07.01.2009 | Wirtschaftlichkeitsprüfung
Vertrag statt Regress: Für und Wider einer individuellen Richtgrößenvereinbarung
von Rechtsanwalt Dr. Maximilian Warntjen, Dierks + Bohle
Rechtsanwälte, Berlin, www.db-law.de
Nicht wenige Ärzte haben in jedem Jahr dasselbe Problem: Der Prüfungsausschuss bzw. seit neuestem die Prüfungsstelle teilt mit, dass die Verordnungskosten der Praxis die Richtgrößensumme überschritten haben und bittet um Stellungnahme und Mitteilung etwaiger Praxisbesonderheiten. Mit diesem Schreiben beginnt häufig ein langwieriges Verfahren, das den Arzt belastet und mit viel Aufwand verbunden ist. Dieser besteht darin, dass er die Überschreitung der „normalen“ Richtgrößen begründen muss und dafür seine Patienten- und Praxisstruktur analysieren sowie Statistiken anfertigen muss, um so im Vergleich mit den Kollegen der Fachgruppe die Praxisbesonderheiten zu ermitteln. Und häufig ist es mit der Anfertigung einer ersten Stellungnahme nicht getan, sondern die Prüfungsstelle setzt einen Regress fest, sodass vor dem Beschwerdeausschuss das Verfahren in die „zweite Runde“ geht und der Arzt erneut manche freie Stunde für die Auseinandersetzung mit den Prüfgremien opfern muss.
Es gibt aber eine Option, durch die derartige langwierige Verfahren im Vorhinein verhindert werden können - nämlich die Vereinbarung einer sogenannten individuellen Richtgröße. Das ist seit der Gesundheitsreform 2004 möglich, wird aber bislang von Ärzten und Prüfgremien kaum genutzt. Dabei kann dies insbesondere für „chronisch betroffene“ Ärzte interessant sein.
Ablauf bei einer individuellen Richtgrößenvereinbarung
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers kann bei einer Richtgrößenüberschreitung auf die Festsetzung eines Regresses verzichtet und stattdessen eine in Zukunft vom Arzt einzuhaltende individuelle Richtgröße vereinbart werden. Diese individuelle Richtgröße kann allerdings nicht frei bestimmt werden, sondern sie muss eine wirtschaftliche Verordnungsweise des Arztes unter Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten gewährleisten.
Wie genau funktioniert das? Arzt und Prüfgremien ermitteln die Praxisbesonderheiten des Arztes und legen dementsprechend einen Zuschlag zu den normalen, für die Fachgruppe geltenden Richtgrößenwerte fest. Diese erhöhten Richtgrößenwerte muss der Arzt für die Dauer von mindestens vier Quartalen, so die Vorgabe des Gesetzgebers, einhalten. Als „Gegenleistung“ verzichten die Prüfgremien (gegebenenfalls auch nur teilweise) auf die Festsetzung eines berechtigten oder gerade im Streit stehenden Regresses.
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