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· Fachbeitrag · Wettbewerbsrecht

Versicherer dürfen maklerbetreuten Kunden eigene Organisation als Betreuer benennen

von Rechtsanwalt Dr. Peter Loibl, Meerbusch

| Ein Versicherer darf gegenüber maklerbetreuten Kunden in Schreiben, die den Kunden über den Makler zugeleitet werden, die regionale Filialdirektion und die Rufnummer des Kundenservices angeben. Sie sind nicht verpflichtet, in dem Schreiben auf den Makler als Betreuer des Kunden zu verweisen. So sieht es jedenfalls das OLG Hamm. |

Hinweis auf eigene Vertriebs- und Betreuungsorganisation

Die Schreiben des Versicherers waren an maklerbetreute Kunden gerichtet und sollten diesen durch den beauftragten Makler weitergeleitet werden. Die Schreiben enthielten Dokumentationen zu Vertragsänderungen bzw. Änderungsvorschläge zu bestehenden Verträgen.

 

Hinweis „Es betreut Sie“ und „Ihr zentraler Kundenservice“

Die Schreiben verwiesen auf die eigene Vertriebs- und Betreuungsorganisation des Versicherers: „Es betreut Sie: J Gruppe“ (es folgt die jeweilige Anschrift der regionalen Filialdirektion der Versicherers) und „Ihr zentraler Kundenservice: Telefon: ...“. Der Makler als Betreuer des Versicherungsvertrags wurde darin nicht genannt.

 

Vier Versicherungsmakler sahen in diesem Vorgehen eine gezielte Behinderung ihrer Tätigkeit als Mitbewerber und eine Irreführung der Kunden im Sinne des UWG. Sie forderten den Versicherer zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.

 

OLG Hamm hebt maklerfreundliches Urteil des LG Dortmund auf

Das LG Dortmund hatte den Unterlassungsanspruch der Makler bejaht und sich auf die wettbewerbsrechtlichen Verbotstatbestände der gezielten Behinderung (§ 4 Nr. 10 UWG) sowie Irreführung (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG) gestützt (LG Dortmund, Urteil vom 2.4.2014, Az. 20 O 38/14; Abruf-Nr. 142110; WVM 9/2014, Seite 5). Das OLG Hamm folgte dagegen der Argumentation des Versicherers (OLG Hamm, Urteil vom 18.11.2014, Az. 4 U 90/14; Abruf-Nr. 143847).

OLG sieht keine Irreführung des Kunden

Zwar handele es sich im Vorgehen des Versicherers um eine „geschäftliche Handlung“ (§ 2 Absatz 1 Nr. 1 UWG), bei der der Versicherungsnehmer beeinflusst und dadurch der Absatz der eigenen Produkte bzw. Dienstleistungen gefördert werde. Allerdings sei dies nach § 5 Absatz 1 Nr. 3 UWG nicht unlauter. Die vom Versicherer angegebene regionale Filialdirektion sowie die Rufnummer des Kundenservices werde von dem angeschriebenen Versicherungsnehmer nicht dahin verstanden, dass für seine Beratung bzw. Betreuung allein die genannten Stellen zuständig seien. Das erkenne der Kunde schon deshalb, weil ihm das Schreiben des Versicherers von dem von ihm bevollmächtigten Makler - genau wie vereinbart - unter Einhaltung der Korrespondenzpflicht übermittelt werde. Der Kunde werde daher nicht irregeführt.

 

PRAXISHINWEIS | Hätte der Versicherer in den Schreiben anstelle der regionalen Filialdirektion einen konkreten Ansprechpartner, zum Beispiel einen eigenen Mitarbeiter bzw. eine Generalvertretung oder einen Versicherungsvertreter benannt, läge auch in den Augen der Hammer Richter ein Verstoß gegen das UWG vor. Das OLG folgt damit dem LG Potsdam (Urteil vom 14.10.2011, Az. 51 O 46/11; Abruf-Nr. 123073), LG Stuttgart (Beschluss vom 13.7.2011, Az. 36 O 55/11; Abruf-Nr. 112410) und OLG München (Urteil vom 3.7.2014, Az. 29 U 5030/13; Abruf-Nr. 142364).

OLG sieht auch keine Behinderung der Makler

Das Vorgehen des Versicherers sei auch nicht unlauter. Mitbewerber würden nicht gezielt behindert (§ 4 Nr. 10 UWG). Denn die Mitteilung der Kontaktdaten des Versicherers diene nicht dazu, die wettbewerbliche Entfaltung der Mitbewerber, also der Makler, zu beeinträchtigen, sondern primär den eigenen Wettbewerb zu fördern. Selbst wenn man annähme, dass der Versicherer mit seinem Vorgehen die Kunden der Makler abzuwerben versuche, wäre das nicht unlauter. Nur wenn besondere Umstände hinzuträten, etwa das Abwerben von Kunden mittels irreführender Angaben, wäre es anders zu bewerten.

 

Wichtig | Ein besonderer Umstand und damit ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß wegen Irreführung des Versicherungsnehmers und gezielter Behinderung des Maklers liegt etwa in folgendem Fall vor: Der Versicherer nennt in Kundenschreiben zunächst den Makler als „Betreuer/Gesprächspartner“ des Kunden, nach Widerruf der Courtagezusage gibt er in den folgenden Schreiben die Kontaktdaten seines Servicecenters an, obwohl der Makler vom Kunden nach wie vor bevollmächtigt ist (LG Hannover, Urteil vom 25.6.2014, Az. 23 O 102/13; Abruf-Nr. 142111). Solch besondere Umstände lägen aber im zu entscheidenden Fall nicht vor, so das OLG Hamm.

 

PRAXISHINWEISE | In der Praxis gehen Sie derzeit am besten wie folgt vor:

  • Erhalten Sie Korrespondenz zur Weiterleitung an Ihre Kunden, prüfen Sie, ob
    • im Lager des Versicherers stehende Personen konkret benannt sind oder
    • das Servicecenter des Versicherers angegeben wird, obwohl Sie zuvor als Betreuer des Kunden aufgeführt wurden. Beides ist unlauter. Sie können eine Unterlassungserklärung vom Versicherer fordern.
  • Nennt der Versicherer in den Schreiben an Ihre Kunden nur seine Vertriebs- und Betreuungsorganisation, haben Sie keine rechtliche Handhabe gegen ihn. Sie haben aber zwei Möglichkeiten, geschickt mit den Schreiben umzugehen:
    • Sie leiten das Schreiben an den Kunden weiter mit dem Hinweis, dass Sie als Sachwalter sein unmittelbarer Ansprechpartner sind.
    • Sie vereinbaren mit Ihren Kunden, dass Sie die Schreiben der Versicherer nicht weiterleiten, sondern die Kunden nur über wesentliche Inhalte informieren, zum Beispiel per E-Mail. So nimmt der Kunde ausschließlich Sie als Betreuer/Gesprächspartner wahr und wertet Ihre Dienstleistung als einen besonderen Maklerservice, was wiederum zur Kundenbindung beiträgt.
  • In Sachen „Es betreut Sie“ und „Ihr zentraler Kundenservice“ ist noch nicht aller Tage Abend. Das OLG sah zwar keine Gründe für die Zulassung der Revision. Aber wegen einer Nichtzulassungsbeschwerde liegt die Sache beim BGH (Az. beim BGH: I ZR 22/15).
 
Quelle: Ausgabe 03 / 2015 | Seite 3 | ID 43191215