01.04.2007 | Importarzneimittel
BSG konkretisiert Kriterium der „lebensbedrohlichen Erkrankung“
Mit Urteil vom 14. Dezember 2006 hat das Bundessozialgericht (BSG) den Antrag einer Patientin auf Kostenübernahme für ein lediglich im Ausland zugelassenes Arzneimittel abgelehnt, das in Deutschland innerhalb der Indikation der Auslandszulassung eingesetzt werden sollte (sogenannte Importarzneimittel). Die Richter konkretisieren in ihrer Entscheidung (Az: B 1 KR 12/06 R) die bisherige Rechtsprechung des BSG und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und ziehen eine klare Grenze zwischen Importarzneimitteln und Arzneimitteln, die zulassungsüberschreitend (Off-Label) verordnet werden. Insbesondere greifen die Richter das in diesem Zusammenhang maßgebliche Kriterium der lebensbedrohlichen Erkrankung auf und definieren dieses näher.
Sachverhalt
Der Entscheidung lag der Fall einer schwerbehinderten Klägerin zugrunde, die seit ihrem 7. Lebensjahr an Friedreich‘scher Ataxie (FRDA) sowie einer krankheitstypischen, hypertrophen Kardiomyopathie erkrankt ist. Letztere führt üblicherweise zu einer allgemeinen Leistungsminderung und schränkt zudem die Lebenserwartung ein, ist aber nicht unmittelbar lebensbedrohend.
Im Oktober 2001 beantragte die Klägerin bei der beklagten Krankenkasse die Kostenübernahme für das in Deutschland nicht zugelassene, in Italien erhältliche Mittel „Mnesis®“. Ihren Antrag stützte die Klägerin im Wesentlichen auf die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze für eine Arzneimittelerstattung im Wege des Off-Label-Use. Nachdem die Klage erstinstanzlich erfolglos geblieben war, wies die Klägerin – mit Erfolg – im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) ergänzend darauf hin, dass der streitige Wirkstoff für die Behandlung der FRDA in der Schweiz seit Mai 2004 befristet zugelassen sei und dass Studien der Jahre 1999 bis 2003 den Nutzen des Mittels bei über 100 Patienten belegen würden.
Entscheidungsgründe
Das BSG hob allerdings die LSG-Entscheidung auf und verneinte einen Kostenübernahmeanspruch der Klägerin für „Mnesis®“. Ein solcher Anspruch bestehe nicht, da das Arzneimittel weder in Deutschland zugelassen sei noch über eine EU-weite Zulassung verfüge. Auch die in einzelnen EU-Staaten für eine andere Indikation und die in der Schweiz befristet für die Indikation der Klägerin erteilte Zulassung von „Mnesis®“ entfalte keine Rechtswirkungen in Deutschland. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland sei jedoch Grundvoraussetzung für die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit einer Arzneimitteltherapie und eine daraus resultierende Erstattungsfähigkeit. Mangels Zulassung von „Mnesis®“ komme daher eine zulassungsüberschreitende Anwendung im Sinne eines Off-Label-Use von vornherein nicht in Betracht.
BSG: Enge Auslegung der „lebensbedrohlichen Erkrankung“
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