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  • Privatliquidation

    Berichte und Gutachten für private Versicherungen: Was hat sich in der neuen GOÄ geändert?

    Im Ärzte-Brief Nr. 6/94 hatten wir Sie über die Berechnung von Berichten und Gutachten für private Versicherungsunternehmen, zum Beispiel Lebens- oder Unfallversicherungen, informiert. In der neuen GOÄ hat es einige Änderungen zugunsten der Ärzte gegeben. Trotzdem versuchen weiterhin manche Versicherungen, die ärztlichen Leistungen mit niedrigen Pauschalangeboten billig einzukaufen. Wir greifen deshalb dieses Thema nochmals auf.

    Private Versicherungen sind keine “öffentlichen Leistungsträger”, daher wird zu normalen GOÄ-Bedingungen abgerechnet!

    Auch bei Leistungen für private Versicherungsunternehmen handelt es sich um die in Paragraph 1 der GOÄ zitierten “beruflichen Leistungen der Ärzte”, ohne daß eine der dort genannten Ausnahmen zutrifft. Die Abrechnung hat deshalb nach der GOÄ zu erfolgen. “Öffentliche Leistungsträger” im Sinne des Paragraphen 11 der GOÄ sind diese Versicherungen nicht, so daß Sie Ihre Leistungen nach den zutreffenden GOÄ-Ziffern mit normalen Multiplikatoren abrechnen können - einschließlich der Möglichkeit der Abdingung.

    Die oft angebotenen Pauschalen sind eigentlich rechtlich nicht zulässig. Sollten Ihnen diese aber ausnahmsweise ausreichend erscheinen, so können Sie diese ruhig annehmen. Wer sollte da protestieren?

    Prüfen Sie: Was wird angefordert - Bericht oder Gutachten?

    Für die Zuordnung nach den richtigen GOÄ-Ziffern sollten Sie zunächst einmal prüfen, ob es sich um einen “Bericht” oder um ein “Gutachten” handelt. Berichte fordern einzig die Angaben vorliegender Befunde, eventuell ergänzt um neue Untersuchungen. In dem Moment aber, in dem von Ihnen - gleichgültig, was über dem Formular steht, zum Beispiel auch wenn dort nur “Ärztliche Auskunft” steht - prognostische Angaben verlangt werden, handelt es sich um ein Gutachten, welches erheblich höher zu honorieren ist! Dazu zählen auch so scheinbar einfache und bei relativ gesunden Patienten rasch zu beantwortende Fragen wie “Ist nach Ihren Erfahrungen eine vorzeitige Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit zu erwarten?” Deshalb unser erster Tip: Lassen Sie sich nicht von Formularüberschriften oder vom Text der Anforderung in die Irre führen und prüfen Sie genau, ob es sich um einen Bericht oder um ein Gutachten handelt!

    Achtung: Schon die Rückgabe des Formulars ist berechnungsfähig!

    In den meisten Fällen werden Sie im Anschreiben gebeten, dann, wenn Sie aus irgendwelchen Gründen das Formular nicht ausfüllen, dieses mit einem entsprechenden Hinweis zurückzusenden. Auch das Zurückschicken ist bereits eine erbrachte Leistung, berechenbar nach Nr. 70 GOÄ (Kurze Bescheinigung) mit 10,49 DM (2,3-fach). Schreibgebühren sind daneben nicht berechenbar. Porto können Sie nur dann berechnen, wenn kein Freiumschlag beigefügt war.

    Die Abrechnung von Gutachten

    Für das Gutachten ist meist Nr. 80 GOÄ (Schriftliche gutachtliche Äußerung) Abrechnungsgrundlage. Hinzu kommt eine Schreibgebühr, für die - bei einem Umfang von zwei Seiten - zweimal Nr. 95 GOÄ abrechenbar ist. Insgesamt ergibt das also einen Betrag von 92,34 DM (Nr. 80 zum 2,3-fachen Satz, Nr. 95 zum Einfachsatz).

    Nr. 85 GOÄ unterscheidet sich von Nr. 80 in der Leistungsanforderung durch einen “das gewöhnliche Maß übersteigenden Aufwand”, die “wissenschaftliche Begründung” wird nur “gegebenenfalls” gefordert. Der besonders hohe Aufwand ist dann gegeben, wenn längere Krankheitsverläufe mit mehreren Diagnosen einschließlich des Heraussuchens der Befunde einen Zeitaufwand von deutlich mehr als einer halben Stunde erfordern.

    In der Honorierung besteht der Unterschied nicht nur in der Punktzahl (500 statt 300 Punkte), sondern vor allem darin, daß Nr. 85 “je angefangene Stunde Arbeitszeit” erneut berechenbar ist. Dann beträgt das Honorar (wieder 2,3-facher Satz), wenn die Arbeit innerhalb einer Stunde abgeschlossen ist, einschließlich der wieder berechenbaren Schreibgebühr 144,78 DM. Dauert es länger, zum Beispiel 1 ¼ Stunde, dann beträgt das Honorar insgesamt 275,88 DM. Deshalb unser zweiter Tip: Achten Sie streng auf die “investierte” Zeit!

    Nr. 96 (Schreibgebühr je Kopie 0,34 DM) kann bei Nr. 80 und Nr. 85 hinzukommen, wenn Durchschläge angefordert werden. Streng genommen können Sie diese auch für die Kopien der eigenen Unterlagen berechnen. Da dies aber umstritten ist, empfehlen wir Ihnen, auf diesen geringen Betrag zu verzichten.

    Die Abrechnung von Berichten

    Berichte werden nach Nr. 75 GOÄ (Ausführlicher schriftlicher Krankheits- und Befundbericht ...) abgerechnet. Hier ist leider kein Zeitfaktor enthalten. Sie können aber in den Fällen, in denen der Aufwand über das übliche Maß hinausgeht - wenn zum Beispiel mehrere Fragen ausführliche Eintragungen erfordern - mit dem 3,5-fachen Multiplikator abrechnen, so daß sich ein Betrag von 39,33 DM ergibt. Eine Schreibgebühr ist nicht berechenbar.

    Die Abrechnung von Untersuchungen

    Sowohl Gutachten als auch Berichte können mit Untersuchungen angefordert werden. So enthält das häufig angeforderte “Ärztliche Zeugnis” außer einem Teil “Erklärung vor dem Arzt” noch einen aktuellen Untersuchungsbefund. Bitte beachten Sie die Form der Anfrage und des Anschreibens. Prüfen Sie, ob daraus hervorgeht, daß eine aktuelle Untersuchung gewünscht wird. Deshalb unser dritter Tip: Machen Sie keine aktuellen Untersuchungen, bevor geklärt ist, ob der Versicherer diese wünscht. Fragen Sie eventuell nach!

    Die angeforderten Untersuchungen entsprechen im Umfang in der Regel der Gesundheitsuntersuchung nach Nr. 29 GOÄ, so daß Sie diese analog berechnen können. Zusammen mit dem Anamneseteil resultiert daraus ein Honorar von 149,64 DM (2,3-fach). Auch für die Gesundheitsuntersuchung kann ein höherer Multiplikator berechtigt sein, zum Beispiel wenn der Untersuchungsumfang über den in Nr. 29 GOÄ beschriebenen Inhalt hinausgeht. Dann beträgt das Honorar 227,43 DM (Nr. 75 und Nr. 29 je 3,5-fach). Zur über den Fragebogen hinausgehenden Untersuchung  müssen Sie aber wiederum das Einverständnis der Versicherung einholen.

    Die Schweigepflicht

    Die Versicherungen weisen gern darauf hin, daß eine Entbindung von der Schweigepflicht vorläge. Streng genommen reicht dies nicht, da es sich hier meist nur um die pauschale Unterschrift unter den Versicherungsantrag handelt. Hier muß eine aktuelle Erklärung des Patienten, bezogen auf das Auskunftsbegehren der Versicherung, vorliegen.

    Besonders heikel sind die in manchen Formularen enthaltenen Fragen nach Risikofaktoren. So sind Fälle bekannt, in denen gefragt wurde: “Ist Ihnen bekannt, ob die untersuchte Person einer AIDS-gefährdeten Risikogruppe angehört?” Oder: “Ist Ihnen Nachteiliges über die Lebensweise Ihres Patienten bekannt?” Solche Fragen sind entweder aus den Befunden heraus beantwortet (zum Beispiel positiver AIDS-Test) oder sollten nicht beantwortet werden. Sie setzen sich sonst der Gefahr von Regreßanprüchen des Patienten aus. Deshalb unser vierter Tip: Füllen Sie keine Fragen mit spekulativem Charakter aus! Antworten Sie in solchen Fällen zum Beispiel mit folgendem Hinweis:“Aufgrund der erhobenen Befunde nicht beantwortbar.”

    Quelle: Abrechnung aktuell - Ausgabe 06/1996, Seite 6

    Quelle: Seite 6 | ID 99542