· Fachbeitrag · Sachverständige
63. Verkehrsgerichtstag in Goslar trifft Entschließung zur Qualifikation der Sachverständigen
| Die Bezeichnung „Sachverständiger“ ist derzeit allenfalls wettbewerbsrechtlich geschützt. Das Wettbewerbsrecht hat jedoch kaum mehr als die Grundqualifikation Ingenieur, Kfz-Meister oder Vergleichbares im Auge gehabt. Der sprichwörtliche „Pizzabäcker“, der Kfz-Schadengutachten erstellt, könnte also höchstens wettbewerbsrechtlich aus dem Verkehr gezogen werden. Dafür muss aber jemand das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Beim Verkehrsgerichtstag in Goslar am 29. und 30.01.2025 wurde über dieses Thema diskutiert. Am Ende stand eine Entschließung des Arbeitskreises, die UE vorstellt. |
Die Bezeichnung „Sachverständiger“ in der Diskussion
Beim Verkehrsgerichtstag in Goslar werden Jahr für Jahr aktuelle Themen aus dem Verkehrsrecht und dem Autorecht diskutiert. Am Ende steht jeweils eine Entschließung des Arbeitskreises. In diesem Jahr ging es unter anderem um die Bezeichnung „Sachverständiger“. UE-Leser und Urteilseinsender Rechtsanwalt Gunnar Stark war an den inhaltlichen Diskussionen und der daraus folgenden Entschließung des Arbeitskreises V. intensiv beteiligt. Denn er war im Vorfeld auch an der Erarbeitung der VDI-Richtlinie VDI-MT 5900 involviert.
Kursangebote: „Sachverständiger in drei Tagen“
Der geringe Schutz der Bezeichnung „Sachverständiger“ und die dadurch sehr niedrigen Markteintrittshürden haben dazu geführt, dass es diverse Anbieter von „Sachverständiger in drei Tagen“-Kursen gibt. Sie treten mit den abenteuerlichsten Versprechen baldigen und ungeahnten Reichtums an. Es steht zu befürchten, dass der baldige und ungeahnte Reichtum am Ende allenfalls bei den Kursanbietern ankommt, die nachweislich nicht immer auf die oben genannten Mindestqualifikationen geachtet haben.
Und wenig überraschend ist: Wer die niedrigen Hürden übersprungen hat, hat sich sehr schnell auf die Seite der qualifizierten Gutachter geschlagen, die ‒ naturgemäß ‒ gern der Linie folgten: Wir sind „drin“. Ab sofort sollen möglichst viele „draußen“ bleiben, denn der Markt ist eng.
Die VDI-Richtlinie ist jetzt scharfgeschaltet
Mit der VDI-Richtlinie VDI-MT 5900 wurde nun ein ernsthafter Versuch unternommen, Ordnung in die Anforderungen an den Beruf des Schadengutachters und in die Ausbildung dazu zu bringen. Sie ist seit dem 01.02.2025 gültig. Eine solche VDI-Richtlinie schafft zwar für sich genommen kein echtes Berufsbild, das bisherige Marktteilnehmer vom Markt fegen könnte. Sie gibt aber eine gute Orientierung für die Zukunft.
- Für die Ausbildung sieht die Richtlinie zunächst einmal eine Schulung von 180 Unterrichtseinheiten zu diversen Themen vor, außerdem eine praktische Ausbildung durch einen oder mehrere berufserfahrene Sachverständige von zwei Jahren. Die kann bei entsprechendem Studienabschluss auf ein Jahr abgekürzt werden.
- Eingangsvoraussetzung sind Meisterbrief oder Ingenieurstudium, Fahrerlaubnis und die persönlichen Eignung.
- Zu den Lehr- und Lerninhalten gehören unter anderem die technischen Grundlagen, aber auch einiges juristisches und versicherungsrechtliches Wissen.
- Dann muss noch eine Prüfung bestanden werden. Die Prüfung besteht aus drei von zehn vorgelegten Gutachten, einem schriftlichen Teil, einer mündlichen Prüfung und einem praktischen Teil. Im praktischen Teil muss eine Schadenkalkulation zu einem beschädigten Fahrzeug erstellt und außerdem ein Fahrzeugwert ermittelt werden.
- Wurde nach bestandener Prüfung die Zertifizierung erteilt, muss der Sachverständige danach jährlich mindestens 18 Zeitstunden Fortbildung nachweisen. Außerdem muss er innerhalb der ersten fünf Jahre nochmals Gutachten vorlegen.
- Alle Sachverständigen, die öffentlich bestellt und vereidigt oder von einer DAkkS-akkreditierten Zertifizierungsstelle (EQ Zert, ifs oder Zak Zert) zertifiziert sind, erfüllen die Voraussetzung bereits jetzt.
- Andere „Altfälle“, also Sachverständige, die seit mindestes zehn Jahren am Markt sind, können die Prüfung direkt in Angriff nehmen.
Um die Berechtigung, die Prüfungen abzunehmen und die Ergebnisse zu zertifizieren, wird es voraussichtlich den ein oder anderen Verteilungskampf geben. Das wird sich, wie bei den bisher bekannten Zertifizierungen auch, finden.
Die Empfehlung des Goslarer Arbeitskreises im Wortlaut
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