· Fachbeitrag · Umsatz-/Einkommensteuer
Entgelt für Vertriebsaufbau umsatzsteuerfrei und fondsgebundene RV Betriebsausgabe?
von Daniel Ziska, Steuerberater, GPC Tax Unternehmerberatung AG Steuerberatungsgesellschaft, Berlin/Bern
| Verpflichtet sich ein Versicherungsvermittler zum Aufbau eines mehrstufigen Vertriebs, so können die Einnahmen daraus auch umsatzsteuerfrei sein, wenn der Bezug zu den einzelnen vermittelten Geschäften ausreichend ist. Schließt der Versicherungsvermittler Rentenversicherungen mit engem betrieblichem Bezug ab, so können die Beiträge als Betriebsausgabe abzugsfähig sein. Diese beiden Aussagen stammen vom BFH. Er hat damit dem FG Sachsen widersprochen. |
Tätigkeit des Vermittlers ist Aufbau eines Strukturvertriebs
Ein Versicherungsvermittler aus Sachsen schloss mit der X-AG einen Vertrag, wonach er für die X-AG einen Strukturvertrieb aufbauen solle. Die X-AG zahlte ihm dafür eine monatliche Vergütung. Die Vergütung des Versicherungsvermittlers wurde aus den Abschlussprovisionen finanziert, welche die X-AG von den Versicherern aus Versicherungen erhielt, die der Vermittler noch für sich abschließen sollte.
Vereinbart war auch, dass der Versicherungsvermittler gleichzeitig zwei fondsgebundene Rentenversicherungen abschließt. Versicherte Personen waren zwei junge Menschen aus dem Bekannten- und Verwandtenkreis des Versicherungsvermittlers. Ein Teil der monatlichen Vergütung war dazu gedacht, die laufenden Beiträge zu den Versicherungen zu zahlen.
Die Rentenversicherungsverträge waren an die X-AG abgetreten. Nach einiger Zeit wurden die Verträge storniert, der X-AG einerseits die Rückkaufwerte der Versicherung ausgezahlt und andererseits die Stornoprovision belastet.
Ansicht des Finanzamts und FG Sachsen
Das Finanzamt und das FG Sachsen haben im Fall des Vermittlers, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelte, entschieden:
- Die monatliche Vergütung sei
- umsatzsteuerpflichtig und
- als Betriebseinnahme auch komplett einkommensteuerpflichtig.
- Die Beiträge zu den Versicherungen seien nicht als Betriebsausgabe abziehbar.
Gegenansicht des BFH
Der BFH war mit dem Urteil nicht einverstanden. Er hat daher den Fall mit zwei Beschlüssen zurückverwiesen (BFH, Beschlüsse vom 27.5.2015, Az. V B 31/15, Abruf-Nr. 178452 und Az. X B 138/14, Abruf-Nr. 176688). Er stellte fest, dass sich das FG nicht ausreichend mit den Argumenten des Vermittlers auseinandergesetzt und den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt hatte.
Auch der Aufbau eines Vertriebs kann umsatzsteuerfrei sein
Allein die Aussage, dass der Vermittler vertragsgemäß einen Strukturvertrieb aufbauen sollte, sagt noch nichts über die Umsatzsteuerfreiheit oder -pflicht aus, so der BFH. Es kommt allein darauf an, ob der Vermittler einen ausreichenden Bezug zu den einzelnen vermittelten Geschäften hat. Wenn dieser vorliegt, greift die Umsatzsteuerfreiheit.
PRAXISHINWEIS | Bei der Umsatzsteuer kommt es nicht darauf an, wie man die Leistung bezeichnet, sondern was man als Unternehmer konkret leistet, um die Vergütung zu erhalten. Es gilt das Motto: „Es kommt nicht auf den Aufkleber auf der Schachtel an, sondern auf ihren Inhalt.“ |
Beiträge zu einer RV können abzugsfähig sein
Der BFH stellt klar, dass ausnahmsweise auch Beiträge zu einer fondsgebundenen Rentenversicherung Betriebsausgaben sein können. Dieser Fall könnte hier vorliegen, weil ein besonderer unternehmerischer Bezug besteht und die Absicherung des Todesfallrisikos in den Hintergrund tritt.
Wichtig | Der BFH hatte schon früher entschieden, dass auch Beiträge zu Rentenversicherungen eine steuerlich abzugsfähige Betriebsausgabe sein können (zum Beispiel BFH, Urteil vom 20.7.1982, Az. VIII R 143/77; BFH, Urteil vom 3.3.2015, Az. IV R 45/08, Abruf-Nr. 111636). Das hat er jetzt noch einmal bestätigt. Allerdings sind und bleiben es Ausnahmefälle, in denen Beiträge zu Rentenversicherungen abzugsfähige Betriebsausgabe sind.
Der BFH bekräftigt mit diesem Urteil: Auch wenn man feststellt, dass ein Verhalten gegen ein Gesetz oder zumindest gegen die guten Sitten verstößt, so ist es dennoch durch die steuerliche Brille ganz wertungsneutral zu beurteilen (§ 40 AO). Das gilt für die Einnahmen- wie für die Ausgabenseite und ist vom Finanzamt wie vom Finanzgericht zu beachten.
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