01.02.2006 | Alternative Behandlungsmethoden
Verfassungsrichter stärken Alternativmedizin: Konsequenzen für den Vertragsarzt
Es verletzt die Grundrechte von Kassenpatienten, wenn ihnen zur Behandlung lebensbedrohlicher oder regelmäßig tödlicher Erkrankungen, für die es keine allgemein anerkannte schulmedizinische Therapie gibt, die Leistung einer anderen Behandlung verwehrt wird, bei der Aussicht auf Heilung oder zumindest einen besseren Krankheitsverlauf besteht. Dies ist die Essenz aus einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005 (Az: 1 BvR 347/98), über den sogar die Tagespresse berichtet hatte.
Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist nicht nur für lebensbedrohlich erkrankte Patienten von großer Bedeutung, sondern auch für Sie als Vertragsarzt: Schließlich sind Sie es, der die Leistungsansprüche der GKV-Patienten umsetzen muss – und Sie müssen gegebenenfalls Ihre Therapieentscheidungen im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen gegen Regressforderungen der Krankenkassen rechtfertigen können.
Der Fall
Der 1987 geborene Patient leidet an der seltenen Duchenne’schen Muskeldystrophie (DMD), die erfahrungsgemäß zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr erste Symptome zeigt, zwischen dem 8. und 12. Lebensjahr zur Gehunfähigkeit und meist vor dem 20. Lebensjahr zum Tode führt. Die genauen Ursachen dieses Krankheitsverlaufs sind unbekannt, so dass in ihn nicht kausal eingegriffen werden kann. Üblicherweise wird eine symptomorientierte Behandlung mit Krankengymnastik, Kortisonpräparaten und Operationen durchgeführt. Bei dem Patienten wurde jedoch eine immunbiologische Therapie durchgeführt, bei der neben Thymuspeptiden, Zytoplasma und homöopathischen Mitteln auch hochfrequente Schwingungen („Bioresonanztherapie“) angewandt wurden. Die betreuenden Ärzte stufen den bisherigen Krankheitsverlauf trotz des Verlustes der Gehfähigkeit des Patienten im Jahre 2000 im Vergleich zu anderen Betroffenen als relativ günstig ein.
Nachdem das Sozialgericht die Klage der Eltern gegen die Weigerung der Krankenkasse, die Kosten für die Streitjahre 1992 bis 1994 in Höhe von 10.000 DM zu übernehmen, abgewiesen hatte, gab das Landessozialgericht den Eltern Recht. Das Bundessozialgericht nahm diesen Fall zum Anlass, am 16. September 1997 eine für den Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung maßgebliche Grundsatzentscheidung zu treffen und lehnte die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse im Ergebnis ab. Acht Jahre später (!) gab das Bundesverfassungsgericht nun der Verfassungsbeschwerde des Patienten Recht und verwies die Sache an das Bundessozialgericht zurück, das nun erneut zu entscheiden hat. Eine abschließende Klärung des konkreten Falls steht somit immer noch aus!
Der rechtliche Rahmen für eine Erstattungspflicht
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