01.09.2009 | RLV 2009
Verlangen Sie eine Offenlegung der Fallwertberechnung
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Torsten Münnch, Dierks + Bohle Rechtsanwälte, Berlin, www.db-law.de
Die neuen, seit Anfang 2009 bundesweit geltenden Regelleistungsvolumina (RLV) haben in vielen Kassenärztlichen Vereinigungen eine völlig neue Vergütungssystematik eingeführt. Die seit eh und je bestehenden KV-spezifischen Unterschiede in der Honorarverteilung sind damit zu einem Gutteil beseitigt worden. Das gilt allerdings nur für die prinzipielle Systematik. Ganz erhebliche Unterschiede gibt es im Detail, insbesondere im Arztgruppen-Fallwert. Während zum Beispiel der Allgemeinmediziner in Westfalen-Lippe im ersten Quartal 2009 mit 32 Euro auskommen musste, standen dem Allgemeinmediziner in Niedersachsen 44 Euro zur Verfügung. Aber auch innerhalb einer KV schwanken die Fallwerte von Quartal zu Quartal. Die erheblichen Unterschiede werfen die Frage nach den Kontrollmöglichkeiten auf.
Insbesondere Fallwerte unter 35 Euro, mit denen noch nicht einmal die Versichertenpauschale finanziert werden kann, lassen Zweifel an der richtigen Berechnung aufkommen. Die gesetzlich vorgesehenen RLV-Mitteilungen der KVen enthalten meist nicht mehr als die bloße Angabe des Fallwerts. Wie er berechnet wurde, ist den Mitteilungen nicht zu entnehmen. Sie sollten also bei Ihrer KV auf eine Offenlegung der Berechnungsgrundlagen drängen.
Ihre Argumente für eine Offenlegung der Berechnung
Nach § 35 Abs. 1 SGB X muss ein schriftlicher Bescheid mit einer Begründung versehen werden. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Vorschrift trägt dem rechtsstaatlichen Grundsatz Rechnung, wonach der Bürger Anspruch auf Kenntnis der Gründe hat, weil er nur dann seine Rechte sachgemäß verteidigen kann (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 9.3.1994, Az: 6 RKa 18/92). Wer sich also gegen die Höhe des Fallwerts wendet, kann dies nur sachgerecht tun, wenn er seine Berechnung kennt.
Die Begründungsanforderungen sind allerdings von Fall zu Fall verschieden und richten sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalles (BSG a.a.O.). Jedenfalls wenn - wie hier im hochsensiblen Bereich der Vergütung - Grundrechtsbeeinträchtigungen von gewisser Intensität im Raume stehen, muss die Behörde Annahmen und Wertungen, die bei ihrer Entscheidung leitend gewesen sind, offenlegen. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Bescheid Zahlen verwendet, deren Herleitung dem Bescheid nicht zu entnehmen ist.
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