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  • 05.01.2010 | Regelleistungsvolumina

    Recht auf Wachstum des RLV bis zum Fachgruppendurchschnitt auch für Altpraxen?

    von Rechtsanwalt Dr. Ronny Hildebrandt, Kanzlei Dierks & Bohle Rechtsanwälte, www.db-law.de

    Die seit Anfang des Jahres 2009 geltenden Regelleistungsvolumina (RLV) haben schon für viel Gesprächsstoff gesorgt. Ihre Berechnung auf Grundlage der praxisindividuellen Fallzahlen im jeweiligen Vorjahresquartal stellt insbesondere für unterdurchschnittliche Praxen mit Fallzahlwachstum ein Problem dar. Ein Fallzahlzuwachs wirkt sich durch die Anknüpfung an die Fallzahlen des jeweiligen Vorjahresquartals grundsätzlich erst im entsprechenden Quartal des Folgejahres aus. Ausnahmen gibt es häufig nur für Jung- oder Neupraxen. Unterdurchschnittlich abrechnende Altpraxen, die im Wachstum begriffen sind, müssen dagegen prinzipiell vier Quartale in Vorleistung treten, bevor es für die Behandlung zusätzlicher Patienten ein höheres RLV und damit verbunden ein höheres Honorar gibt. Eine Entscheidung des Sozialgerichts Marburg vom 6. August 2009 könnte jedoch an dieser unbefriedigenden Situation etwas ändern (Az: S 11 KA 430/09 ER, nicht rechtskräftig).  

    Urteil des SG Marburg zu Wachstumsmöglichkeiten

    Unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu Wachstumsmöglichkeiten unterdurchschnittlich abrechnender Praxen in der i„alten“ Vergütungswelt hat das Sozialgericht Marburg entschieden, dass jeder Praxis auch in der „neuen“ Vergütungswelt die Möglichkeit eingeräumt werden muss, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Enthält der Honorarverteilungsvertrag (HVV) keine spezifischen Regelungen für das Wachstum unterdurchschnittlich abrechender Praxen, ist diesen Praxen nach Ansicht des Sozialgerichts Marburg nach den allgemeinen vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätzen ein RLV in Höhe des Fachgruppendurchschnitts zuzubilligen.  

    BSG-Grundsätze zu Wachstumsmöglichkeiten

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. z.B. Urteil vom 28.01.2009, Az: B 6 KA 5/08 R) haben die Partner der Honorarverteilungsverträge nicht nur für neu gegründete Praxen und Praxen, die sich „im Aufbau“ befinden (sogenannte „Jungpraxen“), Wachstumsmöglichkeiten bis zum fachgruppendurchschnittlichen Umsatz zu gewährleisten. Vielmehr besteht die Verpflichtung zur Gewährleistung einer effektiven Wachstumsmöglichkeit für alle Praxen, deren Umsatz den durchschnittlichen Umsatz der Fachgruppe unterschreitet.  

     

    Mit Ausnahme von Neu- und Jungpraxen sind die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen allerdings berechtigt, in den Honorarverteilungsverträgen Regelungen zu treffen, die das pro Jahr zulässige Honorarwachstum beschränken. Diese Begrenzungsregelungen dürfen aber nicht zu eng gefasst sein. Daher sind Wachstumsraten in einer Größenordnung zuzulassen, die es noch gestatten, den durchschnittlichen Umsatz in absehbarer Zeit zu erreichen. Als „absehbare Zeit“ sieht das BSG einen Zeitraum von fünf Jahren an (BSG, a.a.O.). Neu- und Jungpraxen müssen hingegen sofort auf Fachgruppendurchschnitt wachsen dürfen.  

    Problem: Phasenverschiebung in „neuer Vergütungswelt“

    Die soeben dargestellten Grundsätze helfen den unterdurchschnittlich abrechnenden „Altpraxen“ erst einmal nicht weiter: Sie haben zwar durch eine Fallzahlsteigerung im aktuellen Abrechnungsquartal die Möglichkeit, im jeweiligen Quartal des Folgejahres ein höheres Regelleistungsvolumen zu erhalten. Dadurch können sie mit ihrem Regelleistungsvolumen den Fachgruppendurchschnitt erreichen oder - unter Beachtung der Fallwertabstaffelung - sogar überschreiten. Diese systemimmanente Wachstumsmöglichkeit ändert aber nichts daran, dass diese Praxen die mit dem Fallzahlanstieg normalerweise einhergehenden Mehrleistungen erst im Folgejahr vergütet erhalten.