, Zug um Zug gegen Abtretung der Rückforderungsansprüche“ geklagt wird, müssen die Mühen, den Geschädigten zur Vorleistung zu bewegen, nicht mehr geschultert werden.

     

    Die neue Idee eines großen Versicherers

    Theoretisch schadet es zwar auch nicht, wenn der Geschädigte in Vorleistung tritt. Doch ein großer Versicherer kommt nun mit folgenden Thesen daher: Der BGH versage die Anwendung des subjektbezogenen Schadenbegriffs, wenn die Honorarrechnung des Gutachters laienerkennbar überhöht war. Weil der Versicherer dem Geschädigten vorgerichtlich mit seinem Abrechnungsschreiben aufgezeigt habe, dass die Rechnung des Schadengutachters überhöht sei, komme es auf die Laienerkennbarkeit nicht mehr an. Er wisse es ja ab dann. Deshalb sei der Geschädigte bösgläubig gewesen, als er die Differenz vorgestreckt habe. Damit sei ihm die Berufung auf den subjektbezogenen Schadenbegriff verwehrt.

     

    BGH stellt für Laienerkennbarkeit auf Vertragsschluss ab

    Schaut man genau auf die maßgebliche Stelle im obigen Urteil (Rz. 15), liest man dort: „Verlangt der Sachverständige bei Vertragsschluss Preise, die ‒ für den Geschädigten erkennbar ‒ deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erweisen.“

     

    Es kommt also auf die Erkennbarkeit bei Vertragsschluss an. Der spätere Hinweis würde ja in genau die Situation führen, dass der Geschädigte mit dem Gutachter über die Rechnung streitet. Das muss er aber gerade nicht tun. Um darüber keine Schriftsatzschlacht schlagen zu müssen, sollte nach Auffassung von UE auf der Grundlage der nicht gezahlten Differenz geklagt werden.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2024 | Seite 11 | ID 50029166