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  • · Fachbeitrag · ABC der Abrechnung

    „Z“ ‒ Zeckenbissverletzung

    von Dr. med. Heiner Pasch, Kürten

    | Eine Patientin (29 Jahre) kommt in die Praxis ihrer Hausärztin, nachdem sie beim Duschen eine größere, festsitzende Zecke (8 mm) in der linken Leiste entdeckt hat. Die Patientin wohnt in einem Dorf im Schwarzwald und hatte am Vortag einen Waldspaziergang mit ihrer Tochter gemacht. Da die Patientin Angst vor Infektionen hat, bittet sie die Ärztin, die Zecke auf jeden Fall restlos zu entfernen. Gleichzeitig fragt sie nach nötigen Impfungen. Chronische behandlungsbedürftige Erkrankungen sind bei ihr nicht bekannt. Es besteht keine Dauermedikation. Die Durchsicht des mitgebrachten Impfausweises offenbart eine letzte Tetanus-Impfung vor 15 Jahren. |

     

    Diagnose und weiteres Prozedere

    Bei der Patientin wird eine Zeckenbissverletzung im Bereich der linken Leiste diagnostiziert (ICD: T14.03G). Die Hausärztin entfernt nach vorheriger Desinfektion die Zecke mithilfe einer Splitterpinzette. Zurück bleibt ein Zeckenrest, da die Zecke schon sehr festsitzt und sich nur schwer komplett entfernen lässt. Den Rest kann die Hausärztin nach einem kleinen Schnitt und vorheriger Lokalanästhesie auch entfernen.

     

    Die Patientin wird anschließend darüber informiert, dass sich in den nächsten zwei bis drei Wochen eine Verfärbung zeigen könnte, die unter Umständen ein Hinweis auf eine Borreliose ist. Schließlich wird noch der Tetanusschutz durch Verabreichung einer Kombiimpfung aufgefrischt (Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Poliomyelitis; kurz: TdapIPV). Tatsächlich zeigte sich bei einem erneuten Kontakt nach zwei Wochen eine flächenhafte Rötung mit einem Durchmesser von etwa 15 mm und mit betonter Randzeichnung. Es liegen keine subjektiven Beschwerden vor. Die Diagnose wird entsprechend ergänzt. Sie lautet Erythema migrans (ICD A69.2G).

     

    Nach serologischer Bestätigung erfolgt die Therapie mit Doxycyclin oral. Nach drei weiteren Wochen ist die Patientin symptomfrei. Da die Familie in einem FSME-Hochrisikogebiet lebt, vereinbart die Mutter nach Ende der Behandlung eine Impfung für alle Familienmitglieder gegen FSME. Nach entsprechender Aufklärung wird diese Impfung der gesamten Familie verabreicht.

    Abrechnung EBM

    Im Rahmen der Erstkonsultation wird die Versichertenpauschale (EBM-Nr. 03000) sowie der die Nr. 02300 für die Wundversorgung abgerechnet. Die Nr. 02300 wäre sowohl bei unproblematischer Zeckenentfernung als auch bei instrumenteller bzw. chirurgischer Entfernung der Zecke anzusetzen, da in der Regel keine Naht erforderlich ist. Zusätzlich werden von der KV die zutreffenden Pauschalen hinzugefügt. Das längere ärztliche Gespräch (Abrechnung mit Nr. 03230) erfolgt, da die Patientin in Sorge um Folgeerkrankungen ist.

     

    Die Auffrischimpfung (TdapIPV) wurde entsprechend der regional jeweils gültigen Impfvereinbarung mit der Nr. 89400R abgerechnet. Beim nächsten Kontakt und der Diagnose eines Erythema migrans kommt erneut die Nr. 03230 zur Abrechnung, ebenfalls für die Besprechung der FSME-Impfindikation.

     

    EBM
    Punkte
    Euro*
    Leistung
    Prüfzeit
    in Min.**
    Bemerkungen

    03003

    114

    12,84

    Versichertenpauschale, 29 Jahre

    11 / QP

    PC-Eingabe: 03000,

    einmal im BHF***

    02300

    68

    7,66

    Wundversorgung

    3 / TP

    Wundversorgung ohne Naht

    03230

    128

    14,42

    Ärztliches Gespräch

    10 / TP

    auch nur mit Bezugsperson möglich

    89400R

    je nach KV****

    TdapIPV-Auffrischimpfung

    k. A.

    regional unterschiedliche Honorare gemäß der jeweiligen Impfvereinbarung

     

    * Orientierungswert 2022: 11,2662 Cent; ** TP = Tagesprofil; QP = Quartalsprofil; *** BHF = Behandlungsfall; k. A. = keine Angabe;

    **** Von KV zu KV unterschiedliche Bewertung, z. B. ist bei der KV Nordrhein ein Honorar in Höhe von 12,12 Euro vereinbart.

     

    Abrechnung GOÄ

    Bei der Abrechnung nach GOÄ steht ‒ bei einem neuen Behandlungsfall ‒ zu Anfang immer die Beratung (Nr. 1 GOÄ) und die Untersuchung (hier die Nr. 5 GOÄ). Für die Entfernung der Zecke gibt es verschiedene Möglichkeiten.

     

    • Wird die Zecke problemlos mit der Pinzette oder der Zeckenzange entfernt, kann die Nr. 2007 GOÄ analog abgerechnet werden.

     

    • Muss hingegen eine instrumentelle Entfernung erfolgen, kann hierfür die Nr. 2009 GOÄ (Entfernung eines unter der Haut gelegenen fühlbaren Fremdkörpers) erfolgen, unter Umständen zusätzlich zur Nr. 490 GOÄ (Infiltrationsanästhesie kleiner Bezirke).

     

    Eine evtl. erforderliche Impfung zur Auffrischung des Tetanusschutzes wird mit der Nr. 375 GOÄ (Schutzimpfung) abgerechnet.

     

    Bei der zweiten Konsultation mit der Diagnostizierung eines Erythema migrans kommt erneut eine Beratung zustande, in diesem Falle eher die Nr. 3 GOÄ, zusätzlich wieder die Nr. 5 GOÄ für eine Untersuchung. Dasselbe gilt auch für die letzte Konsultation mit der Besprechung der Impfnotwendigkeit gegen FSME.

     

    Bei allen abzurechnenden Leistungen ist zu überlegen, ob ein erhöhter Faktor indiziert und abrechenbar ist. So kann es bei der Zeckenentfernung eine ängstlich ausgelöste Abwehrhaltung sein, die einen höheren Faktor erlaubt. Bei den Beratungen kann es eine übermäßig lange Zeitdauer sein: Bei der Nr. 1 GOÄ wäre es beispielsweise bei mehr als sechs Minuten der Fall, bei der Nr. 3 GOÄ bei mehr als 15 Minuten. Ebenso können Auslagen gemäß den Vorgaben des § 10 GOÄ in Rechnung gestellt werden, so auch wenn z. B. Impfstoffe aus dem privaten Praxisbedarf entnommen werden.

     

    GOÄ
    Punkte
    Euro/2,3-fach
    Leistung
    Bemerkungen

    1

    80

    10,72

    Beratung, auch telefonisch

    Einmal im BHF* neben Sonderleistungen

    3

    150

    20,11

    Eingehende Beratung

    Mindestens zehn Minuten; bei längerer Dauer den Faktor erhöhen

    5

    80

    10,72

    Symptomorientierte Untersuchung

    Einmal im BHF* neben Sonderleistungen

    250

    40

    4,20

    Venöse Blutabnahme

    Für die Zeckenserologie

    375

    80

    10,72

    Impfung

    Sachkosten abrechnen, falls der Impfstoff aus dem Praxisbedarf entnommen wird

    490

    61

    8,18

    Infiltrationsanästhesie kleiner Bezirke

    Sachkosten für das Medikament abrechnen

    A 2007

    40

    5,36

    Zeckenentfernung, analog zu Nr. 2007 GOÄ

    Berechnungsfähig bei unproblematischer Entfernung

    2009

    100

    13,41

    Fremdkörperentfernung

    Berechnungsfähig bei instrumenteller bzw. chirurgischer Entfernung

     

    * BHF = Behandlungsfall

     

    • „Zeckenbissverletzung“ ‒ Abrechnungsvorschlag
    Leistung
    EBM
    GOÄ
    Anmerkungen
    Position
    Punkte
    Euro*
    Position
    Punkte
    Euro/2,3-fach

    Erstkonsultation (Diagnose: Zeckenbissverletzung; ICD-10-Code: T14.03G)

    Versichertenpauschale (29-jährige Patientin)

    03003

    114

    12,84

    ‒**

    EBM: PC-Eingabe: 03000

    Beratung

    ‒***

    1

    80

    10,72

    Nur 1x im BHF**** neben Sonderleistungen

    Symptomorientierte Untersuchung

    ‒***

    5

    80

    10,72

    Bei Untersuchung in mehreren Körperregionen erhöhter Faktor möglich

    Zeckenentfernung

    02300

    68

    7,66

    A 2007

    40

    5,36

    Instrumentelle Zeckenentfernung

    02300

    68

    7,66

    2009

    100

    13,41

    Lokalanästhesie

    ‒***

    490

    61

    8,18

    Sachkosten: Medikament

    TdapIPV-Impfung

    89400R

    375

    80

    10,72

    EBM: Hier sind die KV-spezifischen Impfvereinbarungen zu beachten.

    GOÄ: Evtl. sind Sachkosten berechnungsfähig.

    Zweiter Praxiskontakt (Diagnose: Erythema migrans, A69.2G, Achtung: neuer BHF)

    Ärztliches Gespräch

    03230

    128

    14,42

    3

    150

    20,11

    Mindestens zehn Minuten; bei längerer Dauer:

    • EBM: Mehrfach berechnungsfähig
    • GOÄ: Faktorsteigerung

    Symptomorientierte Untersuchung

    ‒***

    5

    80

    10,72

    Nur einmal im BHF**** neben Sonderleistungen

    Venöse Blutabnahme

    ‒***

    250*****

    40

    4,20

    EBM: Diese Leistung ist in der Versichertenpauschale enthalten.

    Dritter Kontakt

    Ärztliches Gespräch

    03230

    128

    14,42

    3

    150

    20,11

    Mindestens zehn Minuten; bei längerer Dauer:

    • EBM: Mehrfach berechnungsfähig
    • GOÄ: Faktorsteigerung

    Symptomorientierte Untersuchung

    ‒***

    5

    80

    10,72

    Nur 1x im BHF**** neben Sonderleistungen

     

    * Orientierungswert 2022: 11,2662 Cent

    ** Es gibt keine entsprechende Leistung in der GOÄ.

    *** Diese Leistung ist im EBM nicht gesondert berechnungsfähig.

    **** BHF = Behandlungsfall

    ***** Auf die Abrechnung der Nr. 250 GOÄ wird in dieser Konstellation verzichtet. Nr. 3 GOÄ (150 Punkte) ist hier der alternativ möglichen Kombination von Nr. 1 GOÄ und Nr. 250 GOÄ (zusammen 120 Punkte) vorzuziehen.

     

    Weiterführende Hinweise

    Quelle: Ausgabe 04 / 2022 | Seite 17 | ID 48104308