· Fachbeitrag · Leserforum
Persönlicher, mittelbarer oder gar kein Arzt-Patienten-Kontakt?
| FRAGE: „Um telefonische Arzt-Patienten-Kontakte (APK) in demselben Quartal zu dokumentieren, in dem schon die Versichertenpauschale abgerechnet wurde, haben wir die EBM-Nr. 01430 abgerechnet. Da diese in demselben Quartal bei demselben Patienten durch denselben Arzt (in demselben Arztfall) nicht berechnungsfähig ist, wurde sie gestrichen. Weitere APK fanden im dem Quartal nicht statt. Das Problem: Die KV hat auch den Morbiditätszuschlag 03212 gestrichen! Dies mit dem Argument, dass es sich bei dem Verwaltungskomplex Nr. 01430 - alleinige telefonische Kontaktaufnahme durch Mitarbeiter - nicht um einen APK i.S. der Leistung nach Nr. 03212 handle und somit nur ein APK vorliege. Ist das zutreffend oder können wir die Streichung des Morbiditätszuschlags in derartigen Fällen verhindern?“ |
Antwort: Grundsätzlich ist festzustellen, dass der Morbiditätszuschlag 03212 EBM nur dann zusätzlich zu einer Versichertenpauschale (Nr. 03110 bis 03112) berechnet werden kann, wenn im aktuellen Quartal mindestens zwei Arzt-Patienten-Kontakte (APK) vorliegen. In diabetologischen oder HIV-Schwerpunktpraxen gilt dies für die Versichertenpauschalen nach den Nrn. 03120 bis 03122.
Während für die Berechnung einer Versichertenpauschale ein persönlicher APK erforderlich ist, verlangt die Berechnung der Nr. 03212 lediglich zwei APK ohne nähere Definition. Da aber eine Versichertenpauschale nur bei einem persönlichen APK berechnungsfähig ist und die Nr. 03212 nur als Zuschlagsposition zu einer Versichertenpauschale berechnet werden kann, setzt indirekt die Berechnung der Nr. 03212 ebenfalls einen persönlichen APK voraus. Der weitere Kontakt kann anderer Natur sein.
MERKE | Um einen persönlichen APK handelt es sich, wenn Arzt und Patient räumlich und zeitgleich anwesend sind, auch wenn die direkte Interaktion mit dem Patienten wegen des Zustands des Patienten über Bezugspersonen erfolgen muss. Das zum Beispiel bei schwerstkranken Patienten der Fall, die nicht selbst mit dem Arzt kommunizieren können, oder bei Kleinstkindern, bei denen die Interaktion mit dem Arzt in der Regel über die Eltern erfolgt. Der betreffende Patient muss aber anwesend sein! |
Bei mittelbaren Kontakten ist die Spannbreite deutlich größer: Es muss mindestens ein telefonischer Kontakt oder ein Kontakt über „Mittelspersonen“ vorliegen. Ein derartiger Kontakt ist nahezu immer zu bejahen, wenn der Arzt mit einer Bezugsperson des Patienten Anweisungen usw. austauscht. Wenn also zum Beispiel Bezugspersonen eines schwerkranken Patienten oder eines Kindes in der Praxis - oder auch telefonisch - mit dem Arzt Kontakt aufnehmen und auf diesem Wege Anweisungen usw. erhalten. Ein mittelbarer Kontakt entsteht aber auch, wenn der Arzt Bezugspersonen eher zufällig in einem Geschäft, auf der Straße oder sonst wo trifft. Gerade in ländlichen Hausarztpraxen, in denen der „Dorfarzt“ in der Regel den Dorfbewohnern bekannt ist, kommt diese Konstellation relativ häufig vor. Leider können diese Kontakte häufig nicht berechnet werden, da zumeist für die Patienten schon eine Versichertenpauschale abgerechnet wurde.
PRAXISHINWEIS | Erfolgen telefonische Kontaktaufnahmen mit der Praxis (mit den Mitarbeitern) oder auch mittelbare APK als alleinige Kontakte im Quartal, kann dafür die Nr. 01430 (bei telefonischen Kontakten mit den Mitarbeitern) bzw. die Nr. 01435 (bei telefonischem oder mittelbarem Kontakt mit dem Arzt selbst) angesetzt werden. Problem: Seit der Streichung von § 20 im Bundesmantelvertrag zum 1. Januar 2011 kann für alleinige Telefonate im Quartal zur Abrechnung der Nr. 01430 oder der Nr. 01435 ein Behandlungsausweis im sogenannten Ersatzverfahren nicht mehr ausgestellt werden (dazu ausführlich AAA 03/2012, Seite 5). Die Folge ist, dass derartige alleinige Kontakte in Folgequartalen privat liquidiert werden können, was die meisten Hausärzte so nicht ausführen werden, da sie damit erhebliches Unverständnis bei ihren Patienten auslösen würden.
Unsere Empfehlung daher: Bei alleinigen telefonischen oder bei mittelbaren Kontakten in Folgequartalen sollten Sie die Patienten auffordern, unbedingt die Krankenversichertenkarte vorbeizubringen oder vorbeibringen zu lassen, damit die Nr. 01430 bzw. die Nr. 01435 abgerechnet werden kann. Kommt der Patient selbst mit der Versichertenkarte in die Praxis, können zudem die Voraussetzungen zur Abrechnung einer Versichertenpauschale vorliegen - dann entfällt allerdings die Berechnungsmöglichkeit der Nr. 01430 bzw. 01435. |
Nach unserer Auffassung handelt es sich auch bei einer Inanspruchnahme der Praxis i.S. der Nr. 01430 EBM um einen APK, der zur Berechnung der Gebührenordnungspositionen, die eine bestimmte Anzahl von mittelbaren APK voraussetzen, mitgezählt werden muss - so auch beim Morbiditätszuschlag Nr. 03212. Empfehlenswerter ist es aber, beim zweiten Kontakt - dem telefonischen Kontakt mit Mitarbeitern - anstelle der Nr. 01430 die Nr. 03212 zu notieren. Zusammen mit der zuvor abgerechneten Versichertenpauschale resultieren daraus die geforderten zwei APK im Quartal.
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Hat ein Patient vor dem Einlesen der Versichertenkarte in der Praxis angerufen und Anweisungen erhalten, können Sie für den Telefonkontakt zwar die Nr. 01430 abrechnen - diese wird allerdings bei Berechnung einer Versichertenpauschale in demselben Quartal gestrichen.
Alternative: Dokumentieren Sie den telefonischen Kontakt vor Abrechnung der Versichertenpauschale mithilfe des Wirtschaftlichkeitsbonus „Labor“ (Nr. 32001), der nicht von einer Berechnung neben einer Versichertenpauschale in demselben Quartal ausgeschlossen ist. Zu diesem „Kunstgriff“ sind Sie gezwungen, um die Zahl der erfolgten APK in Ihrer Abrechnung zu dokumentieren. Die Praxis-EDV nimmt nämlich in der Regel ein Behandlungsdatum ohne Eingabe einer Abrechnungsposition des EBM nicht an. Einige KVen haben dieses Dilemma gelöst, indem sie für APK, bei denen keine abrechnungsfähigen Leistungen anfallen, eine Sondernummer (neuntausender) eingeführt haben. |