· Fachbeitrag · Reparaturkosten
Reparaturauftrag unterschrieben - Versicherer schüchtert ein - Geschädigter sagt Reparatur ab
| Wenn die Totalschadenabrechnung für den Versicherer günstiger ist, setzt er oft alles daran, eine Reparatur zu vermeiden. Ein Leser hat das erlebt: Der Geschädigte hatte den Reparaturauftrag bereits unterschrieben. Nach der Intervention des Versicherers hat er dann die Reparatur abgesagt. Vor diesem Hintergrund möchte der Werkstatt-Inhaber wissen, welche Möglichkeiten er hat, sich schadlos zu halten. |
Frage: Unser Kunde wollte sein Fahrzeug nach einem unverschuldeten Unfall reparieren lassen. Die prognostizierten Reparaturkosten lagen unterhalb des Wiederbeschaffungswerts (WBW). Wir haben zur Vermeidung überflüssiger Mietwagenkosten zunächst eine Notreparatur durchgeführt. Der Reparaturauftrag war unterschrieben, der Reparaturbeginn war terminiert. In der Zwischenzeit hat der Versicherer Druck auf den Kunden ausgeübt. Es läge ein wirtschaftlicher Totalschaden vor (WBW minus Restwert unterhalb der Reparaturkosten). Der Kunde hat eingeschüchtert sein beschädigtes Fahrzeug an den vom Versicherer benannten Restwerthändler verkauft. Die Reparatur hat er telefonisch abgesagt, nachdem die Ersatzteile bereits bestellt waren. Wir meinen: Vertrag ist Vertrag. Da schuldet der Kunde uns doch Schadenersatz? Die Kosten für die Notreparatur hat der Versicherer an uns erstattet.
Antwort: Ein Werkvertrag ist durchaus kündbar.
Kündigung durch den Auftragnehmer
Einen Reparaturauftrag können Sie als Werkstatt nach § 643 BGB kündigen, wenn der Kunde eine notwendige Mitwirkungshandlung unterlässt. Würde der Kunde also einfach nicht zur terminierten Reparatur erscheinen, wäre das eine solche fehlende Mitwirkungshandlung. Eine anschließende Kündigung durch den Unternehmer setzt jedoch eine Androhung der Kündigung unter Fristsetzung voraus.
Wenn Sie diesen Weg gehen, schuldet der Kunde Ihnen eine angemessene Entschädigung. Hier würde die Höhe nach § 645 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt. Danach muss die geleistete Arbeit bezahlt werden, was ja im Hinblick auf die Notreparatur geschah. Dazu müsste der Kunde die darin nicht inbegriffenen Auslagen erstatten. Auf diesem Weg wäre Ersatz für die Ersatzteilkosten zu bekommen. Die Ersatzteile kann der Kunde dann beanspruchen.
Kündigung durch den Auftraggeber
In Ihrem Fall liegen die Dinge jedoch umgekehrt: Der Anruf des Kunden ist als dessen Kündigung des Werkvertrags auszulegen. Dazu ist er nach § 649 Satz 1 BGB bis zur Fertigstellung der Reparatur jederzeit berechtigt.
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Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. |
Anders gesagt: Bei guter Auslastung wird es schwierig, einen Schaden zu beweisen.
Da hilft eine gesetzliche Vermutung
Weil es oft schwierig ist, den Schaden zu beweisen, hilft das Gesetz. In § 649 Satz 3 BGB heißt es: „Es wird vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.4“
Die zu erwartenden Gesamtkosten sind dem Gutachten zu entnehmen. Wenn mit der (bezahlten) Notreparatur bereits Teile der endgültigen Reparatur vorweggenommen wurden, ist der Betrag abzuziehen. Fünf Prozent des verbleibenden Betrags können Sie als Auftragnehmer daher von Ihrem Kunden als Auftraggeber verlangen. Das ist wenig, aber jedenfalls mehr als nichts.
Problematisch sind die Ersatzteilkosten
Auf diesem Weg ist aber das Problem der bestellten Ersatzteile nicht zu lösen. Das geht dann nur über einen Schadenersatzanspruch. Dafür hängen die Trauben aber hoch. Wenn der Gesetzgeber eine Kündigung des Werkvertrags durch den Auftraggeber, also den Kunden, grundsätzlich zulässt, kann die Kündigung logischerweise nicht einen „automatischen“ Schadenersatzanspruch zulassen.
Ob es ausreicht, dass der Kunde sich nicht schon gemeldet hat, als er den Verkauf des teilreparierten Fahrzeugs erwogen hat, ist zweifelhaft. Das würde überhaupt auch nur helfen, wenn die Ersatzteile zu dem Zeitpunkt nicht bereits auf dem Weg oder gar eingetroffen waren. Das wird also eng. Schaden wäre der Einkaufspreis der Teile oder, wenn sie gegen eine Handlingpauschale zurückzugeben sind, diese Pauschale. Der entgangene Gewinn aus der Marge gehört nicht zum Schaden, denn, siehe oben, ein Werkvertrag ist kündbar.
PRAXISHINWEIS | Um wenigstens die Fünf-Prozent-Pauschale aus § 649 Satz 3 BGB zu sichern, kommt es darauf an, dass der Auftrag bereits erteilt war. Zwar ist ein Werkvertrag auch mündlich gültig und eine Terminvereinbarung ein tragfähiges Indiz dafür, dass der Vertrag geschlossen wurde. Weitaus besser ist aber eine Unterschrift. „Kommen Sie am Dienstag, den Auftrag schreiben wir dann…“, ist gefährlich. Besser ist „Wir schreiben jetzt den Auftrag, und am Dienstag bringen Sie das Fahrzeug“. In Fällen einer Notreparatur machen Sie einen Auftrag aus dem Gesamten: Notreparatur und Gesamtreparatur mit einer Unterschrift. |