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  • · Fachbeitrag · Honorarkommission

    „Partielle Harmonisierung“ von EBM und GOÄ erfordert neue Institutionen

    | Die wissenschaftliche Kommission für ein modernes Vergütungssystem (KOMV), die Mitte 2018 mit ihrer Arbeit gestartet war, hat ihren Vorschlag für die Reformierung von EBM und GOÄ vorgelegt (online unter iww.de/s3286 ). Von einer Zusammenlegung zu einer einheitlichen ambulanten Gebührenordnung (EAGO) rät die KOMV ab, schlägt dafür aber eine „partielle Harmonisierung“ vor. Die Konsequenzen dieses Vorhabens sind erheblich. |

    KOMV lehnt eine einheitliche Gebührenordnung ab

    Die Pauschalvergütung und Budgetierung des GKV-Systems mit dem EBM geht laut KOMV mit einer drohenden Unterversorgung einher, die Einzelleistungsvergütung nach dem PKV-System mit der GOÄ hingegen mit drohender Überversorgung. Gleichzeitig ließen sich die Probleme im deutschen Gesundheitssystem (insbesondere lange Wartezeiten auf einen Termin im GKV-System sowie drohende ärztliche Unterversorgung auf dem Land) nicht zwingend mit einer EAGO beseitigen, erklärt die KOMV. Eine EAGO zu erstellen, sei sehr komplex, deren Auswirkungen nicht vorhersehbar und werfe verfassungsrechtliche Fragen auf. Deshalb schlägt die KOMV eine partielle Harmonisierung des GKV- und PKV-Systems vor.

    Neuer Gemeinsamer Leistungsausschuss

    Zur Umsetzung der partiellen Harmonisierung soll ein „Gemeinsamer Leistungsausschuss“ (GLA) installiert werden, in dem Vertreter von

    • GKV-Spitzenverband,
    • PKV-Verband,
    • KBV und
    • BÄK sitzen.

     

    Diese Vertreter sollen im GLA ihr Wissen teilen und auf dieser Basis ein Vergütungssystem für eine „Gemeinsame Leistungslegendierung“(GLL) erarbeiten und pflegen. Den Leistungen soll eine „Kostenkalkulation“ zugrunde gelegt werden. Neue Leistungen können auf Antrag von Trägerorganisationen des GLA, Beihilfe und Patientenvertretungen, medizinischen Fachgesellschaften und sogar einzelnen Ärzten eingeräumt werden, so die Vorstellung der KOMV. Wie die Leistungen in Preisen dann tatsächlich vergütet werden, ist Verhandlungssache zwischen den Partnern, also zwischen dem

    • GKV-Spitzenverband und KBV einerseits sowie
    • PKV-Verband und BÄK andererseits.

     

    Die Entscheidung, ob Einzelleistungen abgerechnet, zu Leistungskomplexen zusammengefasst oder pauschal vergütet werden, soll ebenfalls vertrags- und privatärztlich getrennt erfolgen. Grundsätzlich dürfen dabei auch Leistungen privatärztlich abgerechnet werden, die noch nicht im GLL abgebildet sind, heißt es im Gutachten. Allerdings nur, wenn ein Aufnahmeantrag beim GLA gestellt wurde und eine schriftliche Vereinbarung mit dem Patienten vorliegt.

    GOÄ als Rechtsverordnung hat sich nicht bewährt

    Grundsätzlich neu ist in dem Vorschlag der KOMV, dass PKV-Verband und BÄK die Preise der Leistungen selbst aushandeln, die in der GLL vorgesehen sind. Bislang muss der Bundesrat einer neuen GOÄ zustimmen. „Die Regelungsform einer Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats ist nicht mehr erforderlich und hat sich nicht bewährt“, konstatiert die KOMV.

     

    Dabei machen die KOMV-Wissenschaftler auch den Weg frei für die GOÄneu, die die BÄK und der PKV-Verband bereits abgestimmt haben: „Es ist daher transparent und rechtssicher, dieses faktisch schon existierende Verhandlungsregime für die Verhandlung des Gebührenverzeichnisses in rechtsförmliche Strukturen zu überführen“, so die KOMV-Experten.

    Abrechnung auf Quartalsbasis beenden

    Fragwürdig findet die KOMV, dass die Vergütung und Abrechnung im GKV-System auf Quartalsbasis erfolgt. Davon solle Abstand genommen werden. Abhängig von der Art der Leistung, der Spezialisierung und den Versorgungszielen sollten quartalsbezogene, jährliche oder auch monatliche Zeiträume vereinbart werden, so die KOMV.

     

    MERKE | Speziell für Hausärzte schlägt die Kommission „vorrangig eine auf persönlicher Einschreibung der Patienten basierende Vergütung mit jährlicher Abrechnung von Versichertenpauschalen und monatlichen Abschlagszahlungen“ vor. Denkbar seien auch Jahrespauschalen, die die Vorhaltekosten oder Behandlungskoordination der Leistungen abdecken.

     

    Die KOMV kommt in ihrem Gutachten zu dem Schluss, dass bei dem Modell der partiellen Harmonisierung keine verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken bestehen.

    Synergieeffekte durch partielle Harmonisierung erwartet

    Das Modell biete zahlreiche Vorteile, wirbt die KOMV. Nach einem kurz- und mittelfristigen Mehraufwand seien langfristig Synergieeffekte zu erwarten, da beispielsweise nicht mehr zwei Leistungsverzeichnisse separat weiterentwickelt werden müssten. Auch könne das Zusammenführen des Wissens und der Daten aus dem vertrags- und privatärztlichen Bereich die Kostenkalkulation verbessern helfen. Damit könnten als Grundlage für die Preisverhandlungen relative Unter- und Überversorgung einfacher vermieden werden.

     

    FAZIT | Die Vorschläge der KOMV zu einer partiellen Harmonisierung klingen nach mehr Bürokratie, weiteren Institutionen und höherem Aufwand. Grundsätzlich zeigt die KOMV mit ihrem Vorschlag aber auch, dass das duale System der Krankenversicherung zahlreiche Vorzüge hat.

     
    Quelle: Ausgabe 02 / 2020 | Seite 3 | ID 46342833