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  • · Fachbeitrag · Reparaturkosten

    Probefahrt und Qualitätssicherungsargument: BGH-Urteil zu Desinfektionskosten übertragbar

    | Die Probefahrt nach der Reparatur sei eine Maßnahme der Qualitätssicherung. Dafür dürfe die Werkstatt nichts an den Kunden berechnen. Dieses seit der Desinfektionskostentscheidung unhaltbare Argument geistert noch immer durch die Rechtsstreitigkeiten. Das zeigt deutlich ein Urteil das LG Duisburg, in dem das Gericht nach einiger Argumentationsakrobatik die Probefahrtkosten zusprach. Das wäre bei gleichem Ergebnis auch stringenter gegangen: mittels BGH-Argumentation zu Desinfektionskosten. UE erläutert die Anwendung für die Praxis. |

    LG Duisburg spricht Probefahrtkosten nach Reparatur zu

    Das LG Duisburg stellt ‒ und das ist nicht falsch ‒ darauf ab, dass die Probefahrt im Schadengutachten als notwendig prognostiziert war. Die Argumentation des Versicherers stellt deren Notwendigkeit aber gar nicht in Frage, sondern sagt: Es sei laienerkennbar, dass die Werkstatt für eine interne Qualitätssicherungsmaßnahme nichts berechnen dürfe. Das zog nicht (LG Duisburg, Urteil vom 06.06.2023, Az. 12 S 19/22, Abruf-Nr. 235808, eingesandt von Rechtsanwalt Oliver Güldenberg, Duisburg/Voerde).

    BGH-Argumentation zu Desinfektionskosten übertragbar

    Nach UE-Auffassung liegen die Dinge so: Alle Kosten, die einer (wirtschaftlich gesunden) Werkstatt entstehen, auch die für Qualitätssicherungsmaßnahmen, werden aus Geldern bezahlt, die die Werkstatt vom Kunden vereinnahmt. Die einzige Frage ist, ob diese Kosten in den Stundenverrechnungssatz integriert sein müssen, oder ob sie gesondert berechnet werden dürfen. Das ist identisch mit dem vom BGH anlässlich der Entscheidung über die Desinfektionskostenerstattung (Urteil vom 13.12.2022, Az. VI ZR 324/21) abgeräumten Argument, Kosten der Arbeitnehmersicherheit dürften nicht an den Kunden berechnet werden.

     

    Dazu heißt es beim BGH: „Ebenso wie die Wahl seines individuellen Hygienekonzepts selbst steht auch die betriebswirtschaftliche Entscheidung, ob die hierfür anfallenden Kosten gesondert ausgewiesen oder als interne Kosten der Arbeitssicherung in die Kalkulation des Grundhonorars ‚eingepreist‘ werden, grundsätzlich dem Sachverständigen als Unternehmer zu. Angesichts der nur vorübergehenden Natur jedenfalls der verschiedenen Phasen der Corona-Pandemie mag es sogar ein Ausdruck des Bemühens um Kostentransparenz sein, die Pauschale für die Dauer ihres Anfallens gesondert auszuweisen. Entgegen den Zweifeln des Berufungsgerichts begegnet es daher keinen grundsätzlichen Bedenken, dass der Sachverständige die Corona-Desinfektionspauschale gesondert berechnet hat.“

     

    Man kann den BGH-Wortlaut auf so ziemlich alle Positionen anpassen, etwa auf Probefahrt-, Reinigungs-, Richtwinkelkosten und viele Kosten mehr:

     

    • Probefahrt: Im Hinblick auf die Probefahrtkosten würde der BGH vermutlich so formulieren: „Ebenso wie die Wahl der Probefahrtstrecke und des Umfangs der Probefahrt selbst steht auch die betriebswirtschaftliche Entscheidung, ob die hierfür anfallenden Kosten gesondert ausgewiesen oder als interne Kosten der Qualitätssicherung in die Kalkulation des Stundenverrechnungssatzes ‚eingepreist‘ werden, grundsätzlich dem Werkstattbetreiber als Unternehmer zu. Angesichts der Tatsache, dass nicht nach jeder Unfallschadenreparatur eine Probefahrt notwendig ist, mag es sogar ein Ausdruck des Bemühens um Kostentransparenz sein, die Kosten nur für durchgeführte Probefahrten gesondert auszuweisen und nicht auf alle Kunden umzulegen. Es begegnet daher keinen grundsätzlichen Bedenken, dass die Werkstatt die Probefahrtkosten gesondert berechnet hat.“

     

    • Reinigungskosten: Im Hinblick auf die Reinigungskosten bei unfall- oder reparaturbedingten Reinigungsnotwendigkeiten würde der BGH vermutlich so formulieren: „Ebenso wie die Wahl der Reinigungsmethode selbst steht auch die betriebswirtschaftliche Entscheidung, ob die hierfür anfallenden Kosten gesondert ausgewiesen oder als interne Kosten der Qualitätssicherung in die Kalkulation des Stundenverrechnungssatzes ‚eingepreist‘ werden, grundsätzlich dem Werkstattbetreiber als Unternehmer zu. Angesichts der Tatsache, dass nicht nach jeder Unfallschadenreparatur eine Reinigung notwendig ist, mag es sogar ein Ausdruck des Bemühens um Kostentransparenz sein, die Kosten nur für durchgeführte Reinigungen gesondert auszuweisen und nicht auf alle Kunden umzulegen. Es begegnet daher keinen grundsätzlichen Bedenken, dass die Werkstatt die Reinigungskosten gesondert berechnet hat.“

     

    • Richtwinkelmietkosten: Im Hinblick auf die Richtwinkelmietkosten würde der BGH vermutlich so argumentieren: „Ebenso wie die Entscheidung, ob die Richtwinkelsätze gekauft oder auftragsbezogen angemietet werden, selbst steht auch die betriebswirtschaftliche Entscheidung, ob die hierfür anfallenden Kosten gesondert ausgewiesen oder als interne Kosten der Spezialwerkzeugbeschaffung in die Kalkulation des Stundenverrechnungssatzes ‚eingepreist‘ werden, grundsätzlich dem Werkstattbetreiber als Unternehmer zu. Angesichts der Tatsache, dass nur für wenige Unfallschadenreparaturen Richtwinkel notwendig sind, mag es sogar ein Ausdruck des Bemühens um Kostentransparenz sein, die Kosten nur für Aufträge mit entsprechenden Richtarbeiten gesondert auszuweisen und nicht auf alle Kunden umzulegen. Es begegnet daher keinen grundsätzlichen Bedenken, dass die Werkstatt die Richtwinkelmietkosten gesondert berechnet hat.“

     

    Wichtig | Entscheidend bei allen Positionen ist: Es muss ein abgrenzbarer und einem Auftrag zuordnungsfähiger Aufwand sein. Was auch immer da noch kommt, die Argumentation wird passen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Textbaustein 577: Probefahrtkosten, Reinigungskosten, Richtwinkelkosten etc. und die Anpassung der Entscheidung des BGH zu den Desinfektionskosten darauf → Abruf-Nr. 49547707
    Quelle: Ausgabe 07 / 2023 | Seite 7 | ID 49545526