· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
So lässt sich die Umsatzsteuer beim Einsatz von Untervermittlern vermeiden
von Daniel Ziska, Steuerberater, GPC Tax Unternehmerberatung AG Steuerberatungsgesellschaft, Berlin/Bern
| Umsatzsteuerlich heikel kann es in der Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche für den Vermittler werden, der mit selbstständigen Untervermittlern arbeitet. Auf den Obervermittler warten umsatzsteuerliche Stolperfallen. Wer sie kennt, kann sie sicher umgehen. |
Wo liegt das Problem mit der Umsatzsteuer?
Alle inländischen Erlöse eines Unternehmers unterliegen dem UStG. Nur wenn eine gesetzliche Befreiung greift, bleiben die Einnahmen steuerfrei. Diese Befreiungsvorschriften sind jedoch restriktiv auszulegen, sagt die höchstrichterliche Rechtsprechung. Sind also die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht vollständig erfüllt, droht die Umsatzsteuerpflicht.
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| § 4 Nr. 8 Buchst. e) und f) UStG |
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Vermittlung von Darlehen und im Kapitalanlagebereich
Bei Darlehen und im Kapitalanlagebereich ist die Vermittlung von der Umsatzsteuer befreit. Ein Unternehmer vermittelt, wenn er das Erforderliche tut, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Die Tätigkeit kann darin bestehen, dass man Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrags nachweist, mit den Parteien Kontakt aufnimmt oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen verhandelt. Dabei muss sich die Tätigkeit auf den einzelnen Vertragsabschluss beziehen (BFH, Urteil vom 30.10.2015, Az. V R 44/07, Abruf-Nr. 083941).
Vermittlung im Versicherungs- und Bausparkassenbereich
Im Versicherungs- und Bausparkassenbereich geht die Befreiung etwas weiter. Denn es ist die Tätigkeit als Versicherungsmakler oder -agent befreit. Allerdings bedeutet das nicht, dass man sich für alle Tätigkeiten auf die Befreiung berufen kann - es sind nur die berufstypischen gemeint.
Wichtig | Sicher ist, dass die Vermittlung auch hier der wesentliche Bestandteil des Berufs ist. Darüber hinaus gehört wohl für Makler und Agenten auch die Mitwirkung im Schadensfall dazu. Setzen Sie Untervermittler ein, besteht die Gefahr, dass Ihre eigene Tätigkeit nicht mehr den Anforderungen entspricht und Sie die Steuerbefreiung für Ihre eigenen Einnahmen verlieren.
Lösungen für die Praxis
Arbeiten Sie mit Untervermittlern, können Sie Ihr Steuerrisiko durch die richtige Organisation und dazu passende Verträge reduzieren.
Abschlussprovisionen
Abschlussprovisionen hängen direkt mit der Vermittlung zusammen. Sie werden in Folge der erfolgreichen Vertragsvermittlung gezahlt. Ist nun ein Untervermittler eingeschaltet, so ist wichtig, wie die Arbeit zwischen Ihnen und dem Untervermittler aufgeteilt ist. Optimal ist es, wenn Sie den Kunden gemeinsam beraten oder der eine die Erstberatung, der andere die fachlich intensivere Zweitberatung macht. Auch reicht es, wenn einer von beiden einen potenziellen Kunden benennt und somit die Vermittlung in Gang bringt (Abschnitt 4.8.1 Abs. 1 S. 4 Umsatzsteuer-Anwendungserlass [UStAE]).
PRAXISHINWEIS | Sind beide aktiv in die Vermittlung des Vertrags einbezogen, so erfüllen auch beide die gesetzlichen Voraussetzungen. Die Umsatzsteuerfreiheit greift für beide gleichermaßen. |
Heikel wird es, wenn Sie als Obervermittler nicht direkt in den Vermittlungsvorgang involviert sind. So mag es vielleicht effizienter sein, wenn der Untervermittler autark agiert oder die Anzahl der Untervermittler und Vermittlungen so groß ist, dass Sie als Obervermittler sich nicht in die einzelne Vermittlung einbringen können.
Auch in diesen Fällen können Sie von der Steuerbefreiung profitieren: So gehört auch die Betreuung, Überwachung oder Schulung von Untervermittlern zur steuerbefreiten Vermittlung. Voraussetzung ist - und das ist wesentlich -, Sie könnendurch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken. Dabei kommt es nicht darauf an, dass Sie jedes Vertragsangebot prüfen, sondern dass Sie als Obervermittler die Möglichkeit dazu haben (Abschnitt 4.8.1 Abs. 1 Sätze 9 und 10 UStAE).
Was ein „Vertragsangebot“ ist, wurde bisher nicht genauer definiert, ist aber in der Praxis wohl auch nicht problematisch. Vom Begriff scheint alles umfasst, das dem potenziellen Kunden den Vertragsgegenstand und die wesentlichen Vertragsgrundlagen darstellt und näher bringt. Relevanter ist, dass Sie als Obervermittler das „Einwirken können“ organisieren. Dies hat aus unserer Sicht zwei Komponenten:
- 1. Sie müssen rechtlich auf das einzelne Angebot einwirken können.
- 2. Sie müssen die tatsächliche Möglichkeit dazu haben.
PRAXISHINWEIS | Vereinbaren Sie im Vertrag zwischen Ober- und dem Untervermittler unbedingt, dass Sie das einzelne Vertragsangebot prüfen und gegebenenfalls Einfluss nehmen können. Es ist es aber nicht notwendig, dass jedes Angebot über Ihren Tisch geht und freigegeben wird. |
Der Ablauf muss also so organisiert sein, dass Sie auch tatsächlich „in die Speichen greifen“ können, wenn es Ihnen notwendig erscheint. Sie müssen die tatsächliche und organisatorische Möglichkeit zur Einwirkung haben. Wie Sie sich diese einräumen oder vorbehalten, hängt von der unternehmerischen Ablauforganisation ab - und ist daher sehr individuell. Es reicht nicht, wenn Sie zum Beispiel die Produkte aussuchen oder ein Standardangebot definieren. Prüfstein ist nämlich die einzelne Vermittlung.
Beachten Sie | Der BFH hat klargestellt, dass mit „prüfen“ nicht gemeint ist, dass Vertragsunterlagen auf Vollständigkeit und Plausibilität geprüft werden. Das sei kein Teil der Vermittlungsleistung, sondern nur administrative Sacharbeit (BFH, Urteil vom 14.5.2015, Az. XI R 13/11, Abruf-Nr. 142118). In der Folge fragte man sich in der Branche, ob das Urteil weitergehende Interpretationen auslösen muss. Die Finanzverwaltung hat dadurch geantwortet, dass sie das Urteil als Fundstelle für eine bereits vorhandene Aussage in ihren Verwaltungsanweisung übernommen hat: Die Übernahme von Sacharbeit im Zusammenhang mit dem Vertragsverhältnis sei keine Vermittlung (Abschnitt 4.8.1 Abs. 1 S. 5 UStAE). Es ist somit keine Neuinterpretation des Vermittlungsbegriffs notwendig.
Bestandsprovisionen
Im Umsatzsteuerrecht kommt es nicht auf die Bezeichnung einer Vergütung an, sondern darauf, was der Unternehmer konkret für diese Vergütung leisten muss. Daran macht sich auch die Umsatzsteuerbefreiung fest.
- Bei Versicherungen sind die berufstypischen Tätigkeiten befreit. Somit ist auch Ihre Betreuungsleistung und die Ihrer Vermittler umsatzsteuerfrei.
- Im Zusammenhang mit der Bestandsprovision von Investmentfonds ist das Thema geklärt: Spaltet sich Ihre Vermittlungsprovision in eine anfänglich zu zahlende Abschlussprovision und in eine Bestandsprovision auf, welche dafür gezahlt wird, dass Sie einen treuen und damit wertvolleren Kunden vermittelt haben, dann ist und bleibt es eine steuerfreie Vermittlungsprovision (BFH, Urteil vom 19.4.2007, Az. V R 31/05, Abruf-Nr. 072342).
- Erfreulicherweise soll das bei Wertpapieren sogar gelten, wenn Sie eine Bestandsprovision erhalten, aber nicht alle Kunden selbst vermittelt haben. Nach der Verwaltungsanweisung ist das auf Bestandsprovisionen an Kreditinstitute bezogen, aber es ist kein Grund ersichtlich, warum es nicht bei Vermittlern untereinander gelten sollte (Abschnitt 4.8.8 Abs. 6 UStAE).
Beachten Sie |Sind Sie allerdings vertraglich verpflichtet, eine andere Art von Leistung zu erbringen, um die Bestandsprovision zu erhalten, so ist die Steuerfreiheit eventuell in Gefahr. Treten nämlich andere Leistungen hinzu und sind es mehr als nur Nebenleistungen zur eigentlichen Vermittlung, dann greift die Steuerfreiheit nicht mehr. Denn sie ist bei Wertpapieren, Gesellschaftsanteilen und Darlehen auf die Vermittlung beschränkt.
PRAXISHINWEIS | Achten Sie bei allen Verträgen darauf, dass die Bestandsprovision durch die Vermittlungsleistung ausgelöst wird und möglichst keine anderen Leistungen verlangt sind oder diese nur Nebenleistungen zur Vermittlung sind. |