· Fachbeitrag · Haftung
Keine Pflicht zur umfassenden Prüfung der gesamten Versicherungssituation des Kunden
| Aus der Sachwalterrechtsprechung des BGH ergibt sich „zugunsten“ des Versicherungsmaklers, dass sich der Maklerauftrag in der Regel nur auf das von seinem Kunden ihm zur Prüfung bzw. Optimierung aufgegebene Risiko bzw. Objekt bezieht. Hingegen besteht grundsätzlich keine Verpflichtung des Versicherungsmaklers, die gesamte Versicherungssituation des Kunden ungefragt einer umfassenden Prüfung zu unterziehen. So lautet der Tenor einer maklerfreundlichen Entscheidung des OLG Hamm. |
Kein Versicherungsschutz für Lagerzelt bei Brandschaden
Ein Versicherungsmakler schloss mit einem Ehepaar im Dezember 2009 einen Maklervertrag. Zu dem Zeitpunkt stand auf dem Grundstück ein Lagerzelt, das dem Ehemann gehörte. Im Zelt lagerten Heuballen. Es war nicht versichert. Über das Zelt wurde nicht gesprochen, als der Makler beauftragt wurde. Ende Juni 2010 brannte es ab. Es wurde von Fremden angezündet.
Die Versicherungsgesellschaft, die der Mann wegen des Brandschadens in Anspruch nahm, zahlte nicht, weil das Lagerzelt nicht von der Wohngebäudeversicherung umfasst war. Daraufhin wandte sich der Ehemann an den Makler und verlangte von ihm den Brandschaden am Lagerzelt ersetzt (Schadenersatz aufgrund Pflichtverstoß aus Versicherungsmaklervertrag). Die Klage des Mannes hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg (OLG Hamm, Urteil vom 21.5.2015, Az. 18 U 132/14, Abruf-Nr. 145081).
Das bedeutet die Sachwalter-Stellung des Maklers
Dem Makler ist nach Ansicht des OLG Hamm kein Pflichtverstoß dahingehend vorzuwerfen, er habe es pflichtwidrig unterlassen, den Mann darauf hinzuweisen, dass das Lagerzelt nicht von der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Wohngebäudeversicherung umfasst war.
Pflichtenprogramm nur bezogen auf aufgegebenes Risiko und Objekt
Die Pflichten des Versicherungsmaklers als treuhänderähnlicher Sachwalter des Kunden gehen zwar weit (BGH, Urteil vom 22.5.1985, Az. IVa ZR 190/83 -, Abruf-Nr. 001290; Urteil vom 26.3.2014, Az. IV ZR 422/12, Abruf-Nr. 141227).
Aber aus der Sachwalterrechtsprechung des BGH folgt umgekehrt auch, dass der Maklerauftrag sich in der Regel nur auf das aufgegebene Risiko und Objekt bezieht. Der Makler ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die gesamte Versicherungssituation des Kunden beim Erstkontakt ungefragt zu analysieren, so das OLG.
Wichtig | Das Pflichtenprogramm des Maklers beschränkt sich daher nach Ansicht des OLG, wenn keine abweichenden Abreden vorliegen,
- auf das konkrete Absicherungsanliegen des Kunden und
- die in diesem Zusammenhang dem Makler erkennbaren weiteren Absicherungsbedürfnisse.
Keine Pflicht zur Prüfung nicht zur Prüfung aufgegebener Risiken
Wendet sich der Kunde also zur Absicherung eines speziellen Risikos an den Makler, bezieht sich der Maklervertrag nicht ohne weitere Anhaltspunkte auch auf andere Versicherungsangelegenheiten des Kunden. Dem Makler nicht zur Prüfung aufgegebene - erst recht nicht ihm unbekannte - Risiken können demzufolge keine entsprechenden vertraglichen Beratungs- und Betreuungspflichten auslösen, so ausdrücklich das OLG.
Beachten Sie | Anders kann es sein bei augenfälligen Sachverhalten. Hier können den Makler insoweit entsprechende Erkundigungs- sowie Aufklärungs- und Beratungspflichten gegenüber dem Kunden treffen.
PRAXISHINWEIS | Der Versicherungsmakler schuldet eine Risikoanalyse und Bedarfsermittlung nur für das von dem Maklerkunden namhaft gemachte Objekt bzw. Risiko. Er muss das Versicherungsanliegen anhand der ihm mitgeteilten Umstände korrekt erfassen. Soweit im Einzelfall erkennbarer Anlass besteht, muss er seine Bedarfsermittlung und Empfehlungen auch auf solche Objekte und Risiken erstrecken, die ersichtlich vom konkreten Absicherungsinteresse seines Kunden erfasst sind. |
Makler muss nicht nach weiteren theoretisch denkbaren Risiken forschen
Im Urteilsfall war das Lagerzelt kein Vermögensgegenstand, für den der Makler Z- für ihn erkennbar - Versicherungsschutz beschaffen bzw. empfehlen sollte. Es bestand für ihn kein Anlass zu der Annahme, der Mann habe einen Versicherungsbedarf außerhalb der zur Prüfung überreichten Versicherungsunterlagen.
Aus der Vertragsanbahnungssituation ergibt sich eine gegenständliche Begrenzung des Maklervertrags: Der Makler kam auf einen Anruf der Ehefrau. Dort erklärten ihm die Eheleute, von der B Versicherung „komplett weg zu wollen“. Bei diesem Gespräch wurden bereits Versicherungsunterlagen übergeben. Die Parteien trafen dann innerhalb von zwei bis drei Wochen wiederum zusammen, wo die Eheleute den Maklervertrag unterzeichneten.
Bei dieser Sachlage konnte der Makler seinen Auftrag nur dahin verstehen, dass die überreichten Verträge geprüft und gegebenenfalls optimiert werden sollten. Er musste nicht von sich aus nach weiteren theoretisch denkbaren Risiken forschen.
FAZIT | Das Urteil ist sach- und praxisgerecht. Als Versicherungsmakler müssen Sie die vom Kunden genannten Objekte bzw. Risiken prüfen. Im Einzelfall gilt eine Erkundigungs- sowie Aufklärungs- und Beratungspflicht für nicht genannte Objekte und Risiken, wenn sie ersichtlich von dem konkreten Absicherungsinteresse des Kunden erfasst sind. Das muss dann aber augenfällig sein. |